Lukas

Lk 10,32 S.Keller Luk. 10, 32: «Desselbigen gleichen auch ein Levit ...»

Was für eine Anklage liegt in diesem Wort "desselbigen gleichen"! Der Levit richtet sich nach dem ihm übergeordneten Priester, das Kind nach den Eltern, der Schüler nach dem Lehrer, der Schwächere nach dem Stärkeren. So geht unser Beispiel an Selbstbeherrschung oder Zuchtlosigkeit einflußreicher als alle Worte auf andere über. Darum bekehrt ein Abstinenter eher einen Trinker, als einer, der noch mäßig Wein trinkt. Was wir offenkundig in uns selbst beherrschen, das beherrschen wir leichter auch in andern, die uns in die Seele sehen. Was uns in irgendeiner Weise, wenn es auch nur heimlich wäre, zu Fall bringt, bekämpfen wir an andern vergeblich. Der innere Sieg bei uns selbst muß der wirksamen Ermahnung anderer auf diesem Punkt vorausgehen. Daher kommt der stillschweigend anerkannte Grundsatz: der Pfarrer muß ebenso rein leben, wie seine Predigt fordert, und das Leben der Geistlichen ist die Bibel der Laien. Setze hier an Stelle des Pfarrers jeden gläubigen Christen ein, der andere ermahnen oder bekehren will, dann gibt's für dich auch Grund und Gelegenheit zum Nachdenken und zur Beugung vor Gott. Was mag aus unserem Beispiel schon alles geworden sein!

Herr Jesu, erbarme dich unser und hilf uns! Wir möchten keinem Menschen zum Verderben oder Anstoß gereichen, sondern strecken unsere Arme aus den ganzen Tag, um selig zu machen, was sich retten läßt. Herr, hilf uns! Wir sind dein. Amen.