Lk 12,1
C.Eichhorn
Warnung vor Heuchelei
Hütet euch vor dem Sauerteig der Pharisäer, welches ist die
Heuchelei! Luk. 12, 1
Eine der ernstesten Mahnungen, die der Herr seinen Jüngern
ans Herz legte, war die Warnung: "Hütet euch vor der
Heuchelei!" Denn sie ist ein Grundübel. Nichts verabscheut
der Heiland so sehr wie sie. Er ist die Wahrheit in Person.
Bei ihm war keine Spur von Scheinwesen und Unlauterkeit.
Alles bei ihm war lauter durch und durch. "Keine Lüge ward
je in seinem Munde erfunden." Sein Auge erblickte die
versteckte Lüge, wie sie besonders im Gewand der Frömmigkeit
auftritt. Vor solcher Heuchelei warnte er die Seinen. Sie
ist eine besondere Gefahr der Frommen. Die Welt schilt sie
samt und sonders Heuchler, übersieht aber dabei, daß sie
selbst in der Heuchelei ganz drinsteckt. Denn in der Welt
haben Verstellung und Schein ihre Heimat. Doch auch die
Frommen haben allen Grund, vor diesem Gift und bösen
Sauerteig sich zu hüten. Das unwahre Wesen durchdringt
allmählich das ganze Innere gleich dem Sauerteig, wenn
man nicht ernstlich dagegen angeht. Es gibt eine Heuchelei
nach zwei Seiten. Im Kreis der Frommen zieht man gern das
fromme Kleid an. Man gibt sich für besser, als man ist.
Man versteckt den alten Menschen und seine böse Art
geflissentlich. Man tut, als nähme man eine Zurechtweisung
an, und man bleibt doch bei seinem Sinn. Paulus rühmte sich
am liebsten seiner Schwachheit, weil er grundehrlich war, und
wollte um keinen Preis, daß jemand höher von ihm halten
möchte, als es der Wirklichkeit entsprach. Viele verhüllen
ihre Schwachheiten und tragen geflissentlich ihr Gutes zur
Schau. Sie scheinen sanftmütig nach außen, und inwendig sind
sie reißende Wölfe. Sie recken sich und schmücken sich wohl
gar mit fremden Federn, sind geziert und gekünstelt im Reden,
machen andere nach. Lauter Unwahrhaftigkeiten und
heuchlerisches Scheinwesen! - Im Verkehr mit der Welt zeigt
sich die Gefahr der Heuchelei auf andere Art. Man verbirgt
das Gute, das der Heilige Geist gewirkt hat, und paßt sich
der Welt an, nur um nicht anzustoßen und nicht verspottet
zu werden. Man will sich nicht als Jünger Jesu zu erkennen
geben. Man versteckt sein Christentum. Man tut mit und
stellt sich der Welt gleich. Man will nicht zurückstehen und
für rückständig gelten. Man will der Schmach und Verfolgung
ausweichen und auch in der Welt noch Geltung und Ehre haben.
Gerade diese Art von Heuchelei hat Jesus in unserer obigen
Stelle im Auge. Er sagt seinen Jüngern: Geht nur gleich und
ganz heraus, versteckt euren Jüngerstand nicht! Es ist auch
ganz vergeblich; denn die Welt merkt es doch, daß ihr es
mit dem Jesus von Nazareth haltet. Wenn ihr auch noch so
heimlich tut und nur im Verborgenen davon redet. Es ist viel
klüger, wenn ihr gleich offen hervortretet, dann weiß die
Welt, wie sie mit euch daran ist. Geht im Blick auf den
Herrn, der sich auch unser nicht schämt, den Weg! Ihr werdet
dem Sturm trotzen in des Herrn Kraft. Lassen wir uns von ihm
warnen!