Mt 5,6
C.H.Spurgeon
Selig sind, die da hungert und dürstet nach der Gerechtigkeit;
denn sie sollen satt werden. Matth. 5, 6.
Seht ihr den achtbaren Herrn da drüben, der es nie versäumt
hat, jeden Sonntag zweimal die Kirche zu besuchen? Er liest
auch in seiner Bibel und hält Hausandacht. Es geht allerdings
das Gerede, daß er's seinen Arbeitern ziemlich knapp zumißt und
bisweilen sehr streng auf pünktliche Zahlung hält; indessen er
gibt doch jedem das Seine, wenn er auch über diesen Punkt nicht
hinausgeht. Dieser Mann lebt in sehr gutem Einvernehmen mit
sich selbst; wenn er des Morgens aufsteht, drückt er regelmäßig
seinem Ich die Hand und wünscht sich Glück dazu, daß er ein so
braver Mann ist. Er wohnt nach seiner Meinung in einem Hause in
der Hauptstraße und noch dazu in Nr. 1. Wenn ihr mit ihm über
sein Verhältnis zu Gott redet, so sagt er, wenn er nicht selig
würde, so würde niemand selig; denn er ist ja ein streng
reeller Mann und niemand kann ihm etwas Böses nachsagen. Ist er
nicht ein ganz vortrefflicher Mann? Beneidet ihr ihn nicht? -
ein Mann, der eine so gute Meinung von sich hat, daß er sich
für vollkommen hält, oder wenn nicht gerade für vollkommen,
wenigstens doch für so gut, daß er mit ein wenig Hilfe von oben
ganz gut ins Himmelreich einzugehen hofft. Nun gut. Aber seht
ihr dort hinten im Winkel der Kirche ein armes Weib sehen, das
Auge mit Tränen gefüllt? "Treten Sie vor, liebe Frau! Erzählen
Sie uns Ihre Geschichte!" Sie will nicht; sie schämt sich
hervorzutreten und in Gegenwart so achtbarer Leute zu reden.
Indessen bekommen wir doch so viel von ihr heraus: Sie hat
kürzlich entdeckt, daß sie eine große Sünderin ist und nun
möchte sie gern wissen, was sie tun soll, um selig zu werden.
Fragt sie. Sie wird euch sagen, daß sie kein Verdienst vor Gott
habe. Ihre Gedanken lassen sich kurz zusammenfassen: "Ich bin
die vornehmste Sünderin. Ach, daß ich Gnade fände!" Sie macht
sich nie Komplimente über ihre guten Werke, denn sie sagt, daß
sie keine habe; alle ihre Gerechtigkeit kommt ihr vor, wie ein
unflätiges Kleid; sie beugt sich bis in den Staub, wenn sie
betet und möchte auch nicht ihre Augen aufheben gen Himmel. Ihr
meint, die arme Frau sei zu bedauern. Ihr möchtet nicht in
ihrer Stimmung sein. Der andere Mann, den ich eben geschildert
habe, steht auf der höchsten Spitze der Leiter, nicht wahr?
Aber diese arme Frau steht ganz unten. Nun seht, wie das
Evangelium verfährt, wie es die Welt umkehrt. "Selig sind, die
da hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit; denn sie sollen
satt werden." Dagegen empfängt der Mann, der mit sich selbst
zufrieden ist, folgendes Urteil: "Die mit des Gesetzes Werken
umgehen, die sind unter dem Fluch." Zöllner und Huren mögen
wohl eher in's Himmelreich kommen, denn ihr, denn ihr sucht
nicht die Gerechtigkeit, die aus dem Glauben kommt, sondern ihr
sucht es als aus des Gesetzes Werken. Also hier wird wieder,
wie ihr seht, die Welt umgekehrt, und zwar durch die erste
Predigt, die Christus gehalten hat.
J.MacArthur
"Glückselig, die nach der Gerechtigkeit hungern und dürsten,
denn sie werden gesättigt werden" (Matth. 5,6).
Nur Christus kann die tiefsten Bedürfnisse befriedigen.
In jedem Mann, in jeder Frau sind Hunger und Durst von einer
Art, die nur Gott befriedigen kann. Darum sagt Jesus: "Ich
bin das Brot des Lebens: Wer zu mir kommt, wird nicht hungern
und wer an mich glaubt, wird nie mehr dürsten" (Joh. 6,35).
Leider suchen die meisten Menschen ihr Glück an falschen
Orten. Der verlorene Sohn aus Lukas 15 ist ein Beispiel
dafür. Er wandte sich von Gott ab, um sündigen Vergnügungen
nachzulaufen; doch bald entdeckte er, dass die Sünde eine
hungrige Seele nicht sättigen kann. Deshalb ging er wieder
zum Hause seines Vaters, wo ein großes Fest gefeiert wurde -
ein Bild für die Errettung.
Der reiche Tor aus Lukas 12 meinte, das Anhäufen von
Besitztümern sei der Schlüssel zum Glück. So sagte er zu
sich selbst: "Was soll ich tun? Denn ich habe nicht, wohin
ich meine Früchte einsammeln soll ... Dies will ich tun: Ich
will meine Scheunen niederreißen und größere bauen und will
dahin all mein Korn und meine Güter einsammeln; und ich will
zu meiner Seele sagen: Seele, du hast viele Güter liegen auf
viele Jahre. Ruhe aus, iss, trink, sei fröhlich! Gott aber
sprach zu ihm: Du Tor! In dieser Nacht wird man deine Seele
von dir fordern. Was du aber bereitet hast, für wen wird es
sein? So ist, der für sich selbst Schätze sammelt und nicht
reich ist im Blick auf Gott" (Verse 17-21). Im Gegensatz zu
dem verlorenen Sohn kehrte der reiche Tor nie in Buße zu Gott
um. Aus diesem Grund verlor er alles.
Der reiche Tor ist typisch für viele Menschen heutzutage.
Sie lehnen Christus ab und versuchen, die innere Leere mit
weltlichen Vergnügungen aufzufüllen. Die meisten sind sich
des ewigen Verderbens nicht bewusst, dem sie entgegengehen,
wenn sie nicht umkehren.
Alle, die Gott lieben, verwerfen das weltliche Treiben, sie
streben nach Gerechtigkeit und kennen die Erfüllung, die
daraus erwächst, dass man Ihm wohlgefällt. Die ganze
Bergpredigt ist in dem Wort zusammengefasst: "Trachtet aber
zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit!
Und dies alles wird euch hinzugefügt werden" (Matth. 6,33).
Dieses Ziel muss dir stets gegenwärtig sein, bei allem, was
dir heute wieder begegnen wird.
J.MacArthur
"Glückselig, die nach der Gerechtigkeit hungern und dürsten,
denn sie werden gesättigt werden" (Matth. 5,6).
Dein geistlicher Appetit sollte so groß sein wie der nach
irdischer Nahrung.
David war ein Mann nach Gottes Herzen. In Psalm 63,1
schreibt er: "Gott, mein Gott bist du; nach dir suche ich.
Es dürstet nach dir meine Seele, nach dir schmachtet mein
Fleisch in einem dürren und erschöpften Lande ohne Wasser."
Er hatte Umgang mit Gott und kannte den Segen Seiner
Allgenugsamkeit: "Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts
mangeln ... Er führt mich zu stillen Wassern. Er erquickt
meine Seele. Er leitet mich in Pfaden der Gerechtigkeit ...
Dein Stecken und Stab, sie trösten mich" (Ps.23,1 4). Er
ertrug ungerechte Verfolgung um des Herrn willen: "Der Eifer
um dein Haus hat mich verzehrt und die Schmähungen derer, die
dich schmähen, sind auf mich gefallen" (Ps. 69,10).
Davids Eifer für Gott zeigt uns, was der Herr meint, wenn Er
sagt: "Glückselig, die nach der Gerechtigkeit hungern und
dürsten" (Matth. 5,6). Die mit "hungern" und "dürsten"
übersetzten Worte sprechen von heißem Verlangen. Sie stehen
im Partizip Präsenz, was ein andauerndes Vorhandensein
andeutet. Der Gedanke klingt paradox: Das beständige und
intensive Begehren nach Gerechtigkeit wird beständig durch
Christus befriedigt.
J.N. Darby, einer der frühen Führer der Brüderbewegung,
hat gesagt: "Hungrig zu sein reicht nicht aus; ich muss
regelrecht zugrunde gehen durch das Verlangen, das zu
erkennen was in [Gottes] Herzen für mich zu finden ist. Als
der verlorene Sohn hungrig war, ging er, um Schweinefutter zu
essen; als er aber verschmachtete, kehrte er zu seinem Vater
zurück" (Zitiert aus: Martyn Lloyd-Jones, Studies in the
Sermon on the Mount, Vol. 1, S. 81). Wenn du derart
verzweifelt bist, kann dich nur noch Gott satt machen.
Treibt dich dein Verlangen nach Gerechtigkeit zu Christus,
damit Er dich zufriedenstelle? Ich bete dafür, dass auch für
dich das Wort des Psalmisten gilt: "Ich aber, ich werde dein
Angesicht schauen in Gerechtigkeit, werde gesättigt, wenn ich
erwache, in deinem Bild" (Ps. 17,15).
J.MacArthur
"Glückselig, die nach der Gerechtigkeit hungern und dürsten,
denn sie werden gesättigt werden" (Matth. 5,6).
Deine Beziehung zu Gott ist das Maß deiner Gerechtigkeit.
Gerechtigkeit bedeutet "mit Gott übereinstimmen". Wenn du
nach Gerechtigkeit hungerst und dürstest, verlangt dich nach
fortwährender und stets bewussterer Gemeinschaft mit Gott
selbst.
Gerechtigkeit beginnt mit der Errettung und setzt sich in
der Heiligung fort. Nur wenn du aller Selbstgerechtigkeit
entsagst und nach der Errettung hungerst, wirst du von deinen
Sünden gereinigt und in Christus gerecht gemacht. Damit
trittst du in einen lebenslangen Prozess ein, so gerecht wie
Christus zu werden - einen Prozess, der seine Krönung findet,
wenn du vollkommen verherrlicht in Seiner Gegenwart stehst
(Röm. 8,29-30), aber Befriedigung kommt aus der Gemeinschaft
mit Christus und durch das Wachsen in der Gnade.
Du kannst wissen, ob du nach der Gerechtigkeit hungerst und
dürstest, indem du dir einfache Fragen vorlegst. Erstens:
Bist du mit deinem Sündigen unzufrieden? Selbstzufriedenheit
ist ausgeschlossen, wenn du deine Sünden siehst und dich
grämst, Gottes heiligen Forderungen nicht zu entsprechen.
Zweitens: Erfüllen äußerliche Dinge dein Verlangen? Ein
hungriger Mensch ist erst zufrieden, wenn er isst. Ein
durstiger Mensch ist erst zufrieden, wenn er trinkt. Wenn
du nach Gerechtigkeit hungerst und dürstest, kann dich nur
Gottes Gerechtigkeit befriedigen.
Drittens: Hast du Appetit auf Gottes Wort? Hungrigen Leuten
braucht man nicht zu sagen, sie sollten essen. Sie tun es
instinktiv! Geistlicher Hunger wird dich antreiben, dich von
dem Wort Gottes zu nähren, um zu erfahren, was Gott über das
Wachsen in der Gerechtigkeit sagt.
Viertens: Bist du mitten in Schwierigkeiten zufrieden? Eine
hungrige Seele ist zufrieden, einerlei, in welchen Umständen
sie sich befindet, weil sie jede Trübsal als Mittel erkennt,
durch das Gott sie mehr von der Gerechtigkeit lernen lässt.
Wenn du mit Ärger oder Beleidigtsein reagierst, wenn etwa
schiefläuft, suchst du nur oberflächliches Glück.
Schließlich: Sind Hunger und Durst bei dir bedingungslos?
Der reiche Jüngling in Matthäus 19 erkannte die Leere in
seinem Herzen; aber er war nicht bereit, seinen Besitz
aufzugeben. Er hatte Hunger mit Bedingungen.
Christus wird jedes Sehnen deines Herzens völlig befriedigen
und doch wirst du immer mehr von Seiner Gerechtigkeit
begehren. Das ist das gesegnete Paradoxon des Hungerns und
Dürstens nach der Gerechtigkeit.