Mt 16,23
C.Eichhorn
Die menschliche Denkweise
Jesus spricht zu Petrus: Du meinst nicht, was göttlich,
sondern was menschlich ist. Matth. 16, 23
Wie oft müßte Jesus wohl dieses Wort auch zu uns sagen! Auch
Jünger Jesu, die ihm sehr nahestehen, denken mitunter noch
recht menschlich und bewegen sich mit ihren Gedanken nicht
in den heiligen Linien unseres Herrn. Als Jesus von seinem
bevorstehenden Leiden sprach, rief Petrus ihm zu: "Herr,
schone deiner selbst; das widerfahre dir nur nicht!" Er
meinte es menschlich gut, aber er dachte verkehrt. Später
sah er ganz ein, wie töricht und kurzsichtig seine Gedanken
waren. Das Leiden Jesu war ihm nun die Quelle ewigen Lebens
geworden. Wie dankbar war er, daß Jesus unsere Sünden
hinaufgetragen hat aufs Verbrecherholz (1. Petr. 2, 24)!
Meist haben die Jünger nicht so ganz den Sinn des Meisters
getroffen und sind mit ihren Gedanken fehlgeschossen (Luk.
9, 54-56.59-61; Mark. 9, 38.39). Der alte Mensch mischt
sich gern bei unseren Gedanken mit ein, wir sind darum oft
noch so parteiisch. Wir denken zuviel an unsere eigenen
Interessen, haben unsere Vorurteile, unsere Vorliebe für
dieses oder jenes, unsere Lieblingsgedanken, wir sind
engherzig und kurzsichtig und handeln oft nach unserem
Gutdünken, nach Gunst und Vorteil. Die Mutter und die Brüder
Jesu dachten, sie hätten besondere Ansprüche an ihn. Auch
die eigene Mutter hatte keinerlei Vorzug vor den anderen.
"Der den Willen tut meines Vaters im Himmel, der ist mein
Bruder, Schwester und Mutter." Die Frauen Jerusalems
beweinten den Heiland, als er sein Kreuz nach Golgatha
trug. Aber sie täuschten sich in dem Gedanken, daß er ein
bedauernswerter Mann sei. Jesus selbst kam sich nicht
beklagenswert vor. Er ging den Weg zum Heil der Menschen.
Für ihn selbst war es der Weg zur Vollendung und
Herrlichkeit. Wenn wir in allem unseren Gott richtig
verstehen würden, so würden wir ihn auch in allen
Begebenheiten anbeten. Paulus litt unsäglich unter der
Verhärtung Israels gegen den Herrn Jesus. Da zeigte ihm
der Herr, daß Israels trauriger Fall zum Heil der Nationen
gereicht und daß sein Volk nur eine Zeitlang in seinem Irrtum
verharren und sich auch noch zum Herrn bekehren wird. Darüber,
daß diese furchtbaren Gerichtswege noch in Gnade enden werden,
bricht sein erleuchteter Geist in anbetenden Lobpreis Gottes
aus (Röm. 11, 32-36). - Wieviel Bitterkeit, Unmut, Ungeduld,
Verzweiflung ist die Folge der Blindheit, welche die Gedanken
unseres Herrn nicht zu erkennen vermag! Wie selig ist der
Mensch, der seinen Gott verstehen lernt, alles in Gottes
Licht sieht und nach Gottes Wort beurteilt! "Selig ist, wer
sich nicht an mir ärgert!" Die Jünger nahmen Anstoß an Jesus,
als er nach Gethsemane aufbrach: "Sie ärgerten sich alle an
ihm." Auch wir sind in Gefahr, uns zu stoßen, wenn es so ganz
gegen unsere Gedanken und Pläne geht. Selig ist, wer stets Ja
sagt zu den Führungen des Herrn, zu seinen Gedanken und Wegen.
J.Kroeker
Vom Geheimnis unserer Leiden.
"Er aber wandte sich um und sprach zu Petrus: Hebe dich weg
von mir, Satan! Du bist mir zum Fallstrick, denn du denkst
nicht göttlich, sondern menschlich! Weiter sprach Jesus zu
seinen Jüngern: Will jemand mir nachfolgen, der verleugne
sich selbst, der nehme sein Kreuz auf sich und folge mir
nach." Matth. 16,23 f.
Wer sich nicht selbst aufzugeben vermag, wird nie der Welt
ewige Werte zu vermitteln haben. Alle göttlichen Wahrheiten,
alle geistlichen Segnungen, die später zu einer Licht- und
Heilsquelle für die Menschheit wurden, sind zunächst von
jenen gefunden worden, die bereit waren, diesen Jesusweg
der Selbstaufopferung zu gehen. Das, was sie ersehnten, was
sie innerlich erschauten, was sich ihnen in der Zukunft
erschloss, was ihnen Leben war und Ewigkeitswerte hatte,
was sie kommen sahen, - das entsprach alles so wenig der
herrschenden Frömmigkeit ihrer Zeit, wich so wesentlich ab
von dem Überlieferten, schien so in Widerspruch zu stehen
mit der prophetischen Gottesoffenbarung, dass man nach dem
Gesetz nie darauf eingehen konnte. Das machte den Weg aller
Gottesboten zu allen Zeiten so einsam. Das trug ihnen die
Leiden des Christus ein. Das machte sie vielfach zum Opfer,
an dem sich frommer Fanatismus und Gesetzeshärte austobten.
So wurde ihnen Gelegenheit gegeben, das Kreuz ihres Meisters
auf sich zu nehmen und mit ihm den Weg des Geopfert-werdens
zu gehen. Ihre Verwerfung wurde aber Leben für andere. Ihre
gekreuzigte Wahrheit erwies sich als jenes erlösende Licht,
durch welches die Zukunft gesegnet wurde. Wahrheiten, die
die Welt einst in den Tagen der Macht gerichtet hatte, begann
man später in Zeiten der Not zu suchen. Man fand in ihnen
jene Erlösung, die von dem Bann der Vergangenheit löste. Ja,
man pries eines Tages jene selig, die einst die Geburtswehen
dieser Wahrheiten getragen, freiwillig die Leiden derselben
auf sich genommen hatten, die das Licht der Zukunft wurden.
In diesen Einsamen lag das Heil und das Leben der späteren
Generationen. Sie waren die Propheten der Vergangenheit
gewesen, für die ihre Zeitgenossen nur ein Kreuz hatten. Ihr
Licht erwies sich später aber als jener Quell, aus dem eine
zusammengebrochene Welt neue Kraft und neue Perspektiven für
die Zukunft empfing.
Von welcher Seite daher auch immer die Versuchung an uns
herantritt und mit Petrus spricht: nimmermehr darf dir das
widerfahren! - lasset uns nicht den Weg nach Menschen Art,
sondern den Weg Gottes erwählen. Wer mit dem Ewigen seine
Brüder und die Welt segnen will, muss wissen, dass bleibende
Reichsgotteswerte nur auf freiwilligen Kreuzes- und
Opferwegen der Zukunft übermittelt werden können.
Organisches Leben wird immer unter Schmerzen geboren.
Nur das sterbende Weizenkorn bringt vielfältige Frucht.