Hos 2,21
J.Kroeker
Von der Erkenntnis Gottes.
"Ich will mich mit dir verloben auf ewig und will mich dir
verloben in Gerechtigkeit und Recht, in Gnade und Erbarmen
und will dich mit mir verloben in Wahrheit und du wirst den
Herrn erkennen." Hos. 2,21 f.
Hoseas Mission galt einst der Liebe Gottes. Sie ist ihm
stark wie der Tod. Sie stellt auch das sündige Volk unter
die Vergebung und dessen Gericht unter die Gnade. Zwar war
auch sein Protest gegen Israels kultische Gottesverehrung und
fleischliche Sicherheit, gegen Israels sinnliche
Leidenschaften und soziale Ungerechtigkeiten nicht weniger
scharf und stark als der eines Amos. Der Blick für die
vergebende Liebe, die in ihrer schöpferischen Kraft auch aus
Schuld und Gericht zu erlösen vermag, hatte ihn nicht blind
gemacht gegen die herrschenden Kräfte der Ungerechtigkeit,
die Nordisrael so zersetzt hatten, dass es im kommenden
Gerichtssturm der Geschichte zusammenbrechen musste.
Gerade in der Persönlichkeit eines Hosea erkennen wir,
dass vermehrtes Licht über Gott auch entsprechend tiefere
Erkenntnis von der Macht sozialer Ungerechtigkeit, der
Gefahr politischer Selbstberauschung und dem Trug religiöser
Selbstsicherheit wirkt. Führte doch noch immer höhere
Erleuchtung zu tieferer Erfassung menschlicher Verantwortung
und persönlicher Schuld vor Gott und der Geschichte. Wo
diese Frucht der Erleuchtung verleugnet wurde, da gereichte
sie ihren Trägern zum Verderben. Wen Erwählung nicht
heiligt, der berauscht sich an ihr zu seinem Gericht. Es
hatte daher niemand bisher so tief die Untreue Israels
erfasst, wie Hosea, dieser Dolmetscher einer vergebenden und
obsiegenden Gottesliebe. Hosea ist es, der zum ersten Mal
die Untreue Israels Gott gegenüber als "Hurerei" bezeichnete.
Und den Herrn bezeichnet er am liebsten mit dem Ausdruck
"heilig". Aber auch die Heiligkeit Gottes wird ihm getragen
von dem Grundwesen Gottes: Von der vergebenden Liebe. So
stark die Liebe auch sein muss im Verwunden, sie ist größer
noch im Verbinden und Heilen. Denn der Gott, der die
Gerichte der Geschichte zulässt, ist größer als jedes Gericht
der Geschichte. Er macht die Wüste und das Tal Achor als
Unglückstal zu einem Tor der Hoffnung 1). Gericht wird zum
Leben, Tod zur Auferstehung, Untergang zum Anfang, wenn Er in
seiner Souveränität sie erst in den Dienst seiner vergebenden
Liebe ziehen kann. Hosea ist seiner prophetischen Mission
nach daher am verwandtesten jenem großen, viel späteren
Apostel der Nationen, der auf neutestamentlichen Boden die
ganz große Botschaft in die Welt tragen konnte: "Wo die
Sünde mächtig geworden ist, da hat sich die Gnade als weit
mächtiger erwiesen" 2).
1) Hos. 2,16 f. 2) Röm. 5,20.