Lk 22,19
Ch.Spurgeon
"Das tut zu meinem Gedächtnis!" Lukas 22,19
Tragt Sorge, genau das zu tun, was Jesus tat - nicht mehr
und nicht weniger. Sooft ihr das Brot brecht und von dem
Kelch trinkt, denkt an den Herrn Jesus.
Wie traurig, daß die Christen dies vergessen haben! Das
einfache Abendmahl war ihnen zu schlicht. Es erschien ihnen
nicht feierlich oder prächtig genug, und so haben sie
Zeremonien und Einrichtungen aller Art hinzugefügt. Stellt
euch vor, Paulus und Petrus wären bei einer Messe anwesend
und sähen die verschiedenen Kniebeugen und all die
Zeremonien, deren es zu viele gibt, um sie zu beschreiben.
Paulus würde Petrus am Ärmel zupfen und sagen: "Unser Meister
tat nichts dergleichen, als er das Brot nahm, dankte und es
brach." Petrus würde antworten: "Sehr verschieden von dem,
was wir im Obersaal in Jerusalem erlebten!" Paulus würde
hinzufügen: "In der Tat, mein Bruder, völlig anders als
damals, wo die ersten Gläubigen zusammenkamen und ihres Herrn
gedachten!"
Liebe Freunde, wir müssen wachsam sein, das Abendmahl zu dem
Zweck zu feiern, zu dem Jesus es gab, nämlich zu seinem
Gedächtnis. Jesus sagte niemals: "Das tut, damit ihr ein
unblutiges Opfer darbringt." Oder: "Tut dies als fortwährende
Wiederholung meines Todes." Für mich ist der bloße Gedanke
daran Lästerung; denn unser Herr erhebt den Anspruch,
ein vollkommenes Werk vollbracht zu haben, und er ist
ein für allemal der Sünde gestorben. Diejenigen, die sich
vorstellen, daß irgendein Priester dieses Opfer für die Sünde
fortsetzen, wiederholen oder vervollständigen könne, machen
das Opfer Christi zunichte.
Wenn ihr zusammenkommt, dann denkt an seine Wunden, denkt an
die grausame Geißel, denkt an das mit Dornen gekrönte Haupt.
Ich bitte euch, denkt an den Herrn Jesus selbst! Denkt weder
an Vergebung noch an Rechtfertigung oder Heiligung, sondern
verfolgt die Ströme der Liebe Jesu bis zu ihrer Quelle und
gedenkt des Herrn in tiefster Dankbarkeit.
C.O.Rosenius
Das tut zu Meinem Gedächtnis! Luk. 22, 19.
Was hat der Herr Christus mit dieser wunderbaren Stiftung
des Abendmahls gewollt? Es gibt viele Christen, die das
Abendmahl oder den würdigen Genuß desselben nicht verstehen
und auch nicht den Trost, die Freude und den Frieden
erhalten, den das Abendmahl sonst gibt, nur weil sie nicht
wissen oder nicht bedenken, was die Absicht und der Zweck
Christi mit dieser Stiftung war. Alles zu erfahren, was der
Herr damit beabsichtigte, wird erst in der alles erklärenden
Ewigkeit möglich sein, doch etwas davon können wir verstehen.
Laßt uns deshalb hier die Eigenschaft des Abendmahls als ein
Gedächtnis des Versöhnungstodes Christi betrachten. Der Herr
sprach:
,,Solches tut zu Meinem Gedächtnis." Zunächst können wir doch
wohl verstehen, daß Er dieses Gedächtnis nicht für sich,
sondern für uns einsetzte. Denn alles, was Jesus auf Erden
tat, geschah für uns. Er sagt: ,,Des Menschen Sohn ist nicht
gekommen, daß Er sich dienen lasse, sondern daß Er diene und
gebe Sein Leben zu einer Erlösung für viele." So beachte nun,
welche gnadenreiche Absicht wir schon darin entdecken, daß
Er dieses hohe Mal zu Seinem Gedächtnis stiftete. Christus
kannte nämlich die Schwachheit Seiner Kinder. Er kannte
den mühseligen Weg, den sie durch die Wüste und durch das
Jammertal dieses Lebens zu wandern hatten. Er wußte, wie sie
oft nahe daran sein würden, auf dem Wege zu verschmachten und
wie sie bei ihren schwachen, zaghaften und furchtsamen Herzen
während ihrer täglichen und unaufhörlichen Fehde mit dem
Fleisch und der Welt samt der List und den Pfeilen des Satans
müde, krank, verwundet, matt und mutlos werden würden. Er
wußte ferner, daß sie doch in Ihm ihren ganzen Trost, ihre
Kraft und Erquickung haben würden und daß sie, sofern sie nur
lebhaft an Ihn dachten, wieder neues Leben, neuen Mut, neue
Kraft und Lust erhalten würden, die Wanderung fortzusetzen.
Er wußte ferner, daß ihre eigenen Sünden, Fehler und
Gebrechen ihren Mut am meisten niederschlagen, sie am meisten
verzagt und ängstlich machen würden. Er wußte aber auch, daß
gegen alle Sünden nichts anderes als Sein Leiden und Sterben,
Sein geopfertes Fleisch und Blut ihr Trost sein würde,
welches gegeben wurde zur Vergebung der Sünden. Darum
stiftete Er dieses Gedächtnis Seines Versöhnungstodes und
sprach: ,,Kinder, kommt oft zusammen; wenn es vor euren Augen
dunkel zu werden anfängt und ihr zu verschmachten anfangt,
kommt dann zum Genuß Meines Leibes und Blutes zusammen und
denkt an Mich!" Er wollte Ruhehütten an unserem Wege
aufpflanzen, in die die müden Wanderer gehen konnten, um
an dieser Himmelsspeise, Seinem Leib und Blut, und mit
dem Gedanken an Ihn sich zu stärken und zu erquicken.
Dieses Gedächtnis der Wunder der Versöhnung weckt uns auf
aus unserer Gleichgültigkeit und Trägheit. Es reinigt unsere
Augen von dem Staub, der sie unter der Wanderung verdunkelt
hat. Es zeigt sowohl die Sünde als auch die Gnade in ihren
wahren Farben. Es tröstet, erquickt und stärkt uns und
stellt den Frieden und die Freude der Zuversicht der
Kindschaft in unseren niedergeschlagenen Herzen wieder her.
Es erhebt unsere Seelen von der Erde und richtet sie gen
Himmel.
Aus dem Umstand, daß Jesus in Seinem Abendmahl nicht nur ein
Gedächtnis stiftete, sondern uns auch Sein Fleisch und Sein
Blut zu essen und zu trinken gibt, sowie aus den Worten,
die Er aussprach, als Er den gesegneten Kelch darreichte,
erkennen wir, daß es vor allem eine Wohltat war, die Er
beabsichtigte. Seine Worte lauten: ,,Das ist Mein Blut des
neuen Testaments, welches vergossen wird für viele zur
Vergebung der Sünden." Aus ihnen merken wir, daß es Ihm die
Hauptsache war, uns über unsere Sünden zu trösten und das
beschwerte Gewissen zu stillen. Denn das einzige, was Er von
Seinem Blut sagte, war dieses, daß es das Blut des neuen
Testamentes war, - und daß es vergossen wurde zur Vergebung
der Sünden einer ganzen Welt.
Hier siehst du die Meinung und die Herzensgesinnung des
Herrn. Es war Ihm nicht genug, Sein Blut zur Vergebung
unserer Sünden zu vergießen, Er wollte uns auch auf das
kräftigste und tiefste der Teilhaftigkeit dieser Versöhnung
gewiß machen und uns recht getröstet und darüber froh wissen.
Er läßt sich dies so angelegen sein, daß Er Sein Blut sogar
in unseren Mund legt und spricht: ,,Nehmt hin und trinkt alle
daraus." Trinke hier ein kräftiges Gegengift gegen deine
Sünden, gegen ihre verdammende Kraft, und empfange hier das
eigentliche Lösegeld, auf daß du wissen mögest, daß du, du,
du dessen teilhaftig bist. ,,Das ist Mein Blut des neuen
Testamentes, welches vergossen wird (nur) zur Vergebung der
Sünden." In diesem Blut wird ein neues Testament, ein neuer
Bund zwischen Gott und euch aufgerichtet. Der alte Bund
forderte und verdammte, der neue schenkt und versöhnt; der
alte sagt: Tue, gib, der neue sagt: Glaube! Nimm an! Das
Blut des alten Bundes war Kälber- und Bocksblut, das des
neuen Bundes ist das Blut des Sohnes Gottes. Und dieses
Blut wird vergossen zur Vergebung der Sünden.
Sieh, solches wollte der Herr andeuten. Hier ist eine
unerschöpfliche Trostquelle für alle von der Sünde und den
Gewissensqualen Geplagten, wenn sie nur stillhalten, sich
besinnen und ruhig und gründlich das bedenken könnten, was
der Herr hier tut und redet. Wohl dir, wenn du dazu gehörst!
Den König hat mein Herz gefunden,
Wo anders als auf Golgatha?
Da floß mein Heil aus Seinen Wunden,
Auch mich, auch mich erlöst' Er da,
Für mich gab Er Sein Leben hin,
Der ich aus Seinen Feinden bin.