Jes 45,22
W.Nee
Wendet euch zu mir und laßt euch retten, alle Enden der Erde.
Jesaja 45,22
Wie treffend gibt dieser Vers das wieder, was in dem
sterbenden Schächer am Kreuz geschah! Die ganze frühere
Geschichte hatte vorausschauend auf das Kreuz Christi
hingewiesen. Jetzt wurde es den Menschen als sichtbares
Ereignis vor Augen gestellt, und einer der Hauptaugenzeugen
war der Schächer. Dieser Räuber war das Urbild des Sünders
und der Strafe, die ihm zuteil wird. Und auch seine Umkehr,
können wir sagen, war das Urbild der Bekehrung. Aber
erkannte er denn Jesus als seinen Erlöser? Überlegen wir,
welche Worte er sprach: »Gedenke meiner, wenn du in dein
Reich kommst« (Lukas 23,42). Und was erwiderte Jesus? Er
erklärte ihm nicht das Sühneopfer, er sagte ihm nicht, seine
Bestrafung sei gerecht und er selber sterbe an seiner Statt
als Opfer für die Sünde. Uns mag es scheinen, als wäre dies
eine ausgezeichnete Gelegenheit gewesen, die Grundwahrheiten
der Erlösung zu erklären - aber nein,. Jesus erwiderte ihm
nur: »Noch heute wirst du mit mir im Paradiese sein.« Denn
der Schächer sah, wenn auch vage, wer Jesus war: daß er durch
unverdientes Leiden zum Herrscher eines Reiches aufsteigen
würde. Zu ihm wandte er sich, zu dem Herrn über die ganze
Erde, ihn rief er an, und das genügte.
S.Keller
Jes. 45, 22: «Wendet euch zu mir, so werdet ihr selig, aller
Welt Enden.»
Aller Welt Enden! So groß, so umfassend, so allgemein kann
nur Gott denken und lieben. Das ganze Heil für alle Welt
wird von ihm fertiggestellt, ohne unser Zutun, und nun ergeht
der Ruf: ,,Wendet euch!" Wie ein Kommando! Eine Umwendung
von der früheren Richtung weg, die auf das eigene Ich und die
eigene Ehre und den eigenen Genuß hinging - weg von Menschen
und Sachen, hin zu ihm! Wer diese Willenswendung macht,
erlebt seine Rettung: jetzt auf Erden Vergebung und Hilfe
mannigfacher Art, und einst die ewige Geborgenheit am Herzen
Gottes, da wo Jesus ist. Aber alle Tage wieder gibt es
Wiederholungen, kleine oder große, leichtere oder schwerere,
fast unmerkliche oder tiefe einschneidende Wendungen vom
eigenen Willen weg auf Gott hin. Jede solche Wendung wird
mit einem Stück Rettung oder Seligkeit beantwortet. Entweder
strömt der Friede über unsere Seele, oder wir erhalten eine:
neue Erkenntnis oder einen neuen Auftrag; ganz ohne Quittung
und Echo bleibt kein bewußtes Gehorchen. Da sehe ich den
heutigen Tag daraufhin an: habe ich gleich klar die leisesten
Winke gespürt, wo ich mich wegwenden sollte vom Eigenen zu
Gott hin? Oder war ich träge und taub, bis die Gelegenheit
vorbei war?
O, vergib mir, barmherziger Vater, daß ich so langsam und
schwerfällig war, wo es dieses Tages Wendung galt. Nimm mir
mein kaltes Herz und mach es warm für dich. Du weißt, ich
möchte dir immer gehorsam werden, hilf mir dazu! Amen.
P.Wurster
Wendet euch zu mir, so werdet ihr selig, aller Welt Enden; denn
ich bin Gott, und keiner mehr. (Jesaja 45, 22.)
Manchmal bilden wir uns ein: wenn ich nur dies oder das noch
hätte, oder wenn das oder dies einmal weg wäre, dann würde
nichts mehr fehlen zu meinem völligen Glück. Damit setzen wir
den Quell unsrer Seligkeit in diese Welt hinein und betrügen
uns gerade so wie die Millionen, welche ihre Seligkeit ganz
in den Dingen dieser Welt suchen. Wendet euch zu mir! sagt
der Herr. Stelle dir nicht irgendwo in der Welt noch einen
heimlichen Götzen auf, sei es das Geld oder ein Menschengeist
oder am Ende dein eigenes Ich! Darin besteht unsre Aufgabe, an
der wir auch heute lernen wollen: wegsehen von der Welt, sich
abwenden von sich selbst und seinen eitlen Träumen und ganz
sich hinwenden zum Urquell aller unserer Seligkeit.