Johannes

Joh 1,29 D.Rappard Siehe, das ist Gottes Lamm, das der Welt Sünde trägt. Joh. 1,29.

Siehe! - Etwas Größeres, Wunderbareres ist in aller Welt nicht zu sehen als das, worauf der Wegbereiter in diesen Worten hinweist. Wer damals dem ausgestreckten Finger mit den Blicken folgte, sah einen Mann, der still und schlicht am Ufer des Jordans einherschritt. Es war ein Mensch, an Gebärden wie andere Menschen erfunden und dennoch einzig in seiner Art, Gottes Sohn, Gottes auserkorenes Lamm (1. Mose 22, 8).

Wie die Israeliten am Passah ein Lamm schlachten mußten, an dem ,,kein Fehl" war, so ist Gottes Lamm heilig und unbefleckt. Wie im Tempeldienst der Priester auf des Lammes Haupt die Sünden des Volkes bekennen mußte, sie gleichsam auf das Opfertier übertragend, so hat Gott auf sein unschuldiges Lamm unser aller Sünde geworfen (Jes. 53, 6). Hat Jesus sie auf sich genommen und sie mit hinaufgetragen an seinem Leibe auf das Kreuzesholz, o, dann lasten sie nicht mehr auf mir. Dann ist meine Schuld bezahlt, dann habe ich mit meinen Sünden nichts mehr zu tun, dann muß es meine einzige Sorge sein, dem Lamm nachzufolgen, wo es hingeht, und erneuert zu werden in sein Bild. O Dank sei Dir, Lamm Gottes, daß Du uns solche Seligkeit erworben hast!

Ich leg' die Glaubenshand, Lamm Gottes, auf Dein Haupt, Auf Dich sei meine Schuld bekannt, Weil's so Dein Wort erlaubt.





Ch.Spurgeon "Siehe, das Lamm Gottes, welches die Sünde der Welt hinwegnimmt!" Johannes 1,29

Johannes des Täufers einzige Aufgabe war es, von Christus zu zeugen. Er war der Morgenstern, der die aufgehende Sonne verkündete. Als die Sonne erschien, war sein Dienst getan. Der einzige Grund für seine Existenz ist wirklich der Herr Jesus.

Ich wünschte, wir alle könnten mit Paulus sagen: "Für mich ist Christus das Leben." Möchte unser Leben so sein, daß es ohne den Herrn Jesus nicht verstanden werden kann! Nehmt ihr ihn weg, wird unser ganzes Wesen und Sein ein unerklärliches Geheimnis.

Johannes wußte viel von dem Herrn Jesus und hätte ihn in seinen verschiedenen Eigenschaften beschreiben können. Er hätte besonders auf ihn als das große Vorbild, den großen Lehrer der Heiligkeit und Liebe hinweisen können. Dies erschien dem Täufer jedoch nicht als das Erste und Wichtigste an dem Herrn, sondern er verkündigte ihn als einen, der in die Welt gekommen war, um das große Opfer für die Sünde zu sein. Er hob die Hand empor, zeigte auf Jesus und rief: "Siehe, das Lamm Gottes." Er sagte nicht: "Siehe, das ist euer wahres Vorbild." Ohne Zweifel hätte er das mit Recht sagen können. Er sprach nicht einmal: "Siehe, das ist der König und Führer einer neuen Zeit." Diese Tatsache würde Johannes nicht geleugnet, sondern sich darüber gefreut haben. Dennoch ist der erste Punkt, bei dem er verweilt und der seine Freude erregt: "Siehe, das Lamm Gottes."

Meine Brüder, wir können uns darauf verlassen, daß dies eine sehr praktische Wahrheit sein muß; denn Johannes war äußerst praktisch. Wenn Buße gepredigt wird, muß der Herr Jesus Text und Inhalt der Rede sein. Er bringt Leben, Kraft und Energie in das, was sonst eine tote moralische Abhandlung wäre.

O ihr, die ihr Menschen von der Sünde erretten wollt, seht zu, daß das große Opfer des Herrn Jesus für die Sünde der Gegenstand eurer Predigt ist.





Ch.Spurgeon "Siehe, das Lamm Gottes, welches die Sünde der Welt hinwegnimmt!" Johannes 1,29

Johannes zeigt mit diesem Ausspruch auf den Herrn Jesus hin um derer willen, die um ihn her sind. Wir wünschen nicht, daß andere mit uns glauben, nur weil wir sie nötig haben, um uns zu unterstützen. Die Wahrheit wird in dieser bösen Welt gewöhnlich von der Minderheit vertreten.

Ich habe für mich selbst Glauben an den Herrn Jesus, einen Glauben, der wie mit einem heißen Eisen in mich hineingebrannt ist. Dafür danke ich Gott; und was ich glaube, werde ich glauben, selbst wenn ich allein es glaubte. Wenn ich der letzte bin, der sich des stellvertretenden Sterbens des Herrn Jesus rühmt, so will ich mich für geehrt halten, sein Kreuz allein hochzuhalten.

Diese große Tat der Liebe läßt den, der sie anschaut, wünschen, daß alle Menschen sie für sich in Anspruch nehmen und leben möchten. Hast du jemals gehungert und fandest dann Brot? Dann weiß ich, daß du Mitleid mit deinem hungernden Bruder hast. Es treibt uns dazu, das Gute zu verbreiten, was wir empfangen haben. Selbst Hunde handeln so. Einem armen Hund wurde sein Bein in einem Krankenhaus geheilt, und vier Wochen später brachte er einen anderen lahmen Hund zu demselben Haus der Barmherzigkeit. Auch wir wünschen, Menschen zu Christus zu bringen, weil unsere zerbrochenen Herzen durch seine sanfte Hand geheilt worden sind. Wir lieben, weil er uns zuerst geliebt hat.

Brüder, ich war nahe daran, unter dem Bewußtsein der Sünde umzukommen; ich fühlte den Zorn Gottes in meiner Seele wie ein Feuer, ich fand keine Erleichterung, keinen Trost. Selbst das Wort Gottes ermutigte mich nicht. Man sagte mir vom Glauben an Jesus. Aber bis ich lernte, daß der Herr Jesus das große, von Gott verordnete Opfer für die Sünde ist, sah ich nichts in ihm, was mich ermutigen konnte. Als ich gelernt hatte, daß er meine Strafe getragen und der Gerechtigkeit Gottes Genüge getan hat, fand ich das Geheimnis, und meine Seele fand Ruhe.

Die Gläubigen blicken auf Jesus als auf den, der alle ihre Schuld bezahlt hat, und fürchten sich nicht vor dem letzten Gericht.





C.O.Rosenius Siehe, das ist Gottes Lamm, welches der Welt Sünde trägt. Joh. 1, 29.

Dies ist der Spruch, den Johannes als der vom Vater gesandte Vorläufer Christi, der auf den Sohn hinweisen und Sein Werk für die Welt verkündigen sollte, in heiliger Freude ausrief, als er Jesus zu sich kommen sah. Es ist der Kernspruch von dem eigentlichen Werk Jesu auf Erden, ein Spruch, der es wohl wert wäre, daß bei seinem Ausrufen alle Glocken geläutet würden; er wird in allen unseren Kirchen über unseren Häuptern gesungen, wenn wir unsere Knie am Altar beugen, um den Leib und das Blut Jesu zu empfangen: ,,O, du Gotteslamm, das der Welt Sünde trägt."

Gotteslamm heißt es im Grundtext. Wenn Johannes in dieser bestimmten Form vom Lamme redet, dann erinnert er an alle jene Lämmer, die in dem vorbildenden Gottesdienst in Israel geopfert worden sind, unter denen die Passahlämmer die merkwürdigsten waren - eine unzählbare Menge von Vorbildern, da man in jedem Hause jährlich ein Lamm opferte. Da Johannes hier aber nicht nur ,,das Lamm", sondern ,,Gottes Lamm, das der Welt Sünde trägt" sagt, so scheint er Jes. 53 im Auge gehabt zu haben, wo wir sowohl die Sache als auch die Worte dieses Spruches wiederfinden. Denn dort wird nicht nur gesagt, daß Christus sein werde ,,wie ein Lamm, das zur Schlachtbank geführt wird, und wie ein Schaf, das verstummt vor seinem Scherer und seinen Mund nicht auftut", sondern auch, daß Er der Welt Sünden tragen solle. Da steht: ,,Wir gingen alle in der Irre wie Schafe, ein jeglicher sah auf seinen Weg; aber der Herr warf unser aller Sünde auf Ihn"; und wiederum: ,,Er trägt ihre Sünden"; ,,Er ist um unserer Missetat willen verwundet und um unserer Sünde willen zerschlagen. Die Strafe liegt auf Ihm, auf daß wir Frieden hätten, und durch Seine Wunden sind wir geheilt." Alles das drückt Johannes mit diesen kurzen, inhaltsreichen Worten aus, indem er mit dem Finger auf Jesus hinweist und ausruft: ,,Siehe, das ist Gottes Lamm, welches der Welt Sünde trägt."

Wundert sich nun jemand, ob dies wirklich geschehen ist, da wir doch unausgesetzt sehen, wie die Sünde noch in der Welt verblieben ist und wir sie auch in uns selbst wohnend fühlen, so müssen wir bedenken, daß hier von einem Wegnehmen die Rede ist, das durch ein Opfer geschieht. Durch die vorbildenden Opfer wurde nur das Wegnehmen oder die Übertragung der Schuld und der Strafe von dem schuldigen Menschen auf das dargebrachte Opfertier bezeichnet, das deshalb geschlachtet wurde. Das sagt auch Jesaja mit den Worten: ,,Der Herr warf unser aller Sünde auf Ihn", und wiederum: ,,Er ist um unserer Missetat willen verwundet; die Strafe liegt auf Ihm." Weder in diesen Worten noch in der vorbildenden Handlung des Opferns liegt eine Andeutung vom Entfernen der Sündenseuche aus dem sündigen Menschen, sondern da wird nur von der Strafe gesagt, daß sie auf Ihn gelegt wurde, ,,auf daß wir Frieden hätten". So sagt auch der Hebräerbrief: Wenn das Opfer wirklich die Sünde wegnimmt, so sollen wir sie nicht auf dem Gewissen tragen. Es wird zum Beweis dafür, daß die levitischen Opfer die Sünden nicht wegnahmen, gesagt, daß diejenigen, die so opferten, sie noch auf dem Gewissen hatten. Zur vollen Gewissensfreiheit von den Sünden ist jetzt nur erforderlich, daß wir wirklich das glauben und wissen, was das Opfer des Lammes ausgerichtet hat. Hier hängt es also nur davon ab, inwiefern wir glauben. An dem Werk Christi fehlt es nicht. Das Lamm Gottes hat mit Seinem Opfer die Sünden der Welt wirklich weggenommen. Wenn wir darum noch selbst an unseren Sünden tragen und weder Frieden noch Freiheit des Gewissens haben, dann ist der Fehler dieser, daß wir nicht glauben, was Gott von Seinem Sohn bezeugt hat, daß Er nämlich alle unsere Sünden auf Ihn warf. Hier sollen wir sehen, was glauben heißt und welch eine verdammliche Sünde der Unglaube ist.

Mit diesem Spruch vor Augen ist der Glaube eine so einfache Sache; wir brauchen ja nur die Worte für wahr zu halten, daß das Lamm Gottes der Welt Sünde trägt, oder, wie es bei Jesaja heißt, daß der Herr unser aller Sünde auf Ihn warf. Unsere volle Freiheit von der Schuld der Sünde und dem Urteil vor Gott und unserem Gewissen beruht auf dieser einfachen Wahrheit! Wenn eine Sache von ihrer Stelle genommen und auf eine andere gelegt Wird, so liegt sie nicht mehr auf der früheren. Wenn deine Sünden also auf das Lamm Gottes gelegt sind, dann liegen sie nicht mehr auf dir. Da Gott deine Sünden auf das Lamm geworfen, sie Ihm zugerechnet und an Ihm abgestraft hat, so stehen sie nicht mehr auf deiner Rechnung. Ganz gewiß bist du derjenige, der sie begangen und der das Gesetz Gottes übertreten hat; da der Herr sie aber aus großer Barmherzigkeit von dir genommen und auf Sein Lamm geworfen hat, so wird Er dir wahrlich diese Sünden nicht zurechnen. Hierüber lauten Luthers tröstliche Worte:

,,Gott der Herr sprach: Ich weiß, daß dir deine Sünden zu schwer sind zu tragen; deshalb sieh, Ich will sie auf Mein Lämmlein legen und von dir wegnehmen. Dasselbige glaube du; denn so du das tust, bist du frei von Sünden. Es hat sonst die Sünde nur zwei Orte: Entweder ist sie bei dir, daß sie dir auf dem Halse liegt, oder sie liegt auf Christus, dem Lamm Gottes. So sie nun dir auf dem Rücken liegt, so bist du verloren; so sie aber auf Christus ruht, so bist du ledig und wirst selig. Nun greif, zu welchen du willst. Daß die Sünden auf dir bleiben, das sollte wohl sein nach dem Gesetz und Recht; aber aus Gnaden sind sie auf Christus, das Lamm, geworfen. Sonst, wenn Gott mit uns rechten wollte, so wäre es um uns geschehen."