Matthäus

Mt 20,20 A.Christlieb Jesus bringt Torheiten zurecht Matthäus 20, 20 - 23

Vor den Heiland tritt die Mutter der Kinder des Zebedäus. Sie hat für ihre Söhne Johannes und Jakobus ein wichtiges Anliegen. Wir wollen das Bild dieser Mutter betrachten und dreierlei daraus entnehmen.

1. Die schöne Sorge einer Mutter

Was die Mutter von Jesus erbittet, ist dies: »Laß diese meine zwei Söhne sitzen in deinem Reich, einen zu deiner Rechten und den andern zu deiner Linken« (V. 21). Hier möchte ich zunächst sagen: Gesegnet ist eine Mutter, die die wichtige Sorge hat, daß ihre Kinder in dem kommenden Reich des Heilandes einen Platz haben mögen!

Es gibt Mütter, die so geplagt sind von allen möglichen Geschäften und Sorgen. Sie reiben sich wie Martha in allerlei Arbeiten auf (Luk. 10, 38-42). Aber zu ein er Sache ist keine Zeit, nämlich niederzusinken wie die Mutter von Johannes und Jakobus vor dem Herrn mit der Bitte: »Laß meine Kinder einen Platz haben in deinem Reich!« Es ist schön und köstlich, und wir wollen es anerkennen, daß die Mutter in unserm Text diese wichtigste Sorge kennt und mit ihr zu Jesus kommt.

2. Die Gefahr bei dieser Mutter

Die Bitte der Mutter hier hat auch eine gefährliche Seite. Die Mutter erbittet nämlich nicht nur allgemein die Teilhabe am Reich Gottes, sondern sie sagt: »Laß meine Söhne sitzen, einen zu deiner Rechten und den andern zu deiner Linken!« Was heißt das? Der Platz zur Rechten und zur Linken eines Königs war der besondere Ehrenplatz. Da setzte der König diejenigen hin, die ganz besonders ausgezeichnet und vor andern bevorzugt werden sollten. In der Bitte der Mutter lag also der Gedanke: »Ich möchte gern, daß meine Kinder einen die andern überragenden Platz in deinem Königreich bekommen. Sie sollen etwas höher stehen als die übrigen.« Wir sehen also bei all der lieblichen Fürsorge die Gefahr einer gewissen Eitelkeit, eines gewissen Ehrgeizes für ihre Kinder.

Während die Mutter vor Jesus kniet, kommen diese ehrgeizigen Gedanken aus ihrem Herzen und aus ihrem Mund. Daraus wollen wir die Warnung hören, daß sogar bis in den heiligsten Umgang mit dem Herrn die Gefahr der Eitelkeit und des Ehrgeizes sich hinein drängt. Vor Jesus niederfallen und ihn anbeten -das ist gewiß die schönste und heiligste Stunde, aber sie ist nicht sicher vor der Verirrung unseres Herzens in Hochmut und Eitelkeit. Wir wollen keinen Stein werfen auf die Mutter in unserer Geschichte, sondern wir wollen zum Herrn sagen: »Herr, du weißt, wie sich manchmal hochmütige Ziele auch in unser Gebetsleben hinein drängen. Zeige uns das und wehre dem!«

3. Jesus, der Zurechtbringer der Mutter

Wie antwortet der Heiland dieser Frau, die in ihrer Bitte Gutes und Verkehrtes zusammenbringt? Zunächst: Wie antwortet er nicht? Er sagt nicht: »Du hochmütige Person, was für ein Unsinn, was für ein Ehrgeiz und Stolz schaut da heraus aus deinem Wort!« Der Heiland hat diese Mutter nicht schroff fort gewiesen. Er hat sie in seine Seelsorge genommen. Er hat ihr gesagt, wie sie von ihrem falschen, ehrgeizigen Wege wegkommen könnte. Er antwortet der Mutter und ihren Söhnen: »Ihr wisset nicht, was ihr bittet. Könnt ihr den Kelch trinken, den ich trinken werde, und euch taufen lassen mit der Taufe, mit der ich getauft werde?« (V. 22).

Jesus stand im Begriff, den Leidenskelch zu trinken und mit der Leidenstaufe getauft zu werden. Da sagt er zu den drei Menschen mit den ehrgeizigen Plänen: »Laßt den Stolz fahren, kommt mit mir auf den niedrigen Weg! Wollt ihr ihn mitgehen in das Leiden hinein? Es ist ein Weg, der zu dem, um den ihr bittet, in völligem Gegensatz steht. Es ist ein Weg, der dem natürlichen Menschen gar nicht liegt.« - Die Antwort lautet: »Jawohl!« Das ist ehrlich gemeint. Und der Heiland fährt fort, daß sie in der Tat am Leidenskelch Anteil bekommen werden. Aber dann heißt es:

»Das Sitzen zu meiner Rechten und Linken zu geben steht mir nicht zu, sondern denen es bereitet ist von meinem Vater« (V.23).

Damit sagt Jesus: »Ich werde mich hüten, einen Schritt weiter zu gehen, als meine Befugnis reicht!« - Bedenken wir: Dieser Herr aller Herren sagt: »Ich habe meine Schranken.« Dieser höchste König des Himmels und der Erde sagt: »Das steht nicht bei mir!« Damit erklärt er der Mutter und ihren Söhnen: »Nicht wahr, ihr wollt euch doch auch Schranken auflegen lassen? Wie ich meine Grenzen innehalte, so wollt ihr es doch auch tun?«

So macht es der Heiland mit einer Sünderin! Weise bringt er sie von den ehrgeizigen Gedanken weg auf den Weg der Anbetung. Er stellt ihr den hohen herrlichen Gott vor Augen, dem man keine Vorschriften machen kann, der nach wahrhaft göttlichen Gedanken, über die wir nicht verfügen, entscheidet. Vor diesem Gott gebührt den Menschen stilles Anbeten und Warten.

Der Heiland hat die Mutter auf den richtigen Grund gestellt. Er wird auch uns zu behandeln wissen und an uns göttliche Seelsorge üben. Wenn wir in unsern Bitten und Anliegen manches verkehrt sehen und wünschen, dann wird er das zurecht bringen. Aber kommen wollen wir zu ihm. Das ist das aller schlimmste. wenn einer überhaupt nicht mit seinen Anliegen zu Jesus hin läuft.