Lukas

Lk 23,46 A.Christlieb Was behält Wert in der Sterbestunde? Lukas 23, 46

»Und Jesus rief laut und sprach: Vater, ich befehle meinen Geist in deine Hände!«

Tausend Dinge verlieren ihren Wert, wenn es ans Sterben geht. Irdisches Vermögen hilft gar nichts mehr. Hohe Titel, Ehre vor Menschen sind gänzlich entwertet. Aber anderes steigt in dieser Stunde im Wert und ist unbezahlbar köstlich. Was ist das? Das letzte Kreuzeswort Jesu zeigt uns drei Gewißheiten, die den Heiland beim Eingang in das Tal der Todesschatten begleiten. Das sind die Stücke, die ganz allein auch bei uns in dieser Stunde ihren Wert behalten.

1. Gottes Wort

Jesus ging mit einem Schriftwort in die Todesschatten hinein. Das letzte Kreuzeswort ist ein Psalmwort (Ps. 31, 6). So hatte einst David gebetet, als er unter der Verfolgung des blutgierigen Saul sein Leben voll und ganz in Gottes Hände hinein befahl. So übergab jetzt Jesus im Sterben seinen Geist dem Vater. Mit einem Bibelwort, einem Psalmwort, schied Jesus aus dem Leben. Gottes Wort war sein Stecken und Stab gewesen von Jugend an. Gottes Wort fesselte den zwölfjährigen Jesus im Tempel. Gottes Wort war des Heilands Waffe, als der Teufel ihn versuchte. Gottes Wort blieb seine Hilfe bis in den letzten Augenblick seines irdischen Lebens.

Sollte diese Tatsache, daß Jesus bis zum letzten Stündlein sich an das Wort Gottes hielt, nicht für uns eine Aufmunterung sein, dies Wort höher zu schätzen? Wenn irgend etwas wahrhaft wertbeständig ist, so ist es Gottes Wort. Was wir an Licht und Kraft aus diesem Wort in unser Inneres aufnehmen, das behält seinen Wert, das hilft uns in der Sterbestunde. Wohl allen, die dieses Wort über alles lieben und treu damit umgehen! Aber wer es im Leben nicht hatte, dem wird es im Sterben als Halt und Hoffnung fehlen.

2. Der Vatername Gottes

Der Vatername Gottes blieb dem Heiland in der Todesstunde. Er setzte vor das Psalmwort »In deine Hände befehle ich meinen Geist« das Wort »Vater«. Damit drückte er aus, daß das Kindschaftsverhältnis mit seinem Gott ihm in diesem Augenblick völlig gewiß war. Mit dem Wort »Vater« begannen die Stunden am Kreuz: »Vater, vergib ihnen!« (V. 34). Mit dem Wort »Vater« schlossen sie ab. Daß die Vaterliebe Gottes nicht aufhörte, daß er des himmlischen Vaters Sohn war und blieb, das stand für Jesus in der Sterbestunde felsenfest.

Mit diesem Halt läßt es sich wohl sterben. Jesus war von Herkunft und Wesen her der ewige Sohn des Vaters. Die an ihn glauben, werden um seinetwillen in die Gemeinschaft Gottes als Kinder aufgenommen. Nun darf auch in ihrem Herzen das »Abba, lieber Vater« (Röm. 8, 15) in Wahrheit erklingen. Das gilt bis hinein in die Stunde, wo von allem Erdenbesitz nichts mehr bleibt. Die Gewißheit der Vaterliebe Gottes, die Gewißheit, sein Kind sein zu dürfen, ist der wertvollste Besitz in der Sterbestunde. Ein armer, geringer Mann, der im Sterben das »Vater« von Herzen seufzen kann, ist reicher als alle Fürsten, die dies nicht vermögen.

3. Das Vertrauen auf des Vaters Macht

Das Vertrauen auf seines Vaters Macht erfüllte Jesus in der Sterbestunde. Er war vorher in der Sünder Hände übergeben worden, die mit ihm gemacht hatten, was sie wollten. Aber auch da war er über alle Macht hinaus, die Menschen an ihm hatten und übten, in des Vaters Macht, Hand und Plan geblieben. Nun erst recht legte er sich in seines Vaters Hände. Jetzt hatte bloß noch der Vater Macht über ihn, und sein Geist war ganz bei ihm geborgen. Daß nicht Menschenmacht das letzte Wort habe, sondern Gottes Allmacht triumphieren werde, das war dem Herrn Jesus gewiß.

Wohl uns, wenn auch uns in allen Lagen, auch wenn die Finsternis zu siegen scheint, diese Zuversicht erfüllt! Laßt uns jetzt schon täglich Leib und Leben und alles, was wir haben, Gottes Händen übergeben! Dann dürfen wir auch für die Sterbestunde die Zuversicht haben, daß er uns in seine treue Obhut aufnimmt.

Solcher Trost ist besser als alle Menschenklugheit und Menschenerkenntnis.