Mt 16,24
C.Eichhorn
Der Verleugnungsweg
Will mir jemand nachfolgen, der verleugne sich selbst!
Matth. 16, 24
Jesu Nachfolge bedeutet ein Leben der Selbstverleugnung.
Sich verleugnen heißt nichts anderes, als von sich selbst
nichts mehr wissen wollen. Als Petrus seinen Meister
verleugnete, sprach er: "Ich kenne den Menschen nicht!" Es
ist etwas Großes, fremd zu werden gegen die eigene Person.
Von Natur ist jeder sich selbst der Nächste, ist in sich
verliebt und geht zärtlich mit sich um. Wer Jesu Jünger sein
will, muß vor allem den Neigungen und Lüsten absagen, die
direkt verwerflich und sündlich sind. Aber auch manche an
sich berechtigten Wünsche und Hoffnungen müssen wir in der
Nachfolge Jesu drangeben, sobald uns klar wird, daß der
Meister zu diesen Wünschen nicht Ja sagen und die Erfüllung
der Hoffnungen nicht gewähren kann. Es gibt sogar Dinge, die
nützlich und nötig sind, von denen wir uns aber gleichwohl
trennen müssen, wenn wir spüren, daß sie zur bindenden Fessel
werden. "Es ist mir alles erlaubt, aber nichts soll mich
gefangennehmen", sagt der Apostel. Und wenn etwas so kostbar
und unentbehrlich ist wie das rechte Auge, die rechte Hand
und der rechte Fuß, muß man sich gleichwohl davon trennen,
wenn es uns aufhält auf dem Weg zum ewigen Ziel. Der
Verleugnungsweg ist ein Sterbensweg. Er ist ein Weg der
Schmach. "Wer mir nachfolgen will, nehme sein Kreuz auf
sich!" Das Kreuz ist der Verbrecher- und Schandpfahl. Es
bezeichnet all die Schmach, die um Jesu willen über seine
Bekenner kommt, bis zum äußersten Endpunkt des schimpflichen
Todes eines Missetäters. Mißbräuchlich versteht man jetzt
unter Kreuz die gemeinmenschlichen Leiden und häuslichen
Trübsale. Nach biblischem Sprachgebrauch bezeichnet es
aber ausschließlich das Bittere, was uns um Jesu willen
widerfährt. Der Herr Jesus spricht von einem Muß des
Leidens. "Des Menschen Sohn muß viel leiden." Dieses Muß gilt
auch für den Jünger. "Wir müssen durch viel Trübsale ins
Reich Gottes gehen." Der Jünger muß sich verachten, über die
Achsel anschauen, ausstoßen und verspotten lassen um des
Namens Jesu willen. Da gehen viele nicht mehr mit, sondern
"hinter sich". Jesus will, daß man sich in den Weg der
Schmach nicht nur fügt als in etwas Unvermeidliches. Er
erwartet vielmehr von seinen Nachfolgern, daß sie "das Kreuz
auf sich nehmen", sich also willig darunter beugen, und zwar
jeder unter sein Kreuz. Denn das Gewicht und die Last sind
verschieden. Jedem wird das Maß von Leiden zugeteilt, das
für ihn gerade entsprechend ist. Je näher wir unserem
Meister kommen, je offener wir ihn bekennen, desto mehr
wächst die Kreuzeslast.
Des Christen Schmuck und Ordensband,
das ist das Kreuz des Herrn,
und wer erst seinen Wert erkannt,
der trägt es froh und gern.
D.Rappard
Will jemand mir nachfolgen, der verleugne sich selbst
und nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach.
Matth. 16,24.
Wahres Christentum beweist sich im praktischen Leben. Die
Glaubenslehre ist etwas Köstliches. Glücklich sind die zu
schätzen, die einen gesunden, lebensvollen biblischen Unterricht
genossen haben und fortgesetzt aus den Heilstaten Erkenntnis
und Kraft schöpfen. Man braucht gute Nahrung, um zu gedeihen;
aber die Nahrung ist Mittel zum Zweck. Und der Zweck
ist: e i n g e s u n d e s, t a t k r ä f t i g e s L e b e n.
So ist es auf irdischem, so auch auf geistlichem Gebiet.
Wir haben uns in der Passionszeit versenken dürfen in die
Betrachtung von J e s u K r e u z. Nun muß die F r u c h t sein,
daß wir u n s e r K r e u z auf uns nehmen und ihm nachfolgen.
Unser Kreuz ist zunächst alles, was unserem eigenen Leben den
Tod bringt. Es ist vielleicht Schmach und Verlust um Jesu
willen; es sind innere und äußere Demütigungswege, oder
schwere Aufgaben und Leiden mancher Art, oder - wie bedeutsam
ist das Wort - durchkreuzter Eigenwille.
Da muß sich nun unser Christentum ausweisen. Nehmen
sollen wir unser Kreuz, sagt Jesus. Es macht einen erstaunlichen
Unterschied, ob man dieses williglich tut oder gezwungen. Wer
zu seinem Kreuz gleichsam spricht: Ich nehme dich aus meines
Herrn Hand, als mir von ihm verordnet, der wird es in großem
Segen tragen.
Ich nehme Deines Kreuzes Bürde
Und die damit verbundene Würde
Und lehne mich auf Dich, mein Freund!
J.Kroeker
Von der Reichsgottesoffenbarung im Sohn.
"Da sprach Jesus zu seinen Jüngern: Will mir jemand
nachfolgen, der verleugne sich selbst und nehme sein
Kreuz auf sich und folge mir nach!" Matth. 16,24.
Jesu Reichsgottesoffenbarung verlangt von uns auch die volle
Teilnahme an ihrem Opfer. Wir wissen, dass Jesu Opferweg
nicht erst mit jener Stunde begann, wo Er sein Kreuz
hinauftrug nach Golgatha. Am Kreuz vollendete sich nur das
Opfer, das mit seinem Kommen ins Fleisch und seinem Dienst
unter uns begonnen hatte. Sein Leben war ein Opfer: ein
Opfer, das restlos dem Königtum seines Vaters gebracht wurde.
Mit unserem Eintritt in das Königtum Gottes ist auch für
unser Leben so ein totales Opfer verbunden. Paulus drückt es
in seinem Brief an die Römer mit den Worten aus: "So ermahne
ich nun euch, liebe Brüder, durch die Barmherzigkeit Gottes,
dass ihr eure Leiber gebet als Opfer, das lebendig, heilig
und Gott wohlgefällig sei, euer vernünftiger Gottesdienst."
Nicht das sind Opfer, was wir um des Reiches Gottes willen
verleugnen: Sünden, von denen wir um Jesu willen lassen,
Gebundenheiten, von denen wir uns lösen. Diese Dinge können
nie innerhalb des Königtums Gottes Opfer werden. Sie gehören
dem Gericht an. Opfer ist Hingabe, und zwar jener Kraft und
jenes Lebens, auf die Gott Anspruch erhebt. Es ist mithin
jenes Leben, das zunächst von der Barmherzigkeit Gottes in
uns gewirkt worden ist, das zu einem Opfer für das Reich
Gottes, zu einer Hingabe an die ewige Welt werden soll.
Gott hat mich in meinem Dienst so geführt, dass Letzterer mit
vielen Vortragsreisen verbunden war. Nun schenkte Gott uns
eine große Familie. Wie oft war dieser mein Dienst ein
Opfer, welches eine volle Hingabe an die Sache Gottes
verlangte. Wenn ich z.B. in Russland sehr oft fünf bis
acht Wochen auswärts auf Reisen sein musste, so dachte ich
gelegentlich: Gott könnte mir wohl auch eine Woche erlassen.
Dann versuchte ich meinen Dienst so zusammenzulegen, dass ich
etwas früher heimkam. Ich gestehe ganz offen, dass ich in
dieser von dem Vortragsdienst abgekürzten Woche selten das
in meiner Familie fand, was ich in ihr suchte.
Der volle Segen der in Jesu angebrochenen
Reichsgottesherrschaft kann sich uns nur dann erschließen,
wenn wir bereit sind, freiwillig unser ganzes Leben als ein
ungeteiltes Opfer dem Herrn zur Verfügung zu stellen. Dann
enttäuscht Er uns nicht. Unser Opfer wird der Weg sein, auf
dem Er uns von Kraft zu Kraft und von Herrlichkeit zu
Herrlichkeit führen wird. Je völliger Er unser Leben mit
seiner Hingabe beanspruchen kann, desto mehr wird es Ihm als
Grundlage dienen, seine Herrlichkeit in unserer Schwachheit
und Ohnmacht zu offenbaren.