Mk 14,71
C.Eichhorn
Tiefer Fall eines Gläubigen
Petrus fing an, sich zu verfluchen und zu schwören: Ich
kenne den Menschen nicht, von dem ihr sagt! Mark. 14, 71
So tief kann ein Jünger Jesu fallen. Wenige Stunden vorher
versichert Petrus: Ich bin bereit, mit dir in den Tod zu
gehen, und nun verleugnet er Jesus. Er nennt ihn einen
Menschen, den er nicht kennt, von dem er nichts wissen will,
verflucht sich und schwört falsch. Wie ist es möglich, in
so kurzer Zeit so tief zu sinken? So geht's, wenn man sich
selbst vertraut. Petrus glaubte seinem Gefühl, der Stimmung
seines Herzens, das so warm für den Meister schlug, mehr als
dem Wort dessen, der ihm gesagt hatte: "Du kannst mir diesmal
nicht nachfolgen!" Er getraute sich's doch zu und fiel.
Petrus war seiner selbst so sicher, daß er es für überflüssig
hielt, ängstlich zu wachen in der Stunde der Finsternis und
brünstig zu beten in der Stunde der Gefahr.
Er begab sich unter die böse Rotte, die im Hofe des
Hohenpriesters um ein Feuer versammelt war. Wenn uns der
Beruf in die Gesellschaft der Gottlosen führt, dann dürfen
wir's dem Herrn zutrauen, daß er uns unversehrt bewahrt. Wir
wollen uns aber auch ernstlich seinem Schutz befehlen und
uns von ihm rüsten und bewahren lassen, wenn wir uns unter
Menschen begeben, die von Gott nichts wissen wollen. Haben
wir noch nicht die Beobachtung gemacht, daß eine gottlose
Umgebung schwächend und niederziehend wirkt? Es ist böse,
finstere Luft. Jeder Mensch hat eine geistige Atmosphäre
um sich. Die Gotteskinder bringen Himmelsluft mit sich. In
ihrer Mitte wird man gestärkt und erquickt. Der Weltmensch
strahlt höllische Einflüsse aus. Es kostet etwas, fest
zu stehen, wenn man von ihnen umringt ist. - Petrus fiel
und fiel ein zweites und drittes Mal. Kommt man auf die
abschüssige Bahn, so ist kein Aufhalten. Er fiel immer
tiefer, bis er meineidig wurde und seine Seligkeit wegwarf,
indem er sich verfluchte, falls er lügen sollte. Und er log.
- Wir werfen keinen Stein auf ihn. Wer sich kennt, der traut
sich gar nichts zu. Er weiß, daß der Mensch zu allem Bösen
fähig ist, wenn er die starke Hand des Herrn nicht festhält
im Glauben oder wenn der Herr seine Hand abzieht. - Man
kann in einer Stunde innerer Gehobenheit sich dem Herrn
verschreiben, ihm Treue versprechen, sich ihm völlig
ausliefern und mit Petrus seine Bereitschaft versichern, für
ihn in den Tod zu gehen. Aber traue deinem Herzen nicht!
Wer sich auf sein Herz verläßt, ist ein Tor. Traue nur auf
den Herrn, und sei mißtrauisch gegen dich selbst! - Der Fall
des Petrus ist uns zum Trost niedergeschrieben. Sind wir
allezeit treu gewesen? Haben wir den Herrn nie verleugnet?
Haben wir in den Proben standgehalten? Gab's niemals eine
Niederlage? Wir sind allesamt keine Heiden, wenn wir auf uns
gestellt sind. Das Fleisch ist schwach. Wir sind nur stark
im Herrn, im Glauben an sein Wort. Ohne Niederlagen geht's
bei keinem ab, bis er von dem bösen Selbstvertrauen gründlich
kuriert wird.