Joh 3,36
C.O.Rosenius
Wer dem Sohn nicht glaubt, der wird das Leben nicht sehen,
sondern der Zorn Gottes bleibt über ihm. Joh. 3, 36.
Es liegt in unserer Natur, daß wir auf unsere eigenen Werke,
unsere Frömmigkeit oder unsere Sünden sehen und nach ihnen
über Gottes Gnade gegen uns urteilen. Der Geist aber kommt
und spricht: ,,Nein, es gibt einen Mann, der Jesus Christus
heißt, ,,des Weibes Same", den der ewige Vater an eurer Statt
unter das Gesetz stellte, um alles zu vollbringen und ,,den
Tod für alle zu schmecken". Sein teures Blut hat sowohl
euren Sünden als auch euren Tugenden alle vor Gottes Gericht
geltende Kraft und Bedeutung weggenommen." In Ihm und in
keinem anderen ist Heil; denn es ist kein Name unter dem
Himmel den Menschen gegeben, durch den wir sollen selig
werden, als allein der Name Jesus Christus von Nazareth.
Dies ist die eigentliche Ursache dafür, daß der Unglaube die
einzige verdammende Sünde ist. Schon die Größe derselben ist
erschrecklich; und doch ist es nicht eigentlich die Größe,
sondern die Art dieser Sünde, die die Verdammnis bewirkt.
Wir müssen hier bedenken, was der Unglaube ist. Er ist
erstens eine Verachtung der größten Barmherzigkeit Gottes,
eine Verspottung Seiner unerreichten Zärtlichkeit, ein
Mitfüßentreten der größten Gabe der göttlichen
Barmherzigkeit, Seines eingeborenen Sohnes, und zweitens
eine Verwerfung des einzigen Heilmittels, das uns gegeben
ist, des einzigen Opfers für unsere Sünden.
Gott hat sich in Seiner großen Barmherzigkeit über unser
Elend erbarmt und uns Seinen eingeborenen, geliebten Sohn
zum Heiland gegeben; Er kam und wurde unser Bruder, wurde
ein Menschenkind und gab alles, was er hatte, Seine
Gerechtigkeit, Sein Leben und Sein Blut zu unserer Errettung
dahin. Du weißt das alles und bist doch immer noch kalt
und gleichgültig gegen Ihn! Du feierst Seine Geburt zu
Weihnachten; du liest, hörst und singst von dem Kind in der
Krippe. Du feierst Sein Leidens- und Todesfest, liest und
hörst von Seinem Blutschweiß in Gethsemane, Seiner Geißelung,
Seiner Dornenkrönung und vom Durchbohren Seiner Hände und
Füße. Du siehst Ihn am Kreuz zwischen Übeltätern aufgehängt.
Du hörst Seine trostlosen Angstrufe und du weißt, bekennst
und singst, daß dieses alles ,,um deinet- und deiner Sünde
willen" geschah. Du gehst zum Abendmahl und feierst das
Gedächtnis Seines Todes - und bei alledem verbleibst du
ebenso tot und kalt in deinem Herzen, liebst und umfaßt Ihn
nicht, freust dich nicht und lobst Ihn nicht, sondern gehst
mit Herz und Gedanken voller Nichtigkeiten, voller Sünde und
Ungehorsam gegen deinen gnädigen Heiland dahin. Wunderst du
dich dann darüber, daß du verdammt sein mußt? Wunderst du
dich dann darüber, daß Gottes Zorn wie aus der untersten
Hölle brennt über einen so schrecklichen Undank gegen die
brennende Liebe und die bittere Marter Seines geliebten
Sohnes, über eine so kalte Verachtung und solches
Mitfüßentreten der größten Liebe Gottes?
Luther sagt einmal über Christi Leiden: ,,Ein Menschenherz,
das hierbei nicht bewegt oder gerührt wird, muß ja härter
sein als Stein, als Eisen und Stahl. Doch geht die liebe,
feine Welt dahin und nimmt es durchaus nicht zu Herzen, ist
träge, kalt, undankbar und verachtet diesen großen Schatz.
Deshalb geschieht es auch, daß unser Herrgott sie dahinfahren
läßt, daß sie weiter und weiter davon entfernt wird.
Und unser Herrgott tut eben recht daran, wenn er zu der
undankbaren Welt spricht:
Willst du nicht Meine große Liebe sehen, daß Ich dich so
väterlich und herzlich besucht und Meinen lieben Sohn in so
große Marter dahingegeben habe, wohlan, so will Ich dich auch
nicht sehen. Fragst du nicht danach, was ich gemacht habe,
so frage Ich auch nicht nach dir. Willst du nicht Meinen
Sohn, Jesus Christus, haben, so nimm Barrabas an Seiner
statt, ja, den Teufel selbst!" - Wenn du so kalt, hart und
undankbar bist und durchaus keine Freude in Christus hast,
Sondern Ihm nur Verachtung für all Seine Gnade und Liebe
zeigst - wundere dich dann nicht darüber, daß Gott dich
deinen eigenen Weg zur Verdammnis gehen läßt! Der Apostel
sagt: ,,Wenn jemand das Gesetz Moses bricht, der muß sterben
ohne Barmherzigkeit; wieviel ärgere Strafe, meint ihr, wird
der verdienen, der den Sohn Gottes mit Füßen tritt und das
Blut des Testaments unrein achtet?"
Wir sehen hier, was der Unglaube schon an und für Sich ist.
Ferner ist er auch die Mutter aller anderen Sünden. Wer
nicht an Christus glaubt, ist von Gott abgewendet und
geschieden, hat keine wahre Liebe, keine Zuversicht und
Lust zu Ihm und zu Seinem Willen, wenn er auch, gleich einem
Sklaven, aus Furcht oder aus Einbildung auf Verdienste sich
Seinem Wort gemäß gebärdet (wie es die Heuchler und
Werkheiligen tun), ,,und so der Deichsel des Teufels und der
ganzen Hölle mit dem Unglauben folgt". (Luther). Das alles
aber ist doch nicht die eigentliche Ursache davon, daß der
Unglaube die Verdammnis zur Folge hat; die Ursache ist
vielmehr diese, daß er ,,die Gnade Gottes verwirft", daß
derjenige, der nicht an Christus glaubt, ,,kein anderes Opfer
mehr für die Sünde hat", sondern er ist nackt in seinen
Sünden vor Gottes Gericht; wie Paulus sagt: ,,Dem, der mit
Werken umgeht, wird der Lohn nicht aus Gnaden zugerechnet,
sondern aus Pflicht" (Röm. 4, 4).
Gott will den Menschen nicht gnädig sein,
Als nur in Jesu, dem Lämmelein,
Das für uns're Sünden am Kreuze gehangen
Und für die Sünder hat Gnad' empfangen
Zur Seligkeit.