Mt 5,14
W.Nee
Ihr seid das Licht der Welt. Matthäus 5,14
Manche fragen sich, ob sie predigen oder sich eine
Beschäftigung im Berufsleben suchen sollen. Ist es
tatsächlich so, daß vor einem Gotteskind zwei verschiedene
Wege liegen? Wo finden wir in der Schrift eine solche
Alternative: entweder predigen oder einem Beruf nachgehen?
Sind wir dazu gerufen, eine Wahl zu treffen? Das Volk Gottes
ist ein Licht, das von ihm Zeugnis ablegt. Gibt es dann
einen Christen, der nicht Zeuge sein soll? Es ist nicht
möglich, daß einige wenige predigen und trotzdem irgendwie
alle das Licht sind. Nein, es gibt ein lebendiges Zeugnis
für Gott auf der Erde, und dafür lebe ich. Das ist der
einzige Weg für uns alle, ein anderer ist nicht gegeben. Man
kann nicht dem Herrn angehören und ihn nicht bezeugen. Alle
müssen Christus verkündigen; das ist die große Aufgabe.
Davon leben wir, ob wir unser Geld als »Verkündiger« oder in
einem »weltlichen« Beruf erhalten, das spielt keine so große
Rolle. Alles hängt davon ab, wo unser Zentrum ist. Einen,
der seinem Beruf nachgeht und außerdem predigt, kann Gott
nicht gebrauchen, sondern nur den, dessen ganzes Leben in
Beruf und Freizeit Gott bezeugt. Es kommt also ganz einfach
darauf an, daß im Mittelpunkt unseres Lebens nicht unser
Beruf, sondern Gott steht, was den Beruf nicht gleichgültig
sein läßt.
C.O.Rosenius
Ihr seid das Licht der Welt Matth. 5, 14.
Wenn der Herr einmal sagt, daß Er das Licht der Welt sei, und
hier nun zu Seinen Jüngern spricht: ,,Ihr seid das Licht der
Welt", so widersprechen sich diese Worte keineswegs. Jesu
Jünger sind das Licht der Welt ebenso gewiß, wie Er es war.
In der Beziehung, daß Er die Versöhnung für die Sünden der
Welt war, steht Er allein und regiert ohne Mithelfer. Er
trat die Kelter allein. In der Beziehung aber, daß Er durch
Sein Beispiel die Eigenschaften des Wesens Gottes darstellte,
nimmt Er denselben Platz ein, den Seine Gläubigen einnehmen
sollen. Jeder errettete Sünder kann und muß eine Darstellung
der Heiligkeit und Liebe Gottes sein, wie Jesus es auf Erden
war. Gott, der Allerhöchste, hat Seine Gläubigen dazu
ausersehen, das Licht der Welt zu sein.
Viele Eigenschaften Gottes können im Schöpfungswerk
betrachtet werden; unendlich klarer noch sind sie uns
in Seinem offenbarten Worte dargestellt. Aber es sind nur
wenige denkende Gemüter, die das Buch der Natur studieren,
und auch die Schar, die mit Ernst Gottes heiliges Wort
betrachtet, ist verhältnismäßig klein. Der Wandel aber und
das Betragen der Gläubigen sind das Buch, das alle Menschen
lesen. Der Wandel der Christen ist allen denen offenbar, die
sie umgeben. Es bedarf keines begründeten Scharfsinnes, um
ihre Worte und Werke beurteilen zu können. Sowohl Gelehrte
als auch Ungelehrte beachten ihr Verhalten genau. Und
unzählige Menschen würden nie daran gedacht haben, das
offenbarte Wort zu untersuchen, wenn sie nicht dadurch zur
Aufmerksamkeit auf Gott gebracht worden wären, daß sie Sein
Wesen im Wandel Seiner Kinder offenbart sahen. - Wenn die
Kinder der Welt sehen, was die Jünger Jesu durch den Glauben
an das Evangelium geworden sind, dann werden sie oft bewogen,
diesem zu lauschen, es zu untersuchen und es schließlich auch
anzunehmen.
Die Pflicht aller Gemeinden Jesu ist auch die jeder einzelnen
Gemeinde und jedes Gliedes. Jede christliche Gemeinde ist
zum Licht der Welt gesetzt, um Gottes Heiligkeit und Liebe
zu zeigen und dazu zu dienen, Sünder zum Heiland zu locken.
Wenn eine Gemeinde sich nicht als ein solches Licht der Welt
erweist, das in klarem Gegensatz zu der argen, verfinsterten
Welt ringsumher steht, so verdient sie nicht den Namen einer
Gemeinde Jesu. Da nun aber jede Gemeinde aus verschiedenen
Mitgliedern besteht, hängt ihre Beschaffenheit eben auch
von derjenigen der einzelnen Glieder ab. Jedes Mitglied ist
berufen, ein Licht der Welt zu sein, ,,ein lebendiger Brief
Christi, der von allen Menschen erkannt und gelesen wird".
Wenn ein Mitglied der Gemeinde Christi ein solches Licht, ein
solcher lebendiger Brief von dem Gott der Liebe und der
Heiligkeit nicht ist, verliert es sein Recht, derselben
anzugehören. Er ist dann nur ein Schade und schließlich auch
eine Schande für die Gemeinde, wie auch ein vielleicht noch
größerer Schade für die Welt ringsumher.
Liebe Brüder und Schwestern! Steht es so mit jemandem unter
uns? Wir stellen diese Frage nicht, damit nun jemand
umhersehe und mit seinem Urteil über andere herfalle,
sondern, damit jeder Jünger Jesu sich selbst frage: ,,Steht
es so mit mir?" O, daß ein jeder unter euch sich bitten
ließe, aufrichtig zu untersuchen, was gerade bei ihm, seinen
Ansichten oder Worten und Werken, das Reich Christi und die
Ehre Seines Namens hindern kann. Möchte jeder, der sich Jesu
Jünger nennt, in vollem Ernst diese Frage stellen: ,,Was
findet sich bei mir, das dem Lästerer Raum geben und die
Bekehrung der Sünder hindem kann? Bin ich nicht in
irgendeiner Weise Schuld daran, daß ein Mensch das Wort
verachtet, das Christentum für Scheinheiligkeit ansieht?" -
Möchte jeder Christ in dieser Stunde untersuchen, was bei ihm
das Reich Christi hindern kann, und möchte er dann keinen
Augenblick zögern, Rat und Hilfe dagegen zu suchen. Es möge
weh tun, es möge Schmerzen bereiten; aber es ist besser jetzt
als später. Laßt uns nie vergessen, daß der Zweig, der keine
Frucht bringt, abgehauen und ins Feuer geworfen werden soll.
Dies ist nun eigentlich nicht zu denen gesagt, die sich
täglich selbst strafen und richten und jetzt von sich
wegblicken und ganz in Christus einhüllen sollten, daß ihre
Seele in Seiner Gnade die Ruhe und Stärke empfängt, die für
die Heiligung erforderlich sind. Wir reden hier zu denen,
die bei dem Bekennen des Evangeliums leichtsinnig und
nachlässig sind. Von ihnen sagt Luther: ,,Hier taugt es
nicht, auf ihren Mund zu sehen, sondern auf ihren Wandel."
Ja, hier gilt es nicht, daß du schön reden kannst, sondern
ob du auch eine Beweisung des Geistes und der Kraft hast. Es
ist leicht, sich Gottes und Christi zu rühmen. Aber, ob dein
Glaube auch wahr und aufrichtig ist, das soll sich dadurch
beweisen, daß derselbe in deinem Herzen einen heiligen Geist
mit sich bringt, der deinen alten Menschen angreift, bindet
und kreuzigt und dich demütig und liebevoll macht. Du wirst
zwar dennoch hier nie mit deiner Heiligung und Kraft
zufrieden werden, sofern du wach bist und vom Bezauberer
nicht in die Einbildungen der Selbstherrlichkeit verstrickt
worden bist; du wirst vielmehr immer noch deine Sünde mehr
als deine Heiligkeit fühlen. Aber andere werden bezeugen,
und zu lichteren Zeiten wirst du mit dem Apostel bekennen,
daß ,,die Gnade Gottes doch nicht vergeblich an dir gewesen"
sei und daß die wichtigsten Geistesfrüchte, obwohl nicht in
dem Maße, wie du es wünschest, doch deinem Glauben gefolgt
sind.
Herr, laß unser Tun und Leben
Auch dem Deinen ähnlich werden!