Matthäus

Mt 4,6 de Wette Da führte ihn der Taufel mit sich in die heilige Stadt, und stellte ihn auf die Zinne des Tempels, und sprach zu ihm: Bist du Gottes Sohn, so laß dich hinab: denn es steht geschrieben (Ps. 91, 11. 12.): Er wird seinen Engeln deinetwegen gebieten, und sie werden dich auf den Händen tragen, auf daß du deinen Fuß nicht an einen Stein stoßest. Matth. 4, 6.

Der Versucher will nochmals Jesu Stolz rege machen, indem er sagt: "Bist du Gottes Sohn", und will ihn dadurch zu einem törichten Wagstück verleiten: er soll sich als Sohn Gottes beweisen, daß er sich im Vertrauen auf Gottes Hilfe mit törichter Vermessenheit und Tollkühnheit in eine augenscheinliche Gefahr begibt. Dazu könnte ihn nur der Ehrgeiz, nicht das Bedürfnis bewegen; es wäre aber doch auch die Selbstsucht, der er so nachgäbe, nämlich die Begierde, seiner Person eine außerordentliche Bewunderung zuzuwenden.

Um Jesus nun zu diesem tollkühnen Schritt zu bewegen, bedient sich der Versucher derselben Waffe, mit welcher dieser die erste Versuchung abgeschlagen hat. Er führt ebenfalls eine Schriftstelle an, und zwar gerade eine solche, welche lehrt, daß man auf Gottes Schutz vertrauen soll; er mißbraucht sie aber, da sie von dem Vertrauen spricht, das man in der Not beweisen soll, in die man ohne seine Schuld geraten ist, nicht von einem solchen Vertrauen, das zur Vermessenheit und Tollkühnheit verleitet, wozu er Jesus verführen will.

Die Antwort (5.Mos. 6, 16) sagt: Gott versucht man, indem man ihn durch Ungeduld und Murren in der Not (wie es die Israeliten oft in der Wüste taten) oder durch tollkühne, gewagte Unternehmungen dazu herausfordert, außerordentliche Hilfe zu leisten und Wunder zu tun, und ihn gleichsam auf die Probe stellt, ob er auch mächtig genug wäre, zu helfen. So sollen wir Vertrauen zu Gott haben, aber kein vermessenes, unvernünftiges, und wollen dabei bedenken, daß man Ihn nicht versuchen darf.

Wir können ebenfalls Gott versuchen, wenn wir unsere Kräfte nicht berechnen und die Umstände nicht erwägen, ohne Klugheit und Besonnenheit etwas unternehmen, was uns in Gefahr bringt, in der wir, ohne ein Wunder, untergehen müssen, und zugleich auf den Beistand und Segen Gottes pochen.

Laßt uns auf Gottes Hilfe hoffen und dabei Mut und Vertrauen zeigen, aber Vermessenheit und Tollkühnheit erkennen und uns davon wegwenden.





Ch.Spurgeon "Bist du Gottes Sohn, so wirf dich hinab." Matthäus 4,6

Der Teufel war bemüht, Zweifel ins Herz des Heilands zu säen. Er flüsterte ihm zu: "Wenn du Gottes Sohn bist . . ."

Der Glaube ist des Christen Stärke. Wer nicht zweifelt, schwankt nicht. Der Unglaube ist die Quelle unserer Schwachheit. Sobald wir beginnen, Mißtrauen gegen Gott zu hegen, beginnen unsere Füße zu gleiten.

Satan weiß: Wenn er in uns Zweifel an der Liebe des himmlischen Vaters, an unserer Wiedergeburt und Kindschaft wecken kann, dann wird er uns sehr bald in seiner Gewalt haben.

Hütet euch vor dem Unglauben! Die, welche den Unglauben rechtfertigen, halten dem Teufel ein Licht.

Nachdem der Teufel die Sohnschaft des Heilands in Frage gestellt hat, folgt die Aufforderung: "Wirf dich hinab."

Dieser Rat sieht aus, als wenn er der törichtste wäre, der gegeben werden könnte. Aber wer das glaubt, zeigt, daß er mit der satanischen List nicht bekannt ist. Der Mensch ist ein seltsames Geschöpf. Es hat Leute gegeben, die sich aus Furcht, arm und hilflos zu werden, zu Tode gehungert haben. Was für eine Zuflucht vor dem Tod der Selbstmord gewähren kann, wäre schwer zu sagen, aber einige haben es versucht. Wenn du am Rande einer Klippe stehst, hast du Angst hinunterzufallen, und dennoch beschleicht dich die wahnwitzige Neigung, dich hinunterzustürzen.

Laßt mich euch eine Form zeigen, in welcher die Versuchung an einige von uns herangetreten ist. Einem Diener Jesu wird ein Amt übertragen, in dem ihn seine Arbeiten und Nöte erdrücken wollen. Da er seine Verantwortung fühlt, fürchtet er, einen Irrtum zu begehen und der Gemeinde zu schaden, der er doch zum Segen sein möchte. Da flüstert ihm der Feind ins Ohr: "Gib es auf! Verlaß deine Stellung!"

Sollte ich zu einem Christen sprechen, der durch diese schreckliche Feuerprobe hindurchgeht, so möchte ich ihn auf den Heiland hinweisen und ihn bitten, Jesus nachzuahmen, der fest und bestimmt dem Feind gegenübertrat.





J.Kroeker Von unseren Versuchungen.

"Und spricht zu ihm: Bist du Gottes Sohn, so wirf dich hinab; denn es steht geschrieben: "Er wird seinen Engeln befehlen über dir, und sie werden dich auf den Händen tragen, dass du deinen Fuß nicht etwa an einen Stein stoßest." Matth. 4,6.

Dieses Wort war vom Feinde sehr geschickt gewählt. Konnte man es doch direkt mit dem vorliegenden Fall in Verbindung bringen. Zwar bezieht sich jene Stelle nicht insbesondere auf den Sohn Gottes, sondern auf die Gläubigen im Allgemeinen! Doch kann man nicht sagen, dass Satan diese Worte missbraucht oder verdreht, indem er die darin enthaltene Verheißung auf Christus anwendet. Was den Gläubigen im Allgemeinen verheißen ist, muss in ganz besonderer Weise auch für Ihn, das Haupt der Gemeinde, Geltung haben.

Doch dies, wozu Satan Jesum jetzt herausforderte, war nicht ein Weg, der ihm vom himmlischen Vater zu gehen bestimmt war und hinsichtlich dessen Er gewiss sein konnte, dass Er auf demselben nicht straucheln sollte.

Diese Art der Schriftauslegung und Schriftanwendung ist auch heute noch eine der Hauptwaffen, die der Versucher gegen uns anwendet. Jeder Missbrauch der gegebenen Verheißungen, jeder religiöse Fanatismus, der sich auf Gottes Wort beruft, jede einseitige Auslegung einzelner Bibelwahrheiten, wodurch andere entkräftet werden, jede gesetzesartige Geltendmachung einzelner Gebote Gottes und Aufträge Christi haben ihren Grund in solcher falschen Schriftanwendung.

Saulus glaubte ein göttliches Recht zu haben, die Christen zu hassen. Er war sogar überzeugt, er täte Gott einen Gefallen, wenn er sie in Kerker und Bande führte und schließlich dem Tode überlieferte. Glaubte er doch, den Buchstaben des Gesetzes für sich zu haben.

Uns mag unsere Berufung auf irgend eine Schriftwahrheit noch so rein vorkommen, ist sie aber der Anstoß zu Handlungen in unserem Leben, die dem Wesen und den Grundgesetzen der uns gegebenen Offenbarung widersprechen, dann können wir überzeugt sein, dass der Feind uns gerade durch ein Wort irrezuleiten sucht. Der von uns erfasste Gedanke ist dann nicht eine Gottesoffenbarung, er ist eine satanische Schriftanwendung, die uns zu einem Fall werden soll.

Daher haben wir auch so vieles Irren in der gegenwärtigen Zeit. Und wohin es bei einzelnen und ganzen Kreisen und Verbänden nach und nach gekommen ist, wenn sie sich nicht von ihrem jeweiligen Irren überzeugen, reinigen und zurechtführen ließen, das zeigen uns die vielen traurigen Kapitel in der Geschichte der Kirche Jesu Christi. Die furchtbare Inquisition des Mittelalters, die mancherlei Christenverfolgungen in Russland, so manche gegenwärtige Knechtung und Einschränkung der wahren biblischen Freiheit des Geistes sind der Beweis, welche Erfolge Satan durch diese Waffe erringt.





J.Kroeker Von unseren Versuchungen.

"Und der Teufel sprach zu Ihm: Bist Du Gottes Sohn, so wirf Dich hinab, denn es steht geschrieben: Er wird seinen Engeln befehlen über Dir und sie werden dich auf ihren Händen tragen, dass du deinen Fuß nicht etwa an einen Stein stoßest." Matth. 4,6.

Der Herr wohnt nicht mehr in Heiligtümern von Stein erbaut. Er schafft sich durch den heiligen Geist aus lebendigen Steinen einen geistlichen Tempel. Zwar dienen uns unsere Räumlichkeiten wie Kirchen, Kapellen, Bethäuser, Schulen als Stätte der Sammlung, Erbauung und Anbetung. Sie sind aber nicht mehr das eigentliche Heiligtum Gottes. Des Herrn Haus und Tempel ist gegenwärtig die aus lebendigen Steinen sich erbauende Kirche Jesu Christi.

Aber auch dieser geistliche Tempel schützt nicht vor den Versuchungen. Satan hat Zutritt auch zu diesem Heiligtum. Noch ist keine Gemeinde oder Gemeinschaft, auch kein einziges Glied derselben unversucht geblieben. Von allen Vollendeten heißt es, dass sie "überwunden" haben. Der Überwindung sind aber die Versuchungen und die Kämpfe des Lebens voraufgegangen.

Zwar hat die Gemeinschaft der Heiligen ihre unschätzbaren Segnungen. Darüber sollte sich niemand täuschen. Sie kann in der Hand Gottes ein wunderbares Mittel sein, uns in der Stunde der Versuchung zu bewahren. Sie überhebt uns aber nicht derselben. "Wachet und betet" bleibt daher auch an geweihter Stätte die Losung aller, die unseres Heilandes Jesu Christi sind.

In sehr feiner Weise versteht Satan selbst die Heilige Schrift mit in die Versuchung hineinzuziehen. Er begründet das Hinuntersteigen des Sohnes Gottes mit einem Wort aus Psalm 91: "Denn es steht geschrieben: Er wird seinen Engeln über dir Befehl tun, und sie werden dich auf Händen tragen."

Es war dem Verführer in der Wüste nicht entgangen, dass der Herr sein ganzes Vertrauen auf das setzte, was der himmlische Vater geredet und versprochen hatte. Auf ein Wort der Heiligen Schrift hatte Jesus in der Wüste seine Weigerung gegründet, Steine in Brot zu verwandeln. Ein Wort derselben Heiligen Schrift ist es hier, das ihn dazu bewegen soll, in die Versuchung, die jetzt in sein Leben tritt, einzuwilligen.

Der Teufel scheute sich nicht, auch heilige Mittel unheiligen Zwecken dienstbar zu machen. Er entweiht auch das Heiligste, selbst die Offenbarung Gottes, um dadurch zur Versuchung zu werden. In seiner Beleuchtung soll Gottes Sprechen zur Verführung, Gottes Gabe zum Fluche werden. Ein rein formales Sich-verlassen aufs Wort brachte uns daher auch nie den verheißenen Segen des Wortes. Auch das Wort kann uns allein dann zum Inhalt unseres Glaubens und zur Grundlage unseres Handelns werden, wenn es im Dienst Gottes für uns steht.