Mt 11,12
C.Eichhorn
Glaubensenergie
Die Gewalt tun, die reißen das Himmelreich an sich.
Matth. 11, 12
Es ist alles Gnade, aber die Gnade ist kein Faulheitskissen.
Im Gegenteil, sie spannt alle Kräfte an. Dem Volk Israel war
Kanaan als Gnadengeschenk zugefallen. Die Völker Kanaans
sind ihm von Gott in die Hände gegeben worden. Aber sie
mußten unter heißen Kämpfen vom Land Besitz nehmen und den
Sieg erringen, der ihnen doch geschenkt wurde. Der reiche
Fischzug bei der Berufung des Petrus war ein reines
Wundergeschenk. Aber unter Schweiß und Mühe brachten die
Jünger die Netze an Land. Der Glaube ist ein Nehmen der
göttlichen Gabe, aber nicht wie halb im Schlaf. Im Glauben,
wenn er rechter Art ist, liegt eine zwingende, dringende Art,
durch die er den Himmel an sich reißt. Er nimmt den Herrn
beim Wort und läßt ihn nicht los: Du hast es verheißen und
kannst dein Wort an mir nicht fehlen lassen. Du mußt es an
mir erfüllen. Deines Namens Ehre erfordert es. Ich gehe
nicht von der Stelle, bis du auch mich von dem bösen Gewissen
befreist und von der Kette, die mich bindet, löst. "Unser
Geist, der bindet dich im Glauben, läßt dich nicht, bis er
die Erlösung findet, die dein treuer Mund verspricht." Du
hast gesagt: Ich soll dein Antlitz suchen, darum suche ich,
Herr, dein Angesicht. Mein Herz hält dir vor dein Wort. Du
willst dem, der sich nach Hilfe sehnt, Hilfe schaffen, so
lasse ich Elender dich nun nicht. Ja, Herr, verdient habe
ich es nicht. Anspruch habe ich auch nicht. Aber doch
glaube ich an dein Erbarmen. Hilf mir, ich lasse dich
nicht! - In irdischen Nöten dürfen wir nicht um jeden
Preis Hilfe von oben fordern und durchsetzen. Aber wo die
Seligkeitsfrage auf dem Spiele steht, da dürfen, ja sollen
wir zudringlich sein, ohne uns abweisen zu lassen. Da dürfen
wir sprechen: Du mußt auch mich retten! Denn Gott hat seinen
Willen klar kundgetan, daß kein Mensch verlorengehen soll.
Er will nicht den Tod des Sünders. Er will, daß jedermann
zur Erkenntnis der Wahrheit komme. Er läßt sich gern durch
den Glauben überwältigen. Das kanaanäische Weib ist ein
schönes Beispiel dieses Glaubens, dem Gott nicht widerstehen
kann. Sie läßt sich unter die Klasse der Hunde einreihen.
Aber gerade darum hat sie an den übrigen Brocken teil; diese
kann ihr der Herr nicht verweigern. So erkennt sich der um
die Seligkeit ringende Mensch als den größten Sünder, als
einen Gottlosen und Feind. Aber eben darum gehört ihm sein
Teil am Heil; denn Jesus nimmt die Sünder an, und Gott macht
die Gottlosen gerecht. Der Glaube läßt sich nicht abweisen.
Er schließt einen heiligen Eigensinn und Trotz in sich. So
reißt er den Himmel an sich.
Glaube nur, glaube nur, armes Herze, glaube nur,
was dein Gott dir hat versprochen,
geht's auch gegen die Natur!
Er hat nie sein Wort gebrochen,
fühlest du, mein Herz, auch keine Spur: Glaube nur!