Lk 22,28
S.Keller
Luk. 22, 28: «Ihr aber seid's, die ihr beharret habt bei mir
in meinen Anfechtungen.»
Obschon die Jünger nicht allzuviel von diesen Anfechtungen
Jesu verstanden und noch weniger dazu beigetragen hatten, sie
ihm zu erleichtern - schufen sie ihm doch erst durch ihren
Unverstand manche -, so ist der Heiland auch für das Wenige
an treuer Hingabe schon so beschämend dankbar. Und diesen
letzten Zug möchte ich heute abend nur als einen
Andachtsklang anschlagen und ausklingen lassen. Wie hebt
er das kleinste Stück unserer Treue und Hingabe gegen seine
Person und Werk so sorgfältig auf und erkennt es an und lohnt
es hienieden schon mit einem Aufleuchten seiner Augen und
einem hellen Strahl seines Wohlwollens. Nachher, wenn uns
so etwas von seiner großartigen Anerkennung der kleinsten
Aufopferung klar geworden ist, schämen wir uns, daß wir einem
solchen Herrn nicht mehr geopfert und uns um seinetwillen
nicht noch ganz anders selbst verleugnet haben. Wie wird
uns erst einst zumute sein, wenn er an seinem herrlichen
Ehrentage sich vor seinem Vater und aller Welt zu uns kehren
wird und unsere bescheidenen Leiden oder Nöte ins Licht
ziehen wird, die wir um seinetwillen trugen, mit dem Worte:
"Ihr aber seid's..."
Herr Jesu, laß uns heute abend an jenen letzten Abend der
Weltgeschichte denken und ziehe uns durch deine Liebe so
völlig hinein in deine Interessen, in deine Reichsarbeit und
dein Kreuz, daß wir an jenem Abend nicht so beschämt dastehen
müssen wie heute. Amen.