Joh 2,9
C.Eichhorn
Die große innere Wandlung
Und der Speisemeister kostete den Wein, der Wasser gewesen
war. Joh. 2, 9
Das Wunder bei der Hochzeit zu Kana hat nicht bloß der
augenblicklichen Verlegenheit abgeholfen und den armen, aber
gastfreien jungen Eheleuten einen Segen hinterlassen, es hat
auch noch eine tiefere und bleibende Bedeutung. - Die sechs
Krüge waren für die gesetzlichen Waschungen bestimmt. Das
Wasser ist ein Abbild des alttestamentlichen Gesetzeswesens.
Es reinigt, aber nur äußerlich. Es besitzt keine Kraft und
kein Feuer wie der Wein. - Die sechs Jünger waren bisher
Gesetzesmenschen, gesetzlich fromm und ernst gerichtet. Nun
sollten sie eine tiefgehende Umwandlung erleben. Es sollte
neues Leben in sie kommen. Wie viele gesetzlich fromme,
kirchlich eifrige Leute gibt es unter uns, denen noch die
Hauptsache, das neue Wesen, fehlt! Ihre Frömmigkeit bewegt
sich in festen Geleisen. Sie beten zu festgelegten Zeiten.
Sie lesen in der Bibel das vorgeschriebene Kapitel. Sie
führen einen äußerlich ehrbaren Wandel, nach dem Buchstaben
der Gebote. Diese Frömmigkeit ist besser als ein Leben in
Ungebundenheit und vollendeter Gottlosigkeit. Aber es fehlt
die Kraft der Liebe zu Gott, es ist alles nur Pflicht. Es
kann eine Vorstufe sein, wie bei den Jüngern, die durch
Jesus zum Heiligtum des Himmelreichs gelangten. Wenn das
Gesetz ein Erzieher zu Christo ist, dann hat es seinen
Zweck erfüllt. Aber viele bleiben ihr Lebtag auf dieser
gesetzlichen Stufe stehen. Ihre ganze Frömmigkeit ist nur
eigenes Werk, ohne Gotteskraft. Das Schlimmste aber ist die
Einbildung, man hätte alles, und das behagliche Ausruhen
auf dem kümmerlichen Formenwesen. Man ist reich, satt und
bedarf nichts und ahnt nicht, daß man elend, jämmerlich,
arm, blind und bloß vor Gott dasteht. Man schaut auf andere
herunter und weiß nicht, daß man selbst noch weit dahinten
ist. Man stellt sich in Gegensatz zu denen, die Geistesleben
haben, man haßt, verfolgt und schmäht sie. Aber eben dadurch
kommt man immer weiter vom Himmelreich weg. Ausgesprochene
Weltmenschen sind für die Wahrheit zugänglicher als die
verknöcherten Frommen. Die Verwandlung von Wasser in Wein
vollzog sich ganz im Verborgenen und war vortrefflich. So
auch die innere Wandlung. Aber sie bleibt nicht verborgen.
Sie wird spürbar den Hausgenossen, den Arbeitskollegen,
allen, die mit wiedergeborenen Gotteskindern zu tun haben.
Sie merken: Er, sie ist ganz anders geworden! Der Wein
erquickt. Gesetzesmenschen erquicken und stärken nicht; das
können nur solche, die sich von der Kraft des Evangeliums
durchdringen lassen. - Die Krüge setzten bei der Verwandlung
keinen Widerstand entgegen. Da ging alles glatt mit
unwiderstehlicher Notwendigkeit. Menschen sind keine Krüge.
Sie müssen bei der Verwandlung innerlich dabei sein. Nur wer
einsieht: Es muß bei mir noch anders werden um jeden Preis,
nur den kann Jesus anders machen. Mit einem zweifachen
"Wahrlich" betont Jesus, daß nur ein Wiedergeborener in das
Himmelreich eingehen kann.