Jon 2,10
W.MacDonald
»Bei dem Herrn ist Rettung.« Jona 2,10
Wir alle kennen übereifrige »Seelengewinner«, die rastlos
umherjagen, ahnungslose Kandidaten am Schlips festhalten, mit
ihnen ein Formular zur Seelenrettung durchgehen und sie so
lange bedrängen, bis sie schließlich ein Bekenntnis ablegen,
nur um diesen unangenehmen Menschen endlich loszuwerden. Der
hakt dann wieder einen Bekehrten ab und sieht sich nach
weiteren Häuptern um, die er später zählen kann. Ist das
wirklich Evangelisation? Nein, das müssen wir wohl zugeben.
Das ist eher eine Form religiöser Belästigung. Wie jeder
Dienst, der nur mit der Energie des Fleisches betrieben wird,
richtet er mehr Schaden an als er Gutes hervorbringt. John
Stott hat schon recht, wenn er schreibt: »Jesus Christus hat
die Schlüssel. Er öffnet die Türen. Deshalb wollen wir
nicht gewaltsam und auf eigene Faust durch die Türen
einbrechen, die noch verschlossen sind. Wir müssen schon auf
Ihn warten, daß Er Türen vor uns öffnet. Der Sache Christi
wird immer wieder geschadet durch ein gefühlloses oder
aufdringliches Zeugnis. Bestimmt ist es richtig, wenn man
sich bemüht, die Freunde und Verwandten zu Hause und an
der Arbeitsstelle für Christus zu gewinnen. Aber wir haben
es dabei manchmal eiliger als Gott. Sei geduldig! Bete
inständig und liebe viel und warte dann hoffnungsvoll auf
die Gelegenheit für ein Zeugnis.« Wir stimmen vielleicht in
vielen Punkten nicht mit der Lehre von Dietrich Bonhoeffer
überein, aber wir sollten uns die folgenden Worte von
ihm doch zu Herzen nehmen: »Das Wort des Heils hat seine
Grenzen. Ein Mensch hat weder die Macht noch das Recht,
es anderen aufzuzwingen... Jeder Versuch, das Evangelium
einem Menschen mit Gewalt überzustülpen, hinter den Leuten
herzurennen, um sie zu bekehren und unsere ganze Findigkeit
einzusetzen, um die Errettung anderer Menschen zustande
zu bringen, ist sowohl nichtig als auch gefährlich...
Wir werden dann nur der blinden Wut von verhärteten und
verdunkelten Herzen begegnen, und das ist zwecklos und
schädlich. Unser leichtfertiger Umgang mit dem Wort der
billigen Gnade langweilt die Welt bis zum Ekel, so daß sie
sich schließlich sogar gegen die wendet, die versuchen,
ihr etwas aufzuzwingen, was sie nicht haben will.« Eine
wirkliche Bekehrung ist das Werk des Heiligen Geistes. Sie
kommt nicht »aus dem Willen des Menschen«, das heißt, daß
ein Mensch sie aus eigener Anstrengung nicht hervorbringen
kann, mag er auch noch so gute Absichten haben. Leute, die
zu einem Bekenntnis zu Jesus Christus gedrängt werden,
ohne selbst voll und ganz zuzustimmen, werden enttäuscht,
unzufrieden und schließlich oft sogar zu Feinden des Kreuzes
Christi. Es ist eine der großartigen Erfahrungen des Lebens,
wenn der Heilige Geist uns bei der Rettung eines anderen
Menschen gebraucht. Aber es wirkt eigenartig und abstoßend,
wenn wir versuchen, das aus unserer eigenen Kraft heraus zu
vollbringen.