Mt 4,3
J.Kroeker
Von unseren Versuchungen.
"Und der Versucher trat zu Ihm und sprach: Bist du Gottes
Sohn, so sprich, dass diese Steine Brot werden!" Matth. 4,3.
Bei Jesus waren es drei Dinge, die dem Satan als Position für
seine Versuchung dienten: Das Zeugnis des Vaters vom Sohne
während der Taufe, dann die Wüste, in der kein Brot zu
verschaffen war, und zuletzt der eingetretene Hunger, den
Jesus nach seinem Fasten hatte. Professor Schlatter macht
nun darauf aufmerksam, dass der Versucher nicht die
Gottessohnschaft Jesu habe in Frage ziehen wollen, da Ihn
hungerte. Er setzt diese einfach voraus. Die Schilderung
der ersten Versuchung "empfängt nicht ihren Antrieb in der
Frage, ob Jesus die Gottessohnschaft habe, sondern beginnt
mit der Aussage, dass Er sie hat". "Was Jesus zugemutet
wird, sind Entschließungen, durch die Er seine Verbundenheit
mit Gott missbrauchen würde. Ein Sohn Gottes, der aus der
Abhängigkeit von Gott herausträte und eigenmächtig handelte,
würde Satanisches offenbaren."
Mit dieser Schilderung der Vorgänge der ersten Versuchung
hat Matthäus ferner festgestellt, dass "die Lösung von der
natürlichen Ordnung durch eine eigenmächtige Schöpfertat als
der Austritt aus der Abhängigkeit von Gott" angesehen werden
muss. Sie muss "als die Preisgabe des Vertrauens zu Gott
verworfen" werden. "Das wäre nicht Glaube, nicht Ehrung
Gottes, sondern Erhebung des eigenen Willens zu der unser
Leben regierenden Macht. Damit hat Matthäus für das ganze
Wirken Jesu festgestellt, dass das selbstische Wunder in
allen Lagen für Jesus unmöglich war, nicht, weil Er nicht
der Sohn Gottes war, sondern weil Er es ist."
Diese Wesenszüge der ersten Versuchung in ihren
mannigfaltigsten Formen sind auch uns vertraut. Gewonnene
Erkenntnis, Kräfte des Glaubens, Vollmachten des Geistes
sollen in gegebenen Stunden in den Dienst unseres Willens
gestellt werden. Damit aber wird unsere Glaubensabhängigkeit
von Gott aufgehoben. Das ist aber "satanisch", sagt
Schlatter. Damit wird auch der fromme Mensch mit dem
Reichtum der im Umgang mit Gott gewonnenen Erkenntnis und mit
seinen schöpferischen Kräften des Geistes wieder Herr seiner
selbst. Bestand seine Erlösung darin, dass er als gefallenes
Geschöpf und als Ebenbild Gottes wieder in die Abhängigkeit
des Kindes vom Vater gelangte, so besteht sein Fall darin,
dass er als Sohn die vom Vater ihm werdenden Güter wieder
selbst verwalten will. Das ist aber der Weg zum "verlorenen
Sohn" auch innerhalb der Jüngergemeinde von heute.