Mt 6,7
C.Eichhorn
Warnung vor beständiger Wiederholung beim Beten
Ihr sollt nicht viel plappern wie die Heiden; denn sie
meinen, sie werden erhört, wenn sie viele Worte machen.
Matth. 6, 7
Das Plappern oder, wie es eigentlich heißt, "das Stottern"
ist eine tiefgewurzelte heidnische Unart. Es ist nicht
zunächst das seelenlose Lippengeplärr, das gedankenlose
Hersagen von Gebeten gemeint, sondern das immer neue
Ansetzen, die immerwährende Wiederholung der gleichen Wörter.
Man meint, mit drei Vaterunsern mache man bei Gott mehr
Eindruck als mit einem. Das ist heidnischer Aberglaube. So
schrien die Baalspriester stundenlang: "Baal, erhöre uns!"
Wie kurz und bündig in Worten, aber machtvoll in der Wirkung
war dagegen das Gebet des Elia! Er stand stets vor dem
lebendigen Gott und hatte sein Herz bereits innerlich
erhoben, ehe er ein Wort aussprach. "Gott ist im Himmel" -
d.h. er ist ein erhabenes Wesen - "und du auf Erden, darum
laß deiner Worte wenige sein!" (Pred. 5, 1). Es ist eine
unwürdige Behandlung Gottes, wenn man ihm immer wieder das
gleiche sagt, ihn so anschreit, als sei er schwerhörig.
Er weiß, was wir bedürfen, ehe wir ihn bitten. Er will
zwar, daß wir ihn bitten und unsere Bedürfnisse und Nöte
aussprechen, aber eine Litanei, in der immer wieder das
gleiche aufeinandergehäuft wird, gefällt ihm nicht.
Wollen wir doch mit dem höchsten Wesen zart und fein umgehen
und ihn nicht durch Gebet bearbeiten und auf ihn einstürmen!
Auch das beständige "Herr"- oder "Heiland"-Sagen ist ein
Mißbrauch des heiligen Namens. Wir haben alle Ursache, uns
über unsere Gebetssünden zu beugen, anstatt uns auf unser
Beten etwas einzubilden. Es folgt daraus nicht, daß
dasjenige Gebet das beste ist, das am kürzesten ist. Jesus
selbst betete stunden-, ja nächtelang. Sein Gebet war aber
nicht ein beständiges Wortemachen. Es war eine stille
Versenkung in die Gegenwart Gottes, ein anbetendes Verweilen
vor seinem Angesicht oder auch ein gespanntes Warten auf
Antwort, nicht so ein Drauflosbeten, wie wenn man auf einen
Amboß schlägt. Es werden beim Beten auch viele leere,
nichtssagende Worte gemacht. Sie sind wie Spreu, nur bloßer
Schall, gedankenlos.
Andere Gebete wollen Gott belehren, als ob Gott nicht unsere
Not kennen würde und den Weg der Hilfe wüßte. "Er weiß, was
wir bedürfen." Unwahre Worte sind auch ein Geplärr vor Gottes
Ohr. Da ist besonders bei öffentlichem Gebet große Gefahr.
Es kommen über die Lippen Worte des Lobes oder der Fürbitte,
aber das Herz schreit nach Gnade, weil unvergebene Sünde im
Gewissen nagt. Statt des Lobes müßte das "Gott, sei mir
Sünder gnädig!" über die Lippen kommen. Gottgefälliges,
wahres Gebet muß von oben geschenkt werden. Wir können von
uns selbst gar nicht recht beten. Daher redet die Schrift
von einem Geist des Gnadenflehens und des Gebetes. Herr,
lehre uns beten!