Matthäus

Mt 13,13 J.Kroeker Von der göttlichen Offenbarung.

"Deshalb rede Ich in Gleichnissen zu ihnen, weil sie mit sehenden Augen nicht sehen und mit hörenden Ohren nicht hören und nicht verstehen." Matth. 13,13.

Sobald die Ewigkeit in die Zeit tritt, muss sie die Formen des Zeitlichen annehmen. Daher waren die Formen der göttlichen Offenbarung immer eine gewisse Vermenschlichung des Göttlichen. Das Wort Gottes muss Fleisch werden, damit es als Offenbarung Gottes von uns verstanden werde. Das hat dazu geführt, dass unsere ganze ewige und jenseitige Begriffswelt sich so stark in Bildern und Gleichnissen bewegt, die der Diesseitigkeit angehören. Die Gegenwart Gottes verkörpert sich im Tempel. Eine restlose innere Hingabe an Gott bezeichnen wir als Opfer. Kraftwirkungen des Heiligen Geistes nennen wir Feuer von oben. Von Gottes vergebender Gnade reden wir unter dem Begriff der reinigenden Kraft des Blutes Christi. Die wahren Jünger Jesu sind uns in ihrer Gesamtheit der Leib des Auferstandenen und der Tempel des Heiligen Geistes.

Daher waren auch die Formen, die Gott je und je zu seiner Offenbarung wählte, unendlich mannigfaltig und wandelbar. Sie bildeten nur den stofflichen Körper für den ewigen Geist. Um seine Gegenwart zu offenbaren, erschien Gott einem Mose im Dornbusch. Er antwortete auf das Gebet eines Elia mit Feuer. Er erfüllte den Tempel Salomos mit der Wolke. Nie hat Er sich jedoch in der Offenbarung seiner Gegenwart auf diese Formen beschränkt. Die selben sind unendlich, wie Gott unendlich ist. Er erwählte immer wieder jene, in der Er sich im Lauf der Geschichte von den jeweiligen Menschen am ersten und tiefsten verstanden sah.

Dieser vielfach rein zeitliche Charakter der Offenbarung ist leider allzu oft übersehen und vergessen worden. Daher verewigte der Mensch je und je die Form und tötete den Geist. So entstand in Israel eines Tages jener seelenlose Opferkultus, jene skrupellose Priesterschaft und jenes offenbarungsarme Schriftgelehrtentum, gegen welche von Zeit zu Zeit die wahren Gottespropheten mit einer leidenschaftlichen Schärfe in der Vollmacht des Geistes auftraten.

Denn die äußerlichen Formen der Offenbarung lassen sich letzthin auch von Menschen weiterpflegen, die ohne den Geist der Offenbarung leben. Heilige Formen und Bekenntnisse können sehr alt werden auch ohne Geist. Wohl sprach man in den Tagen Jesu: "Wir haben Abraham zum Vater", aber man atmete nicht den Geist Abrahams. Was jedoch der Mensch zu allen Zeiten brauchte, war der Geist, der ewig neu zu uns sprechen und seine Kraft in unserer Schwachheit zu vollenden vermag.