Joh 13,35
S.Keller
Joh. 13, 35: «Dabei wird jedermann erkennen, daß ihr meine
Jünger seid, so ihr Liebe untereinander habt.»
Einander kritisieren und richten, das kann die Welt auch.
Übereinander klatschen und klagen, verleumden und verdammen,
das kann die Welt auch. Aber tragende, duldende, selbstlose
Liebe, das hat sie nicht und kennt sie nicht. Wo sie
dergleichen sieht, wird sie staunen müssen über dem
Unverstandenen. Wenn sie sich Mühe geben will, dergleichen
näher kennenzulernen, muß sie den Motiven nachforschen, und
dann stößt sie auf die Liebe Christi, die solches schafft.
Dann bleibt ihr nur die Wahl zwischen Haß oder rückhaltloser
Anerkennung, daß so etwas über ihre Kraft geht. Daher ist
diese selbstlose Liebe der Kinder Gottes untereinander einer
der stärksten Beweise für das Christentum, stärker als alle
logischen, wissenschaftlichen Verteidigungen. Eigentlich
könnten wir uns die Hälfte aller Kongresse, Konferenzen und
äußerlichen Anstrengungen schenken, wenn die Sprache dieser
Liebe laut genug erschallte. Was kann man dazu tun, daß sie
in unserem Leben lauter und deutlicher tönt? Sie haben! Wo
sie ist, wird sie schon von sich zeugen. Wem viel vergeben
ist, der liebt viel. Jesus ist reich genug, daß jeder von
uns gerade so viel Liebe aus ihm schöpfen kann, als in unser
kleines Herz geht.
O Herr Jesu, erbarme dich über uns. Wir sind arm an Liebe!
Vergib uns unsere selbstsüchtigen, empfindlichen Regungen und
pflanze statt dessen starke, treue, reine Liebe in unseren
Seelen. Wir möchten dich haben. Amen.