Dan 5,22
J.Kroeker
Von seinen Gerichten.
"Du aber, sein Sohn Belsazar, hast dein Herz nicht
gedemütigt, trotzdem du das alles wusstest, sondern du hast
dich über den Herrn des Himmels erhoben, und man hat die
Gefäße seines Hauses vor dich gebracht." Dan. 5,22 f.
Als der König ausgeredet hatte, sah sich Daniel zu der obigen
Bußpredigt genötigt. Wenn man diese liest, dann gewinnt man
den Eindruck, so kann nur jemand reden, der sich seiner
ganzen, vollen Verantwortung vor Gott und auch vor Menschen
bewusst ist. "Behalte deine Gabe für dich und gib deine
Geschenke einem anderen!" antwortete Daniel im tiefen
Bewusstsein seiner göttlichen Sendung. Botschaften von Gott
sind nicht käuflich und der heilige Ernst göttlicher
Gerichtsankündigungen kann nicht durch Geschenke gemildert
werden. Das waren in der Geschichte noch immer falsche
Propheten, die wie Bileam vom Moabiterfürsten Balak gedungen
werden konnten.
"Aber die Schrift will ich dem Könige gleichwohl lesen und
auch sagen, was sie bedeute", antwortete Daniel weiter.
Denn Prophetenaufträge sind nicht abhängig von der Gunst
oder Ungunst der Mächtigen auf Erden. Belsazar, mein
Prophetendienst und meine Prophetenvollmacht wurden mir nicht
von deiner Macht und deiner Gunst. Sie wurden mir aus einer
weit höheren Quelle. Von dieser kommend, stehe ich vor dir.
Wohl hast du mich rufen lassen, aber "o König, Gott der
Allerhöchste" hat dir etwas zu sagen, wie Er deinem Vater
etwas zu sagen hatte. Er hat deinem "Vater Nebukadnezar
Königtum, Majestät, Ehre und Herrlichkeit verliehen; und
wegen seiner Majestät, die Er ihm gab, zitterten und bebten
vor ihm alle Völker, Stämme und Zungen ... Als sich
aber sein Herz erhob und sein Geist stolz ward bis zur
Vermessenheit, musste er von seinem königlichen Throne
heruntersteigen und seine Würde ward von ihm genommen."
Mit dieser Schilderung erinnert Daniel den König noch einmal
an die große und glanzvolle Zeit der Regentschaft seines
Vaters. Aber anstatt dass Nebukadnezar sich durch die Güte,
die ihm von Gott geworden war, zur Buße und zur Beugung vor
dem Allmächtigen leiten ließ, erhob sich sein Herz und sein
Geist verstieg sich bis zur Vermessenheit. Gottes Gaben
wurden von ihm in Fluch verwandelt. Das führte ihn in ein
furchtbares Gericht. Aber das Gericht fand seine Grenze:
"Bis er erkannte."
Dass Daniel diese Einzelheiten auch dem Belsazar vor dessen
erschütterte Seele führte, darin lag das Evangelium, das Gott
auch mit dieser Gerichtsverkündigung noch verband. Auch
Belsazar sollte noch eine letzte Frist der Gnade empfangen,
um sich zu entscheiden, ob er den Weg der Beugung gehen oder
ob er in seiner widergöttlichen Gesinnung verharren wolle.