Daniel

Dan 6,11 Ch.Spurgeon "Als nun Daniel erfuhr, daß das Edikt unterschrieben sei, ging er hinauf in sein Haus . . .und er fiel des Tages dreimal auf die Knie nieder, betete und dankte vor seinem Gott, ganz wie er vordem zu tun pflegte." Daniel 6,11

Der König Darius ordnete an, daß dreißig Tage lang kein Mensch beten dürfe. Nachdem dieses Gesetz erlassen war, standen Daniel mehrere Wege offen. Er hätte sagen können: "Dies geht mich nichts an; ich habe eine hohe Stellung in der Gesellschaft. Ich bin Aufseher über ein großes Land, und obwohl ich willig bin, für meinen Glauben zu leiden, kann doch Gold zu teuer erkauft werden, und deshalb will ich lieber aufhören zu beten."

Er würde viele Vorgänger und viele Gefährten gefunden haben. Wie viele haben, wenn es zur Entscheidung zwischen Leben und Wahrheit, zwischen Ehre und Christus kam, eine schlechte Wahl getroffen und sind elend umgekommen!

Daniel hätte auch sagen können: "Man muß klug vorgehen. Gott muß selbstverständlich angebetet werden, aber es liegt kein besonderer Grund vor, weshalb ich es da, wo ich wohne, tun sollte. Ich kann mich abends zurückziehen und eine verborgene Stelle aufsuchen. Zumindest kann ich bei geschlossenen Fenstern beten; das wird Gott sicher gefallen."

Daniel machte solche Gründe nicht geltend. Er war ein beherzter Mann und verschmähte es, sein Banner angesichts des Feindes zu senken. Wenn er in seiner Stellung nicht gebetet hätte wie vorher, so wäre er ein Anstoß für die Schwachen und ein Hohn für die Gottlosen geworden. Jeder arme Jude im babylonischen Reich hätte eine Entschuldigung gehabt, seine Grundsätze aufzugeben, und die Gottlosen würden gesagt haben: "Er dient seinem Gott, solange alles gut geht. Aber seht nur, wie er sein Fähnchen nach dem Wind dreht, wenn die Not kommt!" Daniel versteckte seine Gottesfurcht nicht, als die Klugheit es empfahl.

Es hätte ihm der Gedanke kommen können, daß er ja innerlich beten könne. Gebete ohne gesprochene Worte sind ebenso angenehm vor Gott. Aber Daniel empfand, daß er das nicht tun dürfe, weil weder das Gesetz noch des Königs Widerstand innerlich war.





J.Kroeker Über unseren Glaubensumgang mit Gott.

"Als nun Daniel erfuhr, dass das Edikt unterschrieben wäre, ging er hinauf in sein Haus; - er hatte aber in seinem Obergemach offene Fenster gen Jerusalem -; und er fiel des Tages dreimal auf die Knie nieder, betete und dankte vor seinem Gott, ganz wie er vordem zu tun pflegte." Dan. 6,11.

Dies Zeugnis gehört mit zu dem Schönsten, das wir über den Propheten wissen. Es lässt uns die Quelle sehen, aus der Daniel sein geweihtes und bewährtes Leben nährte. Es ist uns wohl schon gelegentlich aufgefallen, dass die Schrift auf das Leben dieses Propheten eigentlich keinen Schatten fallen lässt. Rein bleibt sein jugendliches Alter. Treu ist er in seinem Dienst am babylonischen Hof. Mit göttlicher Offenbarung dient er seiner heidnischen Umgebung. Er löst die Fragen, die sonst kein Weiser seiner Zeit lösen konnte. Daniel bleibt bewährt in den großen Proben und Kämpfen, die über sein Leben und seine Seele gehen. Selbst in seinem hohen Alter, in dem er im sechsten Kapitel vor unserer Seele steht, war sein Leben so harmonisch, so abgeklärt und so voll tiefer Ruhe, dass er nichts Außergewöhnliches tat, als er von dem Edikt erfuhr, das vom König Darius unterschrieben worden war. Wir hätten wohl geglaubt, dass er sich angesichts der großen Probe, die für ihn kam, in besonderer Weise hätte in die Stille zurückziehen müssen, um sich für den schweren Kampf vorzubereiten, der vor ihm lag. Er jedoch tat es nicht, und zwar weil er nichts vorzubereiten hatte. Seine Seele und sein Leben standen in ungetrübtem Umgang mit Gott. Er bedurfte nicht einer neuen innerlichen Einstellung auf Gott hin, als er sich einer neuen, schweren Glaubensprobe gegenübergestellt sah.

Man fragt sich da: woher kam dem Daniel eine so tiefe Sabbatstille mitten in den größten Stürmen und Kämpfen seines Lebens? Er war doch Fleisch von unserem Fleisch, hatte Dienst, wie auch wir ihn zu tun haben, bewegte sich doch in einer geistigen Atmosphäre, die sich vielfach wie ein Mehltau auf seine reine Seele legen musste. Unser Vers gibt uns die Antwort: Sein Leben floss aus dem Umgang mit Gott. Sein Glaube wurde genährt durch die Gemeinschaft mit Gott. Solch ein Glaube jedoch altert nicht. Wer in Gott seine Stärke gefunden, geht von Kraft zu Kraft. Die ihre Lebenswurzeln oben haben, werden hier unten grünen wie ein Palmenbaum. Noch im Alter tragen sie Frucht, sind saftig und frisch und legen durch ihr Leben und Dienen Zeugnis davon ab, wie treu Gott ist 1). Ihr Leben wird stets zu einer neuen Schau Gottes. In ihrer Schwachheit sehen sie Gott in seiner Kraft, in ihren Nöten erleben sie Ihn als ihre Hilfe und Rettung.

1) Psalm 92,16.