Sprüche

Spr 1,5 W.MacDonald »Der Weise wird hören.« Sprüche 1,5

Der grundlegende Unterschied zwischen dem Weisen und dem Toren im Buch der Sprüche ist der, daß der Weise bereit ist, zu hören, der Tor aber nicht.

Es geht überhaupt nicht um das intellektuelle Fassungsvermögen des Toren. Vielleicht hat er sogar einen außergewöhnlichen Intellekt. Aber er läßt sich einfach nichts sagen. Er leidet unter dem fatalen Irrtum, daß sein Wissen unbegrenzt und sein Urteil unfehlbar ist. Wenn ihm seine Freunde raten wollen, ernten sie nur Spott und Zorn für ihre Mühe. Sie beobachten, wie er den unvermeidlichen Konsequenzen seiner sündigen und törichten Handlungen zu entkommen versucht, aber sie müssen hilflos zuschauen, ohne das Unglück verhindern zu können. Und so taumelt er von einem Chaos zum anderen. Bald sind seine Finanzen eine Katastrophe. Bald ist sein persönliches Leben ein einziges Durcheinander. Bald befindet sich sein Geschäft kurz vor dem Zusammenbruch. Aber er redet sich ein, daß ihm das Leben schlechte Karten ausgeteilt hat. Er kommt nie auf den Gedanken, daß sein schlimmster Feind er selber ist. Er ist großzügig im Austeilen von Ratschlägen für andere und vergißt völlig, daß er nicht einmal sein eigenes Leben ordnen kann. Er ist ein zwanghafter Redner und tritt mit der Selbstsicherheit eines Orakels auf.

Der Weise ist aus anderem Holz geschnitzt. Er ist sich klar darüber, daß die Drähte im Gehirn eines jeden durch den Sündenfall irgendwie durcheinandergebracht sind. Er weiß, daß andere bei einem Problem manchmal Aspekte sehen, die er übersehen hat. Er gibt bereitwillig zu, daß auch sein Gedächtnis gelegentlich lückenhaft ist und Dinge durcheinanderbringt. Er ist belehrbar und heißt jede Information willkommen, die ihm hilft, richtige Entscheidungen zu treffen. Ja, er sucht sogar den Rat von anderen, weil er weiß, daß »bei der Menge der Ratgeber Heil ist« (Sprüche 11,14). Wie jeder Mensch macht auch er gelegentlich Fehler. Aber er hat die gesunde Eigenschaft, daß er aus seinen Fehlern lernt und jedes Versagen zu einem Sprungbrett für einen Erfolg macht. Er ist dankbar für einen verdienten Tadel und sagt bereitwillig: »Ich habe verkehrt gehandelt. Es tut mir leid.« Kluge Kinder ordnen sich der elterlichen Erziehung unter. Toren aber rebellieren. Weise junge Menschen gehorchen den biblischen Vorschriften über moralische Reinheit; Toren folgen ihren eigenen Lüsten. Weise Erwachsene beurteilen alles danach, ob es dem Herrn wohlgefällt; Toren handeln gemäß dem, was ihnen selbst wohlgefällt. Und so kommt es, daß die Weisen immer weiser werden, während die Toren in den Gleisen ihrer eigenen Torheit festgefahren sind.