Jer 29,13
J.Kroeker
Von seinen Gerichten.
"Ihr werdet mich suchen und finden, denn ihr werdet mich
von eurem ganzen Herzen suchen. Und Ich werde mich von euch
finden lassen, spricht der Herr, und euer Gefängnis wenden."
Jer. 29,13 f.
Es hat in der Geschichte je und je sehr dunkle Zeiten
gegeben. In ihnen schwieg Gott und sprach der Mensch. Darum
waren sie so dunkel. Gerichtszeiten waren immer die letzte
Frucht menschlichen Handelns ohne Gott. Sie waren die letzte
Kraftentfaltung einer menschlichen Gesinnung, die sich
dauernd dem göttlichen Lichte entzog. Denn göttliche
Aktivität führt nie zum Gericht, sie führt immer zur
Erlösung und zum Leben. In allen Lebensäußerungen Gottes
liegt schöpferische Kraft. Mit ihnen begann immer ein neuer
Morgen im Herzen und in der Geschichte der Menschheit.
Auch die Zeiten göttlichen Schweigens tragen nicht Vergeltung
in sich, auch sie werden beherrscht von der göttlichen Liebe.
Nun vollzieht sich aber Erlösung vielfach erst auf Grund
eines Falles. Denn in der Regel kommt der Mensch angesichts
seines Falles zum Bewusstsein seines Handelns ohne Gott.
Erst wenn der Mensch erkennt, wohin ihn seine Gesinnung und
sein Tun geführt hat, zeigt er sich bereit, sein Innenleben
und sein Handeln, die ihn in die Gerichte führten, völlig
umzustellen. In seinem Fall erschöpfte sich der Mensch in
seiner eignen Kraft, durch die er sich selbst zu beglücken
suchte.
War der Fall tief genug, d.h. mhat sich der Mensch in seiner
Macht und in seinen Mitteln völlig ausgegeben, dann wird er
hinfort zu seinem Heil und seiner Erlösung Den handeln
lassen, den er in den Tagen seiner ungebrochenen Gesinnung
nicht handeln ließ. Er wird schweigen und Gott reden lassen.
War der Fall jedoch nicht tief genug, verfügte der Mensch
auch nach seinem Fall noch über Reserven von Kraft und
Mitteln, so wird er zunächst auch auf dem Boden seines Falles
Gottes Handeln aufs Neue ausschalten. Er wird über neue
Wege und Ziele sinnen, sich zu ganz neuer Kraftentfaltung
aufraffen, weil er auf diesem Wege zu finden hofft, was ihn
aus dem Gericht befreit und glücklich macht. Aber sein neuer
Weg muss nur zu einem tieferen Fall und die vermehrte
Kraftentwicklung zu einem schwereren Gericht führen. Denn
Erlösung liegt nur im Einswerden mit Gott: in jenem
Sich-einstellen auf Gottes Verheißungen, auf Gottes Gedanken
und Ziele, was Jesus so unvergleichlich schön in die Bitte
gekleidet hat: "Dein Wille geschehe, wie in den Himmeln, also
auch auf Erden!"
In der Regel ließ der Mensch sich aber erst dann in das
Handeln Gottes hineinziehen, nachdem er erkannte, dass sein
Leben an dem eigenen Wollen zerbrechen müsse. Erst durch
Gericht ließ er sich in jenes Leben der Gemeinschaft mit Gott
hineinziehen, das hinfort seiner Seele das geben konnte,
wonach er sich längst in seinem Ringen gesehnt hatte.