Pred 11,6
C.H.Spurgeon
,,Laß Deine Hand des Abends nicht ab."
Pred. 11, 6.
Am Abend des Tages gibt's manche günstige Gelegenheit zum Guten;
die Menschen kehren von ihrem Tagewerk heim, und wer sich gern
um das Heil andrer bekümmert, findet Zeit, ihnen die Liebe Jesu
zu rühmen. Habe ich keine Abend-Arbeit für meinen Jesus? Wenn
nicht, so will ich meine Hand nicht von meiner Pflicht abziehen,
die so viel Kräfte erfordert. Die Sünder gehen verloren, weil es
ihnen an Erkenntnis fehlt; wer träge ist, an dessen Kleid klebt
das rote Blut verlorner Seelen. Der Herr Jesus reichte seine
beiden Hände für mich den Nägeln dar, wie sollte ich denn meine
Rechte seinem Segens-Werke entziehen? Tag und Nacht arbeitete
und betete Er für mich, wie darf ich auch nur eine einzige
Stunde mit üppiger Behaglichkeit meines Leibes warten? Auf,
träges Herz, lege Hand ans Werk, und erhebe dich zum Gebet;
Himmel und Hölle sind voller Eifer, so will denn auch ich guten
Samen ausstreuen für den Herrn.
Auch der Abend des Lebens hat seine Aufgabe. Das Leben ist so
kurz, daß ein Morgen voller Manneskraft und ein Abend voller
Schwäche das ganze Leben ausmachen. Manchen scheint es lange,
aber auch eine Reichsmark ist eine große Summe für manchen armen
Menschen. Das Leben ist so kurz, daß kein Mensch einen Tag zu
verlieren hat. Man hat trefflich gesagt, wenn ein reicher König
uns zu einem großen Haufen Goldes führte und hieße uns davon so
viel zu behalten, als wir an einem Tage zählen könnten, so
würden wir den Tag möglichst lang machen; wir würden mit dem
frühesten Morgen beginnen und am späten Abend würde unsre Hand
auch nicht müßig sein; aber Seelen gewinnen ist eine weit edlere
Arbeit; wie kommt's denn, daß wir dabei so früh aufhören?
Manchem wird ein langer Lebensabend voller rüstiger Kraft
geschenkt; wenn das bei mir der Fall ist, so will ich meine
übrigen Geistesgaben wohl verwenden, und bis zum letzten
Augenblick meinem hochgelobten treuen Heiland zu dienen suchen.
Durch seine Gnade will ich auf dem Kampfplatz sterben, und die
Arbeit erst niederlegen, wenn ich meinen Leib ablege. Das Alter
möge die Jugend lehren, die Schwachen stärken und die Zaghaften
ermutigen; hat der Abend weniger feurige Regsamkeit, so sollte
er mehr ruhige Weisheit besitzen, darum will ich meine Hand des
Abends nicht ruhen lassen.
W.MacDonald
»Am Morgen säe deinen Samen und am Abend laß deine Hand
nicht ruhen! Denn du weißt nicht, was gedeihen wird: ob
dieses oder jenes oder ob beides zugleich gut werden wird.«
Prediger 11,6
Wir wissen nie, wie und wann Gott unseren Dienst gebrauchen
wird, und das sollte uns veranlassen, unermüdlich alle sich
bietenden Gelegenheiten auszunützen. Der Herr wirkt oft
gerade dann, wenn wir es am wenigsten erwarten, und Er wirkt
auf unendlich vielfältigen und immer wieder neuen Wegen.
Ein christlicher Seemann beispielsweise, der bei einer
Flugzeugbasis der Marine stationiert war, stand eines Tages
mit einem Freund an der Ecke einer Flugzeughalle und legte
ihm im Gespräch auch Zeugnis von seinem Glauben ab. Ein
dritter Seemann, der hinter der Ecke stand und von den beiden
anderen gar nicht bemerkt wurde, hörte auf diese Weise
zufällig das Evangelium, erkannte mit einem Schlag seine
Sünden und bekehrte sich in aller Aufrichtigkeit zu Gott.
Der Mann aber, dem die Botschaft eigentlich gegolten hatte,
reagierte nicht darauf.
Ein Prediger, der eigentlich nur die Akustik eines neuen
Saales ausprobieren wollte, sagte zur Probe mit mächtiger
Stimme die Worte aus Johannes 1,29: »Siehe das Lamm Gottes,
das die Sünde der Welt wegnimmt.« So wie es aussah, hörte
ihm in diesem Moment sowieso niemand zu. Also rief er noch
einmal diese zeitlos gültigen Worte, die Johannes der Täufer
beim Anblick Jesu aussprach. Unten war der Saal ganz leer,
aber ein Arbeiter, der gerade auf der Empore beschäftigt war,
wurde von der Botschaft mitten ins Herz getroffen und wandte
sich im Gebet an das Lamm Gottes, von dem er Vergebung und
ein neues Leben erhielt.
Ein amerikanischer Bibelschullehrer unterhielt sich eines
Tages mit einem jungen amerikanischen Touristen in einem
Bahnhof in Paris. (Sie kamen beide aus der gleichen Stadt in
den USA, ja, sogar aus der gleichen Nachbarschaft.) Der junge
Mann war ärgerlich, daß er so direkt angesprochen wurde. Und
er sagte: »Meinen Sie etwa, Sie könnten hier in Paris auf
einem Bahnhof meine Seele retten?« Der Bibelschullehrer
erwiderte: »Nein, ich kann Sie überhaupt nicht erretten.
Aber im Leben passiert nichts rein zufällig. Es war kein
Zufall, daß wir uns hier getroffen haben. Ich meine, daß
Gott zu Ihnen sprechen will und daß Sie gut daran tun, wenn
Sie auf ihn hören.« In den folgenden Tagen wurde dieser junge
Reisende dann von einem amerikanischen Christen im Auto nach
Wien mitgenommen, und der erzählte ihm auf dem Weg auch von
seinem Glauben. Als der junge Mann wieder zurück in den
Vereinigten Staaten war, lud dieser selbe Mann ihn auf eine
christliche Ranch in Colorado ein. Am letzten Tag seines
Besuches stand der junge Mann allein und nachdenklich am
Swimmingpool. Bald gesellte sich ein anderer Gast zu ihm,
redete mit ihm in aller Ruhe über den Herrn und erlebte
schließlich die große Freude, daß er ihn zum Heiland führen
konnte. Viele Jahre später wurde dem Bibelschullehrer
nach einer Veranstaltung ein ernsthafter junger Christ
vorgestellt. Der Name dieses Mannes kam ihm irgendwie
bekannt vor, es war der Tourist, mit dem er sich damals
in einem Bahnhof in Paris unterhalten hatte.
Die Lehre, die wir daraus ziehen können, ist natürlich, daß
wir vom Morgen bis zum Abend eifrig für Christus arbeiten
sollen, zur Zeit und zur Unzeit.