Lk 13,7
C.Eichhorn
Ein Schreckenssignal von oben
Haue Ihn ab! Was hindert er das Land? Luk. 13, 7.
Im Gleichnis vom Feigenbaum gibt der Heiland wichtige
Fingerzeige über das Wesen der Bekehrung und ein kräftiges
Warnungssignal vor einem Gerichtstod. "Denn in den Sünden
sterben ist ewiges Verderben." Die Bekehrung ist nicht etwas,
was der Mensch von sich selbst zustande bringt. Sie erfolgt
auch nicht auf das Kommando eines Menschen. Gott selbst
setzt sie ins Werk. Der Feigenbaum wird in einen Weinberg,
also in wohlzubereitete Erde eingesetzt. Gott kommt einem
jeden mit seiner Gnade zuvor. Er gibt, ehe er fordert.
Alles ist wohlbereitet, daß er Frucht rechtschaffener Buße,
die Frucht eines ihm geweihten Lebens und Dienstes erwarten
kann. Ist all sein Mühen ergebnislos, dann lautet der
göttliche Befehl: "Haue ihn ab!" Ein furchtbares Wort! Es
klingt sehr hart, aber wir dürfen nicht vergessen, daß die
Liebe zuvor alles aufgeboten hat, Frucht zu erzielen. Gott
wartet lange und sucht nach Frucht. Er läßt sich durch die
Fürbitte unseres barmherzigen Hohenpriesters bewegen,
nochmals ein Jahr zuzugeben. Der Heiland macht die
letzten Anstrengungen. Er nimmt die Hacke und lockert das
Erdreich auf. Er versucht, die harte Herzensrinde durch
Leidensschläge zu durchbrechen, um den Wurzeln Himmelsluft
zuzuführen. Er "düngt" um den Baum herum. Es sind das die
besonderen Gnadenstunden, die kräftigen Zuflüsse und
Eindrücke der göttlichen Liebe. Er umringt und umlagert
oft förmlich die Seele mit seinen Gnadenanerbietungen. Aber
wenn alles umsonst ist, dann muß zuletzt das göttliche
Gerichtsurteil vollzogen werden: "Haue ihn ab!" - Es begibt
sich vieles hinter dem Vorhang, der die unsichtbare Welt
verbirgt. Die eigentliche Entscheidung wird oben getroffen.
Da stirbt einer, bekommt ein herrliches Leichenbegängnis,
vielleicht auch eine anerkennende Grabrede. Droben aber ist
der Befehl ergangen: Haue ihn ab! Es war in Wahrheit kein
schöner Tod, sondern ein schauerlicher Gerichtstod. Das
Leben, das abgeschlossen ist, war ohne Frucht, ohne
wirklichen Ertrag für Gott verlaufen. Der Betreffende hat
vielleicht viel Geld aufgehäuft, es zu Ehren und Würden
gebracht, aber es fehlt die Frucht echter Gottesfurcht,
inniger Jesusliebe, selbstloser Hingabe an die Menschen.
Ein solches Leben ist wertlos für Gott und schädlich für
die Umgebung. Der unfruchtbare Baum hindert das Land. Ein
Mensch, der keine Ewigkeitsfrucht bringt, hält durch seine
Gleichgültigkeit auch andere ab, Ernst zu machen, und
beeinflußt sie übel durch Wort und Beispiel, auch wenn er
nicht geradezu Schlechtigkeiten verübt. Lassen wir doch die
Gnadenarbeit unseres Herrn nicht vergeblich an uns sein,
damit es nicht heiße: "Ab!" und "Hinab!", sondern: "Hinauf"
ins Paradies!
Ch.Spurgeon
"Siehe, ich komme nun schon drei Jahre und suche Frucht an
diesem Feigenbaum und finde keine. Haue ihn ab! Was hindert
er das Land?" Lukas 13,7
Der Weingärtner hatte die Unfruchtbarkeit des Feigenbaums
nicht zum erstenmal festgestellt, und auch der Herr des
Weinbergs war nicht zum erstenmal gekommen, Feigen zu suchen.
Gott, der uns "noch dieses Jahr" gibt, hat uns vorher schon
andere gegeben. Seine verschonende Langmut ist darum nichts
Neues; seine Geduld ist schon früher auf die Probe gestellt
worden. Zuerst kamen unsere Jugendjahre, eine Zeit, in der
wir Früchte bringen können, über die sich Gott besonders
freut. Wie haben wir unsere Jugendjahre verlebt? Ist unsere
Kraft in wildes Holz und in üppige Zweige geschossen? Wenn
das der Fall ist, haben wir Ursache, es tief zu beklagen,
daß wir unsere besten Kräfte verschwendet haben. Unseren
Jugendjahren folgen die Jahre des frühen Mannesalters, in
denen wir anfangen, eine Familie zu gründen, und einem Baum
gleichen, der feste Wurzeln schlägt. Auch in dieser Zeit ist
Frucht etwas sehr Köstliches. Haben wir solche getragen?
Haben wir Gott die Erstlinge unserer Kraft geweiht? Wenn wir
es nicht getan haben, so möge uns die Vergangenheit strafen
und mit aufgehobenem Finger davor warnen, auch "noch dieses
Jahr" ebenso zu verleben wie die vorigen. Wer seine Jugend
und das Mannesalter verschwendet hat, der hat sicherlich
genügend Torheiten begangen. Es ist dann mehr als genug, daß
er die vergangene Zeit seines Lebens dem Willen des Fleisches
gelebt hat, und es wäre eine überaus große Leichtfertigkeit
und Schlechtigkeit, wenn er auch "noch dieses Jahr" im Dienst
der Sünde verbringen wollte. Viele von uns befinden sich in
der vollen Kraft des Lebens. Haben wir bereits den halben
Weg unserer Lebensreise zurückgelegt und wissen noch nicht,
wohin wir gehen? Sind wir bereits ein halbes Jahrhundert alt
und noch nicht verständig geworden? Das Fortleben in der
Sünde erzeugt Unempfindlichkeit des Herzens; und wenn die
Seele lange Zeit im Schlaf der Gleichgültigkeit gelegen hat,
ist es sehr schwer, sie aus diesem tödlichen Schlummer
aufzuwecken.