Mt 11,25
C.H.Spurgeon
,,Zu derselbigen Zeit antwortete Jesus."
Mt. 11, 25.
Der Anfang dieser Schriftstelle lautet sonderbar: ,,Zu
derselbigen Zeit antwortete Jesus." Wenn man den Zusammenhang
übersieht, so ist hier nirgends die Rede davon, daß Ihn jemand
etwas gefragt, oder daß Er mit irgend einem Menschen ein
Gespräch geführt hätte. Dennoch heißt es: ,,Zu derselbigen Zeit
antwortete Jesus und sprach: ,,Ich preise Dich, Vater." Wenn ein
Mensch antwortet, so antwortet er einer Person, die mit ihm
gesprochen hat. Wer hatte also mit Christo gesprochen? Sein
Vater. Und doch wird an dieser Stelle nichts hiervon erwähnt;
nun, das soll uns zeigen, daß der Herr Jesus in beständigem
Umgang mit seinem Vater lebte, und daß Gott so oft, so
unaufhörlich in seinem Herzen mit Ihm redete, daß dieser Umstand
keiner besonderen Erwähnung bedurfte. Es war des Herrn Jesu
Leben und Odem, mit seinem Gott zu reden. Und wie dies mit dem
Herrn Jesu hienieden der Fall war, so sollte es auch mit uns der
Fall sein; und darum wollen wir uns die wichtige Lehre aneignen,
die sich aus dem angeführten Umstande aus dem Leben Jesu für uns
ergibt. Möchten auch wir diesen stillen Herzensumgang mit dem
Vater pflegen, und Ihm oft antworten; und wenn die Welt auch
keine Ahnung davon hat, mit wem wir reden, so wollen wir doch
jener Stimme antworten, die für jedes andre Ohr unhörbar ist,
die aber unser von Gott, dem Heiligen Geiste, geöffnetes Ohr mit
Freuden vernimmt. Gott hat zu uns geredet, so wollen wir denn
auch zu Ihm reden, um entweder zu bezeugen und zu besiegeln, daß
Gott treu und wahrhaftig ist in seinen Verheißungen; oder um die
Sünde zu bekennen, welche uns Gott, der Heilige Geist, zum
Bewußtsein gebracht hat; oder um die Gnadenerweisungen zu
rühmen, die Gottes Vorsehung uns geschenkt hat, oder um unsre
Bewunderung der großen Wahrheiten auszudrücken, für welche uns
Gott, der Heilige Geist, das Verständnis geöffnet hat. Welch ein
Gnadenvorrecht ist doch die innige Gemeinschaft mit dem Vater
unsrer Seelen! Es ist ein Geheimnis, das der Welt verborgen ist,
eine Freude, von welcher selbst der nächste unsrer Freunde
nichts weiß. Wenn wir das Lispeln der Liebe Gottes vernehmen
wollen, dann muß unser Ohr zuvor gereinigt und zum Hören seiner
Stimme zubereitet werden.
W.Nee
Du hast dies vor den Weisen und Verständigen verborgen und es
Unmündigen offenbart. Matthäus 11,25
Kurze Zeit nach meiner Bekehrung zog ich hinaus und predigte
in den Dörfern. Ich hatte eine gründliche Schulbildung und
war in der Schrift gut bewandert, deshalb hielt ich mich
durchaus für befähigt, die Leute im Dorf zu unterweisen -
unter ihnen befanden sich mehrere ganz ungebildete Frauen.
Aber nach einigen Besuchen entdeckte ich, daß diese Frauen
trotz ihrer Unwissenheit eine tiefgehende Erkenntnis Christi
hatten. Ich kannte das Buch, das sie mühsam lasen; sie
kannten den, von welchem es sprach. Ich selber besaß viel
eigenes Wissen, in ihnen war das Wissen des Heiligen Geistes.
Und mir war noch nicht aufgegangen, daß mein geistiger Besitz
sich leicht als ein Hindernis für das Wirken des Heiligen
Geistes erweisen konnte. Wie viele von denen, die heute
andere unterweisen, stützen sich dabei weitgehend auf ihre
rein irdische Ausrüstung. Aber gottlob, Er offenbart sich
den Unmündigen!
J.Kroeker
Von der Reichsgottesoffenbarung im Sohn.
"Zu derselben Zeit hob Jesus an und sprach: Ich preise dich,
Vater, Herr des Himmels und der Erde, dass du solches den
Klugen und Weisen verborgen und es den Unmündigen geoffenbart
hast!" Matth. 11,25.
In diesem Geist und in dieser Freude hat Jesus eigentlich
überhaupt zu seinen Jüngern von dem geredet, was sie vom
angebrochenen Reiche Gottes empfangen und was sie demselben
werden sollten. Er wusste, mein Vater ist der Gott der
großen Dinge.
Sein Wirken endet immer mit der Vollendung des Ganzen, mit
dem Sabbat ohne Abend, mit dem Psalm seiner Schöpferseele:
"Und siehe, es war sehr gut!" Daher sah Jesus bereits in
den kleinsten Anfängen die kommenden Auswirkungen, in den
schwankenden Fischern die werdenden Apostel, in den einzelnen
Segnungen den Endtriumph der angebrochenen Gottesherrschaft.
Jeder Misserfolg erschloss ihm "das Ungeheure" der Sache
seines Vaters: ließ ihn hinter den Leiden die Auferstehung,
hinter der Verwerfung die Erhöhung, hinter dem Tode das Leben
sehen. Die Katastrophen der Geschichte erschütterten Ihn
nicht, die Feindschaft der Frommen machte Ihn nicht irre, das
Versagen seiner Jünger ließ Ihn nicht mutlos werden. Für Ihn
waren nicht die Frommen die schöpferische Kraft im
angebrochenen Reiche der Himmel, sondern der Vater. Ihn sah
Er wirken und in seinem Lichte wirkte auch Er. Mochten auch
so und so viele aus dem Reiche Gottes herausfallen und nicht
mehr mit Ihm wandeln, mochten auch ein Petrus Ihn verleugnen,
ein Judas Ihn verraten, die Synagoge Ihn verklagen und der
Staat Ihn kreuzigen - alles konnte das Wirken seines Vaters
nicht aufhalten. Die Einzelnen und Vielen mögen im Laufe der
Geschichte fallen, das Königreich der Himmel fällt nicht. Er
wird nicht getragen vom Arm des Fleisches, nicht inspiriert
vom Geist der Zeit, nicht gebaut durch den Eifer der Jünger,
nicht vollendet durch Machtmittel der Vergänglichkeit. Eures
"Vaters" Wohlgefallen ist es, euch das "Königreich" zu geben.
Gottes Walten trug aber immer in sich die Garantie des
Vollbringens, Gottes Wort war immer auch schöpferische Tat.
Hätte Jesus nicht in diesem Geiste gewirkt, nicht in diesem
Lichte gesprochen, auch seine Messiasseele wäre unter dem
Druck des Bestehenden zusammengebrochen.
So überwand Jesus im Geiste seines Vaters Vergänglichkeit,
Raum und Zeit. Er sprach vom Standpunkte der schöpferischen
Gottestat und des triumphierenden Werdens aus. Er wusste,
dass alles Wirken seines Vaters auf Vollendung angelegt ist,
dass alles Schaffen Gottes der Art seines göttlichen Wesens
entspricht. Da Gott aus seiner Ruhe heraus wirkt, muss alles
im Sabbat der Vollendung enden.