Jeremia

Jer 9,1 S.Keller Jerem. 9, 1: «Ach, daß ich eine Herberge hätte in der Wüste, so wollte ich mein Volk verlassen und von ihnen ziehen.»

Wer hätte nicht unter schwerem Druck des Augenblicks schon so oder ähnlich empfunden: Ach, daß ich eine Herberge in der Wüste hätte! Wie gern würde man all das Belastende, die täglichen Entscheidungen und Enttäuschungen, all das Getriebe verlassen, um einmal volle tiefe Stille zu haben und auf das Geheimnis seines Gottes lauschen zu können. Da sollten die braunen Knospenschleier der Birken im Frühling und die zarten hellgrünen Spitzen der Buchenblätter mir predigen, und ich wollte mein Haupt an den Busen der erwachenden Erde legen und träumen wie einst als Kind! ,,Aber", würde Jesus sagen, ,,wie soll die Schrift erfüllt werden?" Wie könnte ich dann meinen Charakter ausbilden? Wie würde ich in solchen Träumen meine Kraft entwickeln? Wie könnte ich da meinen Brüdern helfen, die mit wunder Seele weiter ihre Ketten tragen? Also weg mit der Weichheit und Feigheit solcher Stimmung! Und wenn einer käme und sagte: da geht der Weg zu solcher Herberge! müßte ich antworten: Hebe dich weg von mir, Versucher! Wie sollte ich ein so großes Übel tun und meine Arbeit in der Welt verlassen und die Schwielen meiner Seele scheuen! Ich habe lieb die Welt, die Jesus der Darangabe seines Lebens wert geachtet hat!

Herr Jesus, erstgeborener Bruder, neige dich zu deinem schwachen kleinen Bruder und hauche ihm die Kräfte deiner Liebe ein! Lehre mich täglich sterben für mein Volk, wie du es getan hast um meinetwillen. Amen.