Joh 13,10
D.Rappard
Wer gewaschen ist, der bedarf nichts, denn die Füße
waschen, sondern er ist ganz rein.
Joh. 13,10.
Ergreifend ist das uns vom Evangelisten Johannes
gezeichnete Bild von dem Meister, der, mit einem Schurz
umgürtet, sich beugt, um seinen Jüngern die Füße zu waschen.
Wir wissen, wie bedeutsam diese Handlung war von seiten
dessen, der im Begriffe stand, wiederum zu seinem Vater zu
gehen. Sie hat zunächst
1. Eine sinnbildliche Bedeutung.
Aus den Worten unseres Textes, sowie aus dem vorhergegangenen
Ausspruch: ,,Werde ich dich nicht waschen, so hast du
kein Teil mit mir" (V. 8) merken wir, daß Jesus seinen
Jüngern eine hochwichtige Lehre einprägen wollte. Einmal
sollten sie klar erkennen, daß es einer inneren Reinigung bedarf,
um ,,Anteil" zu haben an ihm. Das ist gleichsam das ABC des
Christenlebens.
Aber was die Fußwaschung uns in besonderer Weise sinnbildlich
lehren will, ist, daß auch wo dieses gesegnete, erneuernde
Bad stattgefunden hat, wir einer fortlaufenden Reinigung
bedürfen. Bewußt und unbewußt hängt sich an die Füße der
Erdenwanderer Staub und Ureinheit. Da gilt es wachen, daß
kein Schutt sich anhäufe, daß jede vorkommende Befleckung uns
sofort treibe zum Reinigungsborn im Blute Jesu, damit wir
des Tags mit gewaschenen Füßen einhergehen und des Nachts
in vollem Frieden einschlafen mögen.
Mach mich, Herr, im Herzen rein,
Laß den Wandel heilig sein!
(s.Joh.13,15: 2. Die vorbildliche Bedeutung)
C.O.Rosenius
Wer gewaschen ist, der bedarf nichts, denn die Füße waschen,
sondern er ist ganz rein. Und ihr seid rein, aber nicht
alle. Joh. 13, 10.
Diese Worte sind gewöhnlich auf die Taufe gedeutet worden.
Andere wiederum verstehen damit das Waschen durch den Glauben
im Blutdes Lammes; die Sache aber bleibt dieselbe. Denn
das Waschen im Blutdes Lammes geschieht bei uns zuerst in
der Taufe, geschieht immer sowohl durch die Taufe als auch
durch den Glauben, wie auch das Essen des Leibes Christi
sowohl im Sakrament als auch außerhalb desselben, durch den
Glauben geschieht. Genug, hier ist von einem ,,geistlichen
Waschen" die Rede, von einer ,,geistlichen Reinheit", da der
Herr ,,aber nicht alle" sagt, denn Er wußte Seinen Verräter
wohl. Judas war der einzige der Jünger, der nicht rein war.
Auch wurde das noch deutlicher, als Jesus an demselben Abend
sprach: ,,Ihr seid jetzt rein um des Wortes willen, das Ich
zu euch geredet habe." Dies deutet auf den Glauben, der Seine
Rede oder das Wort umfaßt. Denn ohne Glauben wird niemand
rein durch das Wort; und dieser Glaube mit allem, was
demselben folgt, fehlte dem Judas.
Wir wollen jetzt aber die Worte Christi betrachten. Er sagt:
,,Wer gewaschen ist, der ist ganz rein, und ihr seid rein."
Und dies sagt Er, der mit seinen allsehenden Augen alle Seine
Jünger, die Er so oft strafen mußte, durchschaute. Er sagte
es zu denselben Jüngern, die sich an demselben Abend so
kläglich versündigten und deren Schwachheiten und Sündenfälle
Er an diesem Abend voraussagte, die Er also wohl kannte. -
Aber sieh nun hier, daß vor den Augen Gottes eine andere als
unsere unvollkommene, uns innewohnende Reinheit gilt. Sieh
hier und merke einmal, was ,,zugerechnete" Reinheit ist, was
,,Christi Gerechtigkeit", ,,die Gerechtigkeit des Glaubens"
besagen will, die ,,Gerechtigkeit, die vor Gott gilt,
offenbart ohne Zutun des Gesetzes." Sieh hier, daß diese
Gerechtigkeit und Reinheit, obwohl sie für uns unsichtbar
sind, dennoch kein Traum und keine Einbildung, sondern vor
den Augen Gottes eine große Wirklichkeit und Wahrheit sind.
Christus, der am Jüngsten Tag richten wird, sieht dort
Reinheit, wo alle Menschen lauter Unreinheit sehen. Er sagt
zu den schwachen Jüngern: ,,Ihr seid rein", ihr, die ihr
hier vor mir steht, ihr seid ganz rein, und ein jeder, der
gewaschen ist, der da glaubt und getauft wird, ist ganz rein
vor Gottes Augen, in Gottes Gericht, obwohl die Füße (d.h.
der Wandel, unsere niedere, unsere irdische Gerechtigkeit)
oft verunreinigt werden und einer besonderen Waschung
bedürfen. Darum muß also der Wandel unter täglicher Buße und
durch den Glauben verbessert werden. Aber sieh doch und
beachte! Trotz aller dieser Unvollkommenheiten und Mängel
sagt Christus, daß sie ganz rein seien.
Lerne doch, noch einmal sei es gesagt, lerne doch endlich
einmal verstehen, daß es ernst ist mit der Versöhnung Christi
und der Zurechnung Seiner Gerechtigkeit und daß es vor Gottes
Augen ein solches Nichts, ein solches Nebel- oder
Schattenbild nicht gibt, wie es den Augen unserer blinden
Vernunft erscheint. Es ist wahr, was der Apostel von
Christus und der Gemeinde sagt. Er hat sie nicht nur ,,rein
gemacht durch das Wasserbad im Wort", sondern auch zu einer
Braut dargestellt, ,,die da herrlich sei, die nicht habe
einen Flecken oder Runzel oder des etwas." - Sehr wichtig
ist, was Luther sagt: ,,Wer nicht bekennen will, daß er
heilig und gerecht sei, sondern stattdessen stets klagt, er
sei ein armer Sünder, der tut so, als spräche er: ,Ich glaube
nicht, daß Christus für mich gestorben ist, auch nicht, daß
ich getauft bin oder daß Christi Blut mich gereinigt hat oder
noch reinigen kann; ich glaube des kein Wort, was die Schrift
von Christus zeugt."
Denn Christus hat ja wahrlich mit Seinem Blutalle unsere
Sünden weggenommen. Und das nicht allein! Nachdem er zuerst
mit Seinem blutigen Leiden die Sündenschuld und die Strafe
entfernt hat, hat Er uns auch Seine eigene vollkommene
Gerechtigkeit erworben und geschenkt, sowie uns schließlich
in der Taufe in dieses ganze Seligkeitsgewand gekleidet.
Er hat uns nicht nur sündenfrei, sondern auch gerecht und
heilig vor Gott gemacht. An die Stelle der Sünde hat Er
die Gerechtigkeit gesetzt, auf daß wir vor Gott nicht nur
sündenfrei, sondern auch gerecht würden, welches ein noch
höherer Grad der Seligkeit ist. Daß Christus uns mit Seinem
blutigen Kleid die weißen Kleider der Gerechtigkeit erworben
hat, das ist an vielen Stellen der Schrift herrlich
dargestellt. Off. 19 wird der Sohn Gottes als einer
beschrieben, der auf einem weißen Pferd sitzt und ,,angetan
ist mit einem Kleide, das mit Blut besprengt war." Er hat
aber auch eine Heerschar hinter sich; und diese Reiter, die
mit ihrem Feldherrn in allerlei Kämpfen und Trübsalen durch
das Jammertal ziehen, sitzen auch auf weißen Pferden, ihre
Kleidung aber ist nicht rot, sondern sie sind angetan mit
weißen Kleidern, ,,mit weißer und reiner Seide", und Vers 8
heißt es: ,,Die Seide aber ist die Gerechtigkeit der
Heiligen", die sie durch das Waschen im Blutdes Lammes
Jesus Christus empfangen haben.
Aus Gnaden weiß ich auch davon,
Ich bin ein Teil von Deinem Lohn;
So elend, daß man's kaum erblickt,
So herrlich, daß der Feind erschrickt;
So gottlos, daß wohl alle besser sind,
Und so gerecht wie Du, des Vaters Kind.