Lukas

Lk 18,13 C.Eichhorn Gnade für gebeugte Sünder Der Zöllner stand von ferne, wollte auch seine Augen nicht aufheben gen Himmel, sondern schlug an seine Brust und sprach: Gott, sei mir Sünder gnädig! Luk. 18, 13

Er stand von ferne, er traute sich nicht, näherzutreten. Er spürte, daß er eigentlich kein Recht habe, die heiligen Räume zu betreten. Er hielt sich für unwert, im Heiligtum zu weilen. Er fühlte die Gottesferne und die trennende Scheidewand. Er wollte seine Augen nicht aufheben. Er schlug die Augen nieder in tiefer Scham vor Gott. Vor seinen Augen stand ein ganz beflecktes Leben. Er hätte in den Boden versinken mögen. Alle Selbstzuversicht war ihm gründlich genommen. Er schlug an seine Brust: er ist sich selbst nicht gut und achtet sich der Schläge wert. Der selbstgerechte Mensch ist in sich selbst verliebt, nimmt stets für sich Partei, geht zärtlich mit sich um und will gestreichelt sein. Der Zöllner schlägt an seine Brust, da wo das Herz ist, das böse Herz, die Quelle alles Unheils. "Zerreißet eure Herzen!" ruft uns der Prophet Joel (2, 13) zu; zerreißet sie, wie man ein wertloses Papier in Stücke reißt. Des Pharisäers Gebet fließt leicht von den Lippen. Der Zöllner steht schweigend da, erst nach einiger Zeit ringt sich ein Seufzer aus der Brust los, ein Seufzer aus der Tiefe. Er geht nicht leicht über seine Sünden hinweg mit der Redensart: Sünder sind wir ja alle, jeder macht Fehler. Er sieht keine Sünder neben sich, er, nur er ist der Sünder, der Gnade braucht, weil er sonst verloren ist. Er hat Vertrauen, daß es noch Gnade für ihn gibt. Solange einer noch im ungebrochenen Selbstvertrauen steht, braucht er keine Gnade. Wenn das Gebäude der Selbstgerechtigkeit einige Sprünge bekommt und etwas ins Wanken gerät, braucht man auch Gnade. Kommt es aber zum gänzlichen Zusammenbruch, dann braucht man nur Gnade. - Wer also gebeugt zum Gnadenthron kommt, erfährt keine Zurückweisung. "Er ging in sein Haus gerechtfertigt." Die Last der Schuld war von ihm genommen. Von der Armesünderbank ist er erhöht worden in den Stand eines begnadigten Gotteskindes. Denn wer sich selbst erniedrigt, der wird erhöht werden. Wer sich auf den letzten Platz stellt wie der Zöllner, erhält einen Ehrenplatz unter den Auserwählten und Geliebten Gottes. "Er ging in sein Haus." Das Haus war noch, wie er es verlassen hatte, aber er war inzwischen anders geworden. Er brachte den Frieden Gottes in sein Haus. Nun kam Licht herein. Die Hausgenossen durften spüren, daß er von Gott gesegnet und ein innerlich glücklicher Mensch geworden war. Sonnenschein war fortan im Hause. Der Pharisäer verließ den Tempel ebenso, wie er hineingegangen war. Bei ihm hatte sich nichts geändert. So bleiben viele bei all ihrem Beten, bei allem Hören und Lesen des Wortes Gottes stets die alten, ungebrochenen Menschen, an denen Gott kein Gefallen hat. "Wer die Augen niederschlägt, wird genesen" (Hiob 22, 29). Wer sich in den Staub beugt, den zieht Gott liebend an sein Herz.





C.H.Spurgeon Christi Verherrlichung beim Abendmahl. Und der Zöllner stand von fern und wollte sogar die Augen nicht aufheben zum Himmel, sondern schlug an seine Brust und sprach: O Gott, sei mir, dem Sünder, gnädig! Luk. 18, 13.

Wir sollen so zum Tisch des Herrn kommen, daß Christus selbst hier in uns verherrlicht werde. Ah, du kannst am Tisch des Herrn sitzen und einen feinen Anzug oder einen Diamantring tragen und magst dir einbilden, daß du eine sehr wichtige Persönlichkeit bist; aber du bist es nicht! Du magst zum Tisch des Herrn kommen und sagen: ,,Hier kommt ein erfahrener Christ, der etwas zu erzählen weiß!" Auf diese Weise verherrlichst du Christus nicht, denn du bist nur ein armseliges Nichts. Aber wenn du kommst und sagst: ,,Herr, ich habe kein Verdienst und keine Würdigkeit; ich komme, weil Du für mich gestorben bist; ich vertraue Dir" - dann verherrlichst du Ihn. Der am meisten von Ihm nimmt und Ihm dann am meisten zurückgibt - der ist's, der Jesus am meisten verherrlicht. Komm, leeres Gefäß, laß dich füllen, und wenn du gefüllt worden bist, dann schütte alles aus zu den Füßen Dessen, der dich gefüllt hat.





Ch.Spurgeon "O Gott, sei mir Sünder gnädig!" Lukas 18,13

Brüder und Schwestern, ich bin überzeugt, daß es keinen sichereren Ort für uns gibt als den eines Sünders unter dem Kreuz. Ich habe viel über die Vollkommenheit im Fleisch gelesen und versucht, sie zu erlangen. Ich habe auch versucht, so zu beten, wie nach meiner Annahme ein vollkommener Mensch etwa betet. Als ich in diesem Zustand in den Tempel hinaufging und versuchte zu beten, stellte ich fest, daß ein Pharisäer an meiner Seite stand. Ein wenig weiter sah ich einen armen Sünder, der an seine Brust schlug und sagte: "Gott, sei mir Sünder gnädig!" Ich merkte, daß er gerechtfertigt hinabging, während ich dastand und ihn beneidete. Ich konnte es nicht länger aushalten, lief zu meinem alten Platz zurück, schlug an meine Brust und rief ebenfalls: "Gott, sei mir Sünder gnädig!" Dann fühlte ich mich ruhig und ging gerechtfertigt und fröhlich zurück.

Wenn jemals zwischen mir und dem Satan eine Frage darüber auftaucht, ob ich ein Kind Gottes bin, dann - ach, ich habe es aufgegeben, den Beweis in mir zu suchen oder meine Erfahrung zu Rate zu ziehen, um beweisen zu können, daß ich im Stand der Gnade bin. Denn der listige, alte Gesetzeskundige weiß mehr über meine Schwächen als ich und kann sehr bald gegen jeden Beweis von mir zwei andere vorbringen.

Ich sage dem Ankläger folgendes: "Wohl, wenn ich kein Heiliger bin, so bin ich ein Sünder, und Jesus ist in die Welt gekommen, Sünder selig zu machen. Darum will ich zu Christus gehen und auf ihn blicken." Der Teufel kann dagegen nicht ankommen.

Ihr, die ihr Väter in Christo seid, ich bin gewiß, daß auch ihr Zeiten habt, in denen euch keine Kennzeichen, keine Beweise oder Erfahrungen trösten, sondern nur dieses einzige Hilfsmittel anzunehmen ist, daß ich allen Versuchten empfohlen habe.