Ps 139,23
W.Nee
Erforsche mich, Gott ..., und sieh, ob ich auf bösem Wege
bin. Psalm 139,23 - 24
Wahre Selbsterkenntnis kommt nie daher, daß wir uns nach
innen kehren. Das Beschauen unseres Innern führt uns zu
keinem wirklichen Verstehen. Nein, richtig sehen können wir
erst dann, wenn Gottes Licht uns erleuchtet. Ich finde, es
ist ganz einfach. Wenn wir uns vergewissern wollen, ob unser
Gesicht sauber ist, was tun wir dann? Tasten wir es genau
mit unseren Händen ab? Keineswegs. Wir holen einen Spiegel
und gehen damit ins Helle. Dort im Licht wird alles
deutlich.
Du verstehst doch, was das heißt: »Erforsche mich«? Es
bedeutet keinesfalls, daß ich mich selbst erforsche. Nein,
es heißt: »Erforsche du mich!« Das ist der Weg der
Erleuchtung. Gott ist es, der kommen und erforschen muß.
Daß ich mein eigenes Ich erkenne, kommt nicht dadurch, daß
ich mich selbst erforsche, sondern daß mich Gott erforscht.
C.Eichhorn
Notwendigkeit der göttlichen Erleuchtung
Erforsche mich, Gott, und erfahre mein Herz, prüfe mich
und erfahre, wie ich's meine! Und siehe, ob ich auf bösem
Wege bin, und leite mich auf ewigem Wege! Ps. 139, 23.24
Am Beginn des Psalms verweilt der Sänger anbetend vor dem
Geheimnis der Allwissenheit Gottes. Es geht über sein
Begreifen, er kann es nicht verstehen, wie Gott aller
Menschen Herzen und Wege gleichzeitig schaut und durchschaut.
Wie töricht ist der Mensch, wenn er sich damit beruhigt, daß
niemand um seine finsteren Pläne weiß, daß kein Zeuge seine
böse Tat ans Licht bringen kann! Er vergißt, daß ein Auge
alles sieht und auch den Rat der Herzen offenbaren wird. -
Weise ist, wer mit dem Sänger am Schluß des Psalms bittet:
Erforsche mich, prüfe und erfahre, wie ich's meine! Laß
einen Strahl deines Lichtes, vor dem nichts verborgen ist, in
mein Herz fallen, laß dein alldurchdringendes Auge auch auf
mein Herz prüfend gerichtet sein! Denn nur in deinem Lichte
sehe ich das Licht. Sonst ist mein Inneres mir selbst
verborgen. - Um die Selbsterkenntnis ist es ein besonderes
Ding. Es kann einer von den Völkern und Ländern der Erde
genaue Kunde haben, aber das Gebiet seines eigenen Herzens
ist ihm ein unbekanntes Land. Es kann einer viel wissen und
erkennen, aber über seinen inneren Zustand ist er völlig im
unklaren. Zur völligen Selbsterkenntnis, zur wirklichen
Sündenerkenntnis kommt man nur durch göttliche Erleuchtung.
Die Tatsache der gänzlichen Verdorbenheit und sittlichen
Ohnmacht des Menschen ist ein Geheimnis. Es muß von oben
aufgeschlossen werden. Niemals schätzt sich der Mensch
richtig ein, wenn ihm nicht Gott sein Inneres zeigt. - Wie
hochnötig ist doch die Bitte um Durchleuchtung von oben! Das
Licht von oben deckt nicht nur vieles auf, was uns sonst
verborgen bleibt, besonders den bösen selbstischen Grund
unseres Wesens, es setzt auch das, was wir wissen, erst in
die rechte Beleuchtung: "Ich bin nur mit dem Verstand ein
Sünder", meinte einmal jemand. Das Licht von oben bewirkt,
daß wir unsere Übeltaten nicht nur wissen, sondern auch in
ihrer Verwerflichkeit fühlen und im Gewissen schwer durch sie
beunruhigt werden. Wir kommen nicht mehr über sie hinweg.
Wir können sie nicht mehr wegschieben. Sie verfolgen uns,
bis wir Vergebung in Jesu Blut gefunden haben. - Leider
wollen viele sich nicht im Lichte Gottes, sondern durch
gefärbte Gläser sehen. Es ist wahr, man macht
niederschlagende Entdeckungen. Es ist erschütternd, wenn der
Geist Gottes die ganze traurige Wirklichkeit aufdeckt. Aber
was hilft's? Es gibt nur zwei Wege: den "bösen" Weg, den
"Weg der Schmerzen", wie es eigentlich heißt, und den
"ewigen" Weg. Wer blind weitergeht und nicht sehen will, der
bereitet sich viele Schmerzen, hier schon und erst recht dort
am Gerichtstag, wenn alles offenbar wird. O Herr, ziehe
alles ans Licht, lasse mich's mit deinen Augen sehen und
leite mich auf ewigem Wege, der zum Ziel führt, der nicht,
wie der Weg der Gottlosen, vergeht und in Nacht und Grauen
endet!