Matthäus

Mt 5,45 C.H.Spurgeon Bittet für die, so euch beleidigen und verfolgen, auf daß ihr Kinder seid eures Vater im Himmel. Matth. 5, 44.45.

Ihr Lieben und Frommen, die ihr keinen Glauben habt, was würdet ihr tun, wenn abermals Scheiterhaufen errichtet, und wenn nochmals die Heiligen zu Asche verbrannt werden würden?

Laßt mich eine Geschichte erzählen. Ein Sklaven haltender Amerikaner kaufte einmal einen Sklaven. Er sagte zu dem Verkäufer: "Sagen Sie mir ehrlich, was sind die Fehler des Sklaven?" Der Verkäufer erwiderte: "Ich kenne keine Fehler an ihm, außer dem einzigen Fehler, daß er betet." "Ach!" sagte der Käufer, "ich liebe das nicht, aber ich weiß, ich kenne ein Mittel, das ihn ziemlich bald vom Beten heilen wird." Schon in der nächsten Nacht überraschte der Meister den Sklaven, der ernstlich für seinen neuen Meister, seine Frau und seine Familie betete. Der neue Meister stand und hörte, aber sagte nichts zu der Zeit. Am nächsten Morgen aber rief er den Sklaven und sagte: "Ich will nicht mit dir zanken, aber ich kann das Beten in meinem Hause nicht leiden, somit laß es künftig bleiben." Der Sklave versetzte: "Massa, ich kann das Beten nicht unterlassen, ich muß beten." Der Meister sagte: "Ich will dich das Beten lehren, wenn du so fortfährst." "Massa, ich muß fortfahren." "Gut," sagte der Meister, "ich will dir jeden Tag 25 Streiche geben, bis du das Beten unterläßt." "Massa, ich muß beten, wenn Sie mir auch 50 Streiche geben." "Du sollst sie sogleich haben, wenn du so frech gegen deinen Meister bist." Der Meister band den Sklaven und gab ihm 25 Streiche und fragte ihn dann, ob er wieder beten würde. "Ja, Massa, ich muß immer beten, ich kann es nicht lassen." Der Meister war erstaunt; er konnte nicht verstehen, wie ein armer Heiliger fortfahren konnte im Beten, wenn er doch keinen Vorteil davon hatte, sondern nur noch mehr verfolgt wurde. Der Meister sprach davon mit seiner Frau. Diese sagte: "Warum kannst du denn den armen Mann nicht beten lassen? Er verrichtet seine Arbeit recht, du und ich bekümmern uns nichts um's Beten, aber es ist kein Schaden, wenn wir ihn beten lassen, wenn er seine Arbeit wohl verrichtet." "Aber," sagte der Meister, "ich habe es eben nicht gerne; der Sklave hat mich beinahe zu Tode erschreckt. Du hättest sehen sollen, wie er mich anblickte." "War er zornig?" "Nein, das hätte ich gar nicht beachtet; sondern nach dem Schlagen sah er mich an mit Tränen in den Augen, als ob er mehr mich als sich selbst bemitleiden wollte." In jener Nacht konnte der Meister nicht schlafen, sondern wälzte sich beständig in seinem Bett herum; seine Sünden wurden ihm zu Gemüte geführt. Er erinnerte sich, daß er einen Heiligen Gottes verfolgt habe. Indem er sich in seinem Bett erhob, sagte er: "Frau, willst du für mich beten? Ich bin verloren, wenn nicht jemand für mich betet; ich selbst kann nicht beten." Die Frau antwortete: "Ich weiß niemanden auf unserem ganzen Gut, der beten kann, außer dem Sklaven." Die Glocke wurde geläutet und der Sklave herbeigeholt. Der Meister ergriff die Hand seines schwarzen Sklaven und sagte: "Kannst du für deinen Meister beten?" "Massa," sagte jener, "ich habe immer für Sie gebetet, seitdem Sie mich gepeitscht haben, und ich gedenke, allezeit für Sie zu beten." Der Sklave fiel auf seine Knie und goß seine Seele aus in Tränen; und sowohl der Herr als die Frau wurden bekehrt.

Der Neger hätte das ohne Glauben nicht tun können. Ohne Glauben wäre er gleich weggelaufen und hätte gesagt: "Massa, ich unterlasse das Beten, ich liebe nicht des weißen Mannes Peitsche." Aber weil er durch Glauben beharrte, so ehrte ihn der Herr und gab ihm seines Meisters Seele zum Lohn.