Lukas

Lk 9,53 A.Christlieb Kein Unterschied zwischen Ungläubigen und Gläubigen? Lukas 9, 51 - 56

In diesen Versen machen zwei verschiedene Gruppen von Menschen Fehler: die Samariter und die Jünger. Wir wollen die Fehler erst einzeln betrachten und dann miteinander vergleichen.

1. Der Fehler der Samariter

Die Samariter bekommen Besuch von zwei Abgesandten Jesu, die um eine Herberge für den Heiland bitten. Jene lehnen das ab, weil »Jesus sein Angesicht wendete, stracks nach Jerusalem zu wandeln« (V. 51).

Was für ein Fehler ist das? Es handelt sich um eine schlimme Sache. Der Heiland ist auf seiner letzten Reise nach Jerusalem:

»Es begab sich aber, da die Zeit erfüllet war, daß er sollte von hinnen genommen werden« (V. 51). Es ist also die letzte Gelegenheit, ihn aufnehmen zu können. Diesen letzten Liebesdienst lehnen die Samariter ab. Warum? Weil Jesus nach Jerusalem geht. Sie haben auch einen heiligen Berg mit einem Tempel. Daran geht Jesus vorbei. Er ist in ihren Augen nur Jude, der zu Juden zieht. So trifft auch ihn der Haß, mit dem sie allen Juden die Gemeinschaft aufsagen. So besteht der Fehler der Samariter zunächst darin, daß sie eine alte Feindschaft nicht aufgeben können. Weil sie an dieser alten Sache zäh festhalten, gehen sie eines ungeheuren Segens verlustig. Auf Grund der Feindschaft, die schon von den Vätern herrührt, treffen sie eine Entscheidung von unberechenbarer Tragweite. Sie prüfen nicht, ob sie sich Jesus gegenüber nicht anders zu entscheiden haben, als es nach dem alten Trott üblich ist.

2. Der Fehler der Jünger

Jetzt wollen wir auf den Fehler der Jünger blicken. Sie lassen sich zu einem gehässigen Eifer hinreißen und wollen Feuer vom Himmel fallen lassen auf die Menschen, die den Heiland abweisen (V. 54). Beachten wir, von welchen Jüngern dieses verkehrte Verhalten berichtet wird! Jakobus und Johannes werden besonders genannt (V. 54). Diese beiden gehörten nicht nur zum Apostelkreis der Zwölf, sondern sie bildeten mit Petrus den engsten Dreierkreis. Aus der Zahl der Zwölf hatte der Heiland drei gewählt, die ihm ganz besonders nahestanden. Sie waren mit ihm auf dem Berg der Verklärung gewesen (Luk. 9, 28). Man hätte denken können, daß bei diesen dreien ein solch verkehrtes Verhalten so leicht nicht mehr unterlaufen konnte. Und doch kommt es vor.

Und wann handeln die beiden Jünger falsch? Sie machen einen Fehler, als ihnen eines Tages nicht alles nach Wunsch geht, als eine Bitte nicht so, wie sie es wünschen, aufgenommen und erfüllt wird. Hätten die ausgesandten Boten von den Samaritern eine zusagende Antwort bekommen, wären Jakobus und Johannes sicher die liebenswürdigsten Leute gewesen und hätten sich von ihrer besten Seite gezeigt. Nun aber kommt es anders, nun lautet die Antwort: »Wir wollen den nicht, der nach Jerusalem geht!« Da kocht es in den Jüngern, da kommt heraus, was noch in ihnen sitzt an verkehrtem Wesen.

Beachten wir noch Folgendes: Ihre menschliche Erregung, in der sie Feuer vom Himmel auf die Samariter fallen lassen möchten, wird von ihnen biblisch begründet und bemäntelt, indem sie sagen: »Herr, willst du, so wollen wir sagen, daß Feuer vom Himmel falle und verzehre sie, wie Elia tat« (V. 54). Sie wollen also mit ihrem verkehrten Wesen in den Fußstapfen eines ganz besonders heiligen Gottesmannes stehen.

Was muß sich die liebe Bibel doch alles gefallen lassen! Hier muß sie dazu herhalten, um einen menschlichen Zorn zu rechtfertigen. Ehe wir Gottes Wort anwenden, laßt uns vorsichtig und still fragen, ob es auch paßt für unsern Spezialfall! Damals bei Elia mußte das Feuer fallen um der Ehre Gottes willen (2. Kön. 1, 10.12). Hier ist es nicht ohne weiteres auch so.

3. Der Vergleich der beiden Fehler

Gefehlt haben die ungläubigen Samariter und die gläubigen Jünger. Nun könnte man den Schluß ziehen: »Die nichts glauben, handeln verkehrt; die Gläubigen handeln auch verkehrt. Es ist also im Grunde kein Unterschied zwischen beiden.« Damit käme man aber in ein falsches Fahrwasser. Denn wenn wir unsern Text genau ansehen, merken wir, daß die gläubigen Jünger mitten in ihrem Fehlen noch die Kennzeichen der Jüngerschaft Jesu zeigen.

Die Jünger erregen sich, weil man ihren Heiland beleidigt. Da können sie nicht ruhig bleiben. Ihr Herz brennt für ihren Herrn. Wenn die eifernden Jünger sagen: »Herr, willst du, daß Feuer vom Himmel falle«, dann beweisen sie doch trotz ihrem Fehlen, daß sie Glauben an die Macht des Wortes Jesu haben. Das ist bei der Welt nicht zu finden. Es ist ein Kennzeichen der »Stillen im Lande«: Sie trauen auf des Heilands Wort. Je mehr die Welt spottet und höhnt, um so mehr schließen sich die »Stillen im Lande« zusammen und sagen: »Wir bleiben beim Wort unseres Herrn und lassen uns weder durch Gelehrte noch durch Ungelehrte auch nur um Haaresbreite davon abbringen.«

Dann vor allem noch eins. Die fehlenden, erregten Jünger sagen noch ein Wort, das ein Kennzeichen der »Stillen im Lande« ist. Sie sagen: »Herr, willst du, so wollen wir sagen, daß Feuer vom Himmel falle.« Es soll also nur geschehen, wenn es dem Willen ihres Herrn entspricht. Selbst da, wo die Jünger fortgerissen werden von einer zornigen Erregungswelle, bleibt dieses Kennzeichen. Die Jünger Jesu sind Leute, die wollen, was ihr Herr will. Deshalb darf man nicht sagen, die Samariter und die Jünger seien in einen Topf zu werfen. Die fehlenden Jünger haben trotz ihres Mangels noch die Kennzeichen, daß sie einen andern Führer haben.

Wohl dem Volk, wohl den »Stillen im Lande«, bei denen diese Kennzeichen allezeit gefunden werden! Ihr Gebet und Wunsch ist, daß mehr und mehr ohne die Fehler und Schwachheiten der noch anklebenden Sünde diese Merkmale sichtbar sind.