Jer 6,14
Ch.Spurgeon
"Und sie heilen den Schaden der Tochter meines Volkes
leichthin, indem sie sprechen: 'Friede, Friede!' wo doch
kein Friede ist." Jeremia 6,14
Es gibt eine Klasse von Menschen, von denen man nicht sagen
kann, daß sie besonders leichtfertig oder ungläubig sind, die
aber entschlossen sind, sich um nichts zu kümmern. Ihr Motto
ist: "Lasset uns essen und trinken, denn morgen sind wir
tot." Ich möchte euch heute ein Bild von einem solchen
Menschen malen. Dort drüben im Haus wohnt ein Bauer. Es
herrscht tiefe Nacht. Diebe sind im Begriff einzubrechen.
Sie werden weder sein Leben noch seine Güter schonen. Unten
im Hof liegt ein Hund angekettet; er bellt, bellt und heult.
"Ich kann nicht ruhig schlafen", sagt der Landmann, "mein
Hund macht solchen Lärm." Der Bauer kriecht aus dem Bett,
nimmt die geladene Flinte, öffnet das Fenster, legt an und
erschießt seinen Hund. "So", brummt er, "nun ist es gut." Er
geht wieder zu Bett und liegt ganz ruhig da. "Jetzt kann ich
sicher schlafen", sagt er, "denn ich habe den Hund getötet."
Ach, hätte er doch auf die Warnung des treuen Tieres gehört!
Bald wird er das grausame Messer fühlen und seine
todbringende Torheit bereuen.
So macht ihr es, wenn euer treues Gewissen sein Bestes tut,
euch zu retten - ihr tötet euren einzigen Freund, während der
Satan und die Sünde an dem Bett eurer Trägheit heraufklimmen,
um eure Seele auf ewig zu ermorden. Was würden wir von dem
Seemann denken, der alle Sturmvögel in dem Glauben erschießt,
daß es dann keinen Sturm mehr gibt? Würdet ihr nicht sagen:
"Welch ein Tor! Diese Vögel werden von der gütigen Vorsehung
gesandt, um ihn vor dem Sturm zu warnen. Warum bringt er sie
um? Sie sind doch nicht zu fürchten, sondern der Sturm und
die tobende See." So ist nicht dein Gewissen an dem Aufruhr
in deinem Herzen schuld, sondern deine Sünde. Dein Gewissen,
das treu seine Aufgabe erfüllt, sagt dir nur, daß bei dir
nicht alles in Ordnung ist. O erwacht, ihr Schläfer, und
hört auf euer Gewissen!
Ch.Spurgeon
"Sie heilen den Schaden der Tochter meines Volkes leichthin,
indem sie sprechen: 'Friede, Friede!' wo doch kein Friede
ist." Jeremia 6,14
Prediger, welche die Seelen in falschen Frieden wiegen, laden
eine furchtbare Schuld auf sich. Ich kann mir keinen
Menschen mit größerer Blutschuld beladen vorstellen als den,
der dem höllischen Löwen Beute zuführt, indem er den Menschen
schmeichelt. Ein Arzt, der einem Krebskranken fortwährend
Gift einflößt, wäre ein nicht halb so großes Ungeheuer von
Grausamkeit wie der vorgebliche Diener Christi, der seiner
Gemeinde Trost zuspricht, wenn er statt dessen zu predigen
hätte: "Wehe den Sorglosen in Zion!" Der Steuermann, der
vorgibt, das Schiff in einen bestimmten Hafen zu steuern,
sich aber damit beschäftigt, Löcher in den Boden zu bohren,
damit es versinke, ist kein größerer Verräter als der Mann,
der das Steuerruder einer Gemeinde ergreift unter dem
Vorwand, Christus anzusteuern, während er sie zugrunde
richtet, indem er die Wahrheit verwässert und die Menschen
mit süßen und schmeichelhaften Worten einschläfert. Wir
können noch eher dem Mörder verzeihen, der uns unter dem
Schein der Freundschaft die Hand reicht und uns dann durchs
Herz sticht, als dem Mann, der mit glatten Worten zu uns
kommt und sich als Botschafter Gottes ausweist, aber in
Wirklichkeit Empörung gegen Gott in unsere Herzen sät und
uns beruhigt, wenn wir in Auflehnung gegen die Majestät
Gottes dahinleben.
Der Beweggrund solcher falschen Propheten war nichtswürdig.
Sie predigten sanft, weil das Volk es so gern hatte, weil
sie sich dadurch einen Namen machten und ihrer Mühle Korn
zuführten. Solche Verräter des Kreuzes Christi richten sich
nicht nur selbst zugrunde, sondern reißen auch andere mit auf
den Weg zur Hölle.
Ch.Spurgeon
"Sie heilen den Schaden der Tochter meines Volkes leichthin,
indem sie sprechen: 'Friede, Friede!' wo doch kein Friede
ist." Jeremia 6,14
Die Person, mit der wir es heute zu tun haben, ist der Mann,
der Frieden hat, weil er sein Leben in einem beständigen
Kreis von Lust und Frivolität zubringt. Kaum verläßt du
einen Vergnügungsort, so willst du schon wieder zu einem
anderen. Du weißt, daß du niemals glücklich bist, wenn du
dich nicht in lustiger Gesellschaft befindest, wo die frivole
Unterhaltung die Stimme deines Gewissens übertönt. Gleich
Saul, dem gottverlassenen König, hast du einen unruhigen
Geist und forderst darum Musik, nicht nur um den Sturm, der
in deiner Seele tobt, zu stillen, sondern auch die Mahnungen
deines Gewissens eine Zeitlang zu beschwichtigen. Aber
während die Töne großartiger Kompositionen dich aufwärts
tragen, bitte ich dich, nicht zu vergessen, daß dich deine
Sünden zur Hölle hinabführen. Wenn dich die Musik nicht
befriedigt, forderst du so viel Alkohol, bis deine Seele
starr und gefühllos geworden ist wie ein Stein. Du wunderst
dich dann, daß du Frieden hast. Warum wunderst du dich
darüber? Jeder Mensch hat Frieden, wenn sein Herz steinhart
geworden ist! Welches Unwetter sollte er fühlen? Welche
Stürme könnten die Grundfesten eines Granitfelsens bewegen?
Du brennst dein Gewissen aus und wunderst dich dann, daß es
nichts fühlt. Wenn dich Musik und Alkohol im Stich gelassen
haben, wirst du den Tanz aufsuchen, und die Tochter der
Herodias wird dem Herodes wohlgefallen, auch wenn er das
Haupt Johannes des Täufers als Preis bezahlen muß. Welchen
Preis bezahlst du für deine Lust? Ewige Qual für eine Stunde
Fröhlichkeit! Trennung von Gott für wenige Tage der Sünde!
Ich bitte dich, sei weise und stehe still! Tanze nicht immer
um diesen Abgrund, sondern öffne deine Augen und denke nach.
Möge dir der Geist Gottes in deinem Leichtsinn Einhalt
gebieten und dir keine Ruhe lassen, bis du die wahre
bleibende Freude geschmeckt hast, die allein Gott dir
geben kann.
Ch.Spurgeon
"Sie heilen den Schaden der Tochter meines Volkes leichthin,
indem sie sprechen: 'Friede, Friede!' wo doch kein Friede
ist." Jeremia 6,14
Es bleibt nun nur noch eine Art Menschen übrig, die alle
vorhergehenden übertrifft in der äußersten Gleichgültigkeit
gegenüber allem, was sie aufregen könnte. Es sind Menschen,
die Gott gerechterweise aufgegeben hat. Sie haben seine
Langmut mit Füßen getreten. Gott hatte schon früher gesagt:
"Sie wollen sich durch meinen Geist nicht mehr strafen
lassen." Als eine gerechte Strafe für ihre Unbußfertigkeit
hatte Gott sie in die Verstockung ihres Herzens dahingegeben.
Von einer frommen Mutter erzogen, hatten sie fast schon
in der Wiege das teure Evangelium gehört. Obwohl sie das
Beispiel eines gottesfürchtigen Vaters vor sich hatten,
wandten sie sich zur Sünde ab und brachten die grauen Haare
einer treuen Mutter mit Kummer ins Grab. Bei dem Begräbnis
der Mutter kam der junge Mann zu sich und fragte sich: "Habe
ich sie getötet? Habe ich sie hierher gebracht?" Er ging
nach Hause, hielt sich einen Tag nüchtern; wurde aber von
einem seiner Genossen versucht und wurde böser als je
zuvor. Eine neue Warnung kam. Er wurde von einer Krankheit
ergriffen, doch er genas wieder; er lebte wieder auf -
und lebte so lasterhaft wie je zuvor. Eines Abends, als
er wieder in eine Höhle des Lasters ging, hielt ihn etwas
zurück; sein Gewissen schien ihm zuzurufen: "Bedenke, was du
von deiner Mutter gelernt hast." Er stand still, biß sich
einen Augenblick auf die Lippe, sann nach und erwog die
Chancen. Endlich sagte er: "Ich will hingehen, und wenn ich
auch verdammt werde." Er ging, und von dem Augenblick an
wunderte er sich, daß er niemals mehr durch den Gedanken an
seine Mutter oder die Bibel erschreckt wurde. Er wurde nie
wieder beunruhigt. Gott hatte gleichsam gesagt: "Laß ihn
gehen, ich will ihn nicht mehr warnen, mag er von den
Früchten seines Wahnes essen; ich will ihn nicht mehr
zurückhalten." Möge Gott geben, daß keiner meiner Leser
diesem Mann gleicht.