Joh 5,30
W.MacDonald
»Ich kann nichts von mir selbst tun.« Johannes 5,30
Zweimal sagt der Herr Jesus im 5. Kapitel des
Johannesevangeliums, daß Er von sich aus gar nichts tun kann.
Im Vers 19 heißt es: »Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Der
Sohn kann nichts von sich selbst tun...«, und hier im Vers 30
taucht der Gedanke noch einmal auf.
Wenn wir diesen Vers zum ersten Mal lesen, sind wir
möglicherweise enttäuscht. Er scheint auszudrücken, daß
Jesus in Seiner Macht sehr begrenzt war, genau wie wir
Menschen auch. Aber wenn Er Gott ist, wie Er ja gesagt hat,
dann muß Er doch allmächtig sein. Wie konnte Er dann sagen,
daß Er von sich selbst aus nichts tun könnte? Tatsächlich
haben die Feinde des Evangeliums diesen Vers angeführt, um
zu beweisen, daß Jesus nichts weiter als ein Mensch war
mit allen menschlichen Unzulänglichkeiten.
Aber sehen wir uns den Vers noch einmal genauer an! Unser
Herr redet hier nicht von Seiner körperlichen Kraft. Worauf
Er so großen Wert legt, ist vielmehr dies: Er hielt sich so
strikt an den Willen Seines Vaters, daß Er nichts aus eigener
Initiative heraus tun konnte. Er war moralisch gesehen so
vollkommen, daß Er nicht aus Eigenwillen handeln konnte. Er
wollte nichts, außer den Willen Gottes zu erfüllen.
Du und ich, wir können nicht behaupten, daß wir nichts aus
uns selbst tun können. Viel zu oft handeln wir unabhängig
von dem Herrn. Wir treffen Entscheidungen, ohne Ihn vorher
zu fragen. Wir geben Versuchungen nach im vollen Bewußtsein,
daß wir damit sündigen. Wir setzen unseren eigenen Willen
über den Willen Gottes. Der Herr Jesus aber konnte nichts
von alledem tun.
Daher beweisen diese Verse nicht etwa, daß Jesus Christus
schwach und begrenzt ist, sondern gerade das Gegenteil; daß
Er göttlich und vollkommen ist. Das kommt klar heraus, wenn
man die Verse ganz liest und nicht mittendrin aufhört. In
Vers 19 sagt Jesus: »Der Sohn kann nichts von sich selbst
tun, außer was er den Vater tun sieht; denn was der tut, das
tut ebenso auch der Sohn.« Mit anderen Worten: Der Sohn kann
nicht unabhängig vom Vater handeln, aber Er kann alles tun,
was der Vater auch tut. Es ist also eigentlich der Anspruch
Jesu, daß Er Gott gleich ist.
Und in Vers 30 heißt es vollständig: »Ich kann nichts von mir
selbst tun; so wie ich höre, richte ich, und mein Gericht ist
gerecht, denn ich suche nicht meinen Willen, sondern den
Willen dessen, der mich gesandt hat.« Das heißt, daß Jesus
Seine Entscheidungen nur auf der Grundlage der Anweisungen
traf, die Er von Seinem Vater bekam, und daß Seine völlige
Unterordnung unter Gottes Willen die Sicherheit dafür war,
daß diese Entscheidungen auch richtig waren.
J.S. Baxter weist darauf hin, daß dieser Abschnitt sieben
klare Ansprüche Jesu enthält, Gott gleich zu sein. Er ist
Ihm gleich in Seinem Wirken (Vers 19), gleich in Seinem
Wissen (Vers 20), gleich in der Auferweckung der Toten (Verse
21,28.29), gleich im Richten (Verse 22.27), gleich in der
Ehre (Vers 23), gleich im Schenken des ewigen Lebens (Verse
24.25) und gleich im Leben aus sich selbst heraus (Vers 26).
Unser Heiland ist wahrhaftig kein schwaches, zerbrechliches
Geschöpf mit begrenzter Macht, sondern Er ist der allmächtige
Gott, der Fleisch und Blut angenommen hat.