Joh 1,41
C.H.Spurgeon
,,Derselbe findet am ersten seinen Bruder Simon."
Joh. 1, 41.
Die vorliegende Erzählung liefert uns ein vorzügliches Beispiel
davon, wie sich je und je das geistliche Leben äußert, wenn es
gesund und kräftig ist. Sobald ein Mensch Christum gefunden hat,
fängt er an, auch andre zu finden. Ich will nie glauben, daß du
von dem Honigseim des Evangeliums gekostet hast, wenn du ihn für
dich allein essen kannst. Wahre Gnade macht aller geistlichen
Selbstsucht ein Ende. Andreas fand am ersten seinen Bruder Simon
und danach andre. Verwandte haben vor andern einen gerechten
Anspruch darauf, daß wir ihnen unsre Kräfte widmen. Andreas, du
hast wohlgetan, daß du mit Simon angefangen hast! Ich weiß
nicht, ob es nicht manche Christen gibt, die in andrer Leute
Häusern christliche Schriften verteilen, während es besser
angelegt wäre, wenn sie dem eignen Hause ihre Aufmerksamkeit
zuwendeten; oder andre sind bei Werken der äußeren Mission tätig
und vernachlässigen darob den näheren Beruf der Wirksamkeit im
Kreise der Ihrigen. Ob du berufen seist oder nicht, unter den
Leuten eines besonderen Bezirkes das Evangelium zu bezeugen, so
bist du jedenfalls berufen, nach deinem eignen Gesinde, nach
deiner Freundschaft und Verwandtschaft zu sehen. Beginne mit
deinem Christentum daheim. Manche Handelsleute bringen ihr
Bestes auf den Markt, so soll der Christ nicht handeln. All sein
Wirken und Reden sei jederzeit gewürzt; aber er sorge, daß die
süßesten Früchte des geistlichen Lebens und Zeugnisses seiner
Familie zu gute kommen. Als Andreas seinen Bruder fand, konnte
er keine Ahnung haben, welch ein Werkzeug sein Bruder einst
werden sollte. Simon Petrus übertraf den Andreas an Tüchtigkeit,
soweit wir dies aus der heiligen Geschichte entnehmen können;
und dennoch wurde Andreas das Mittel, daß er zu Jesu kam. Es mag
dir wohl an Gaben mangeln, und dennoch kann durch dich einer zu
Christo gezogen werden, der durch Begnadigung und Verdienst weit
hervorragt. Ach, lieber Freund, du weißt so wenig von dem, was
durch dich kann möglich werden. Du sprichst vielleicht ein
einziges Wort zu einem Kinde, aber es schlummert in ihm ein
edles Herz, das in künftigen Zeiten der Gemeinde Gottes hell
vorleuchtet. Dem Andreas waren nur zwei Zentner verliehen, aber
er fand Petrum. Gehe hin und tue desgleichen.
W.MacDonald
»Dieser findet zuerst seinen eigenen Bruder Simon... Und
er führte ihn zu Jesus.« Johannes 1,41
Für Christen ist die normale Methode der persönlichen
Evangelisation die, ein Zeugnis für ihren Herrn im Bereich
des täglichen Lebens zu sein. Das heißt zwar nicht, daß Gott
niemals den anderen Weg benutzt, der so aussieht, daß
Christen auf völlig fremde Menschen zugehen und ihnen das
Evangelium nahebringen. Das tut Er auch. Aber es ist viel
überzeugender, wenn ein gläubiger Mensch den Leuten ein
Zeugnis ablegt, die ihn kennen und die sehen können, daß
Jesus Christus sein Leben verändert hat. So hat es auch
Simon gemacht.
Walter Henrichsen erzählte einmal von einem jungen Mann, der
sehr darum besorgt war, wie er an der Hochschule, an der er
studierte, ein Zeugnis für den Herrn sein könnte. Henrichsen
fragte ihn: »Joe, wieviele Studenten an der Hochschule kennen
Sie eigentlich persönlich? Ich meine damit solche, die Sie
mit Namen kennen, wenn sie Ihnen begegnen.« Es stellte sich
heraus, daß der junge Mann nur zwei oder drei andere
Studenten kannte, obwohl er schon einige Monate dort war.
»Ich sagte zu ihm: 'Joe, ich möchte gerne, daß Sie in den
nächsten vier Wochen so viele Studenten wie nur möglich
kennenlernen. Setzen wir uns einmal das Ziel von 50 Leuten.
Sie müssen denen gar nicht unbedingt ein Zeugnis ablegen.
Sie müssen ihnen noch nicht einmal erzählen, daß Sie Christ
sind. Sie sollen sie nur kennenlernen. Bleiben Sie einfach
an ihrer Zimmertür stehen und unterhalten Sie sich mit ihnen.
Spielen Sie Tischtennis mit ihnen. Gehen Sie zusammen zu
Sportwettkämpfen. Gehen Sie zusammen zum Essen. Machen Sie,
was Sie wollen, aber lernen Sie 50 junge Männer kennen, damit
Sie mir heute in einem Monat, wenn ich wiederkomme, jeden
einzelnen mit Namen vorstellen können.'« Als Henrichsen einen
Monat später wieder mit diesem Studenten zusammentraf, hatte
der schon sechs junge Männer zu Christus geführt. »Wir
redeten nicht mehr darüber, ob er tatsächlich 50 Mitstudenten
kennengelernt hatte. Das brauchten wir gar nicht. Er hatte
selbst entdeckt, daß dann, wenn er sich mit den 'Zöllnern und
Sündern' anfreundete, ganz von selbst durch Gottes Fügung
Gelegenheiten entstanden, bei denen er seinen Glauben
mitteilen konnte.«
Im Hinblick auf diese Methode des Evangelisierens im Umfeld
des täglichen Lebens muß man noch zwei Dinge hinzufügen.
Erstens: Die Lebensführung dessen, der so persönlich
arbeitet, ist sehr wichtig. Es ist ein großer Unterschied,
ob er sich in seinem Lebenswandel eng an den Herrn hält oder
nicht. Er mag noch so gewandt sein in der Darstellung einer
hübsch verpackten Botschaft; wenn sein Leben nicht heilig
ist, durchkreuzt das seine ganze Predigt. Und zweitens:
Diese Methode legt nicht die Hauptbetonung auf sofortige
Erfolge, und das spricht für sie. Jesus hat den Vorgang der
Errettung mit dem Wachstum eines Samenkorns verglichen; man
erntet niemals noch am gleichen Tag, an dem man den Samen
ausgestreut hat. Es stimmt zwar, daß manche Menschen
errettet werden, wenn sie zum ersten Mal vom Evangelium
hören, aber im allgemeinen geht der Bekehrung eine ganze Zeit
voraus, in der man die Botschaft hört, von seiner eigenen
Sünde überführt wird und sich noch eine Weile gegen die
Stimme des Heiligen Geistes wehrt.