Joh 11,16
A.Christlieb
Dreierlei Eingang in die Festzeit
Wie Thomas in die Passionszeit hinein ging
»Laßt uns mitziehen, daß wir mit ihm sterben« (Joh. 11, 16).
Auch in die Herzensstellung des Thomas zu jener Zeit gibt uns
die Schrift einen Einblick. Als es galt, den gefährlichen
Weg nach Jerusalem anzutreten, wo die Feindschaft der Führer
des Volkes die schlimmsten Gefahren befürchten ließ, sagte
Thomas zu seinen Mitjüngern: »Laßt uns mitziehen, daß wir mit
ihm sterben!«
In diesen Worten des Thomas liegt ein Doppeltes. Einmal ist
ein Anflug von einer gedrückten Gemütsstimmung zu merken. Er
sagt gleichsam: »Die Sache wird schlimm. Dieser Weg wird uns
wohl das Leben kosten. Wir haben nichts Gutes zu erwarten.
Wir wollen auf alles gefaßt sein.«
Auf der anderen Seite zeigt dieses Wort eine Entschlossenheit,
sich unter keinen Umständen vom Heiland trennen zu lassen.
Thomas sagt: »Und wenn es uns das Leben kostet, so wollen
wir doch bei ihm bleiben!« Eine brennende Liebe zu Jesus
verbindet sich mit einer düsteren, fast hoffnungslosen
Aussicht in die Zukunft. Dem Heiland will er treu bleiben,
aber des Heilands Weg vermag er nicht zu fassen. Jedoch geht
er mit ihm, auch ohne ihn zu verstehen.
Wenn auch die Stellung des Thomas sich noch nicht auf voller
Glaubenshöhe befand, so müssen wir doch sagen: Von den
innersten Herzensstellungen dieser drei Jünger ist die
seinige die beste: Die düstere Anschauungsweise über
die Zukunft ist besser als die Mammonsgier des Judas und
die Kraftgefühle des Petrus. Die Hauptsache bleibt die
aufrichtige Liebe zum Heiland, die dem Judas fehlte, die
aber das Herz des Thomas und auch des Petrus trotz der ihnen
anhaftenden Schwächen erfüllte. Wohl uns, wenn sie bei uns
vorhanden ist!
siehe auch
1. Wie Judas in die Passionszeit hineinging
-> Matth. 26, 15
2. Wie Petrus in die Passionszeit hineinging
-> Matth. 26, 35