Sach 3,4
S.Keller
Sacharja 3, 4: «Siehe, ich habe die Sünde von dir genommen
und habe dich mit Feierkleidern angezogen.»
Wie die Leute es eigentlich anfangen, ohne tägliche
Sündenvergebung auszukommen, wird mir, je älter ich werde,
desto verwunderlicher. Dabei kann ich doch nicht behaupten,
daß die Tatsünden in meinem Alter zunehmen! Nein, sie werden
seltener. Aber die Empfindung für Wahrheit, Liebe, Reinheit
und Demut wird schärfer von Jahr zu Jahr, und während die
Sehkraft der leiblichen Augen langsam abnimmt, werden die
geistlichen Sinne immer schärfer. Wie kann ich abends damit
zufrieden sein, das Kleid meiner Gerechtigkeit selbst
auszubürsten und es für morgen als ein Feierkleid fertig über
den Stuhl zu hängen! Der Staub des Alltags fliegt wohl
heraus, aber die Flecken im Stoff bleiben doch, und diese
machen mich müde und verzagt. Wenn ich Jesu Gnade nicht
hätte, die zu mir spricht: "Ich habe die Sünde von dir
genommen und habe dir für den morgenden Tag ein neues, reines
Feierkleid fertiggestellt" - ich wüßte nicht, wie ich ruhig
einschlafen und wie ich fröhlich den neuen Kampf am Morgen
wagen sollte. Darum bleibe ich an meinem Heiland hängen und
klammere mich an die tägliche Wirkung der Sündenvergebung
durch sein Blut. Darum ist mir jeder Abend ein Bild und
Prophet des letzten Abends, des Sterbens.
Wasche mich, Herr Jesu, heilige mich und entsündige du mich!
Ich will in deiner Gnade bleiben und von deiner Gnade leben,
bis ich bei dir in deiner Herrlichkeit keiner Vergebung mehr
bedarf. Amen.