Psalmen

Ps 104,31 C.O.Rosenius Der Herr hat Wohgefallen an Seinen Werken. Ps. 104, 31.

Ein jeder pflegt das zu lieben, was er selbst gemacht hat; wieviel mehr der Herr, dessen Werke alle lauter Schönheit und Vollkommenheit sind. Bedenke diesen Umstand tief, denn er enthält einen großen Trost. Sollte Gott nicht mit dem zufrieden sein, was Er selbst gemacht hat? Er muß doch an Seinen eigenen Werken Wohlgefallen haben. - Wo aber sind nun Seine Werke? Beim Teufel in der Hölle? Gott bewahre uns! Zu seiner gegenwärtigen Gestalt ist der Satan selbst sein Werkmeister gewesen. Oder sind sie bei den Engeln im Himmel? Noch nicht! Sie haben selbst im Werkbunde ihre Herrlichkeit erworben und sich ihre Kronen erkämpft. Sind sie bei den Selbstgerechten und in ihren eigenen Verdiensten und Tugenden? Durchaus nicht! Das sind ihre eigenen Werke, die sie auch selbst verantworten sollen.

Wo finden wir dann aber die Werke des Herrn, die Seine Lust sind? Wo ein Zöllner sich an die Brust schlägt und ausruft: ,,Gott, sei mir Sünder gnädig!" Wo ein Bartimäus am Wege ruft: ,,Jesus, Du Sohn Davids, erbarme Dich meiner!" Wo eine kananäische Frau von Hunden und Brosamen redet und wo eine zerknirschte Magdalena die Füße Jesu mit ihren Tränen netzt. Wo ein Paulus fröhlich ausruft: ,,Mir ist Barmherzigkeit widerfahren!" Wo ein Asaph bekennt: ,,Herr, wenn ich nur Dich habe, so frage ich nichts nach Himmel und Erde!" Ja, wo einem Simon Petrus die Stimme zu zittern anfängt, wenn er sagt: ,,Herr, Du weißt alle Dinge, Du weißt, daß ich Dich liebhabe."

Sieh, wo dergleichen Dinge vor sich gehen, wo Steinherzen in Seiner Hand in weichen Ton und die stahlharten Angesichter in Wachs verwandelt werden, so daß Er Sein Bild in sie prägen kann, wo Menschen, die nie nach dem Herrn gefragt haben, anfangen, nach dem lebendigen Gott zu dürsten wie der Hirsch nach frischem Wasser schreit, wo die Selbstgerechten anfangen, auf der Ruine ihrer Gerechtigkeit zu girren wie die Tauben, wo die Weisen ihre Weisheit für Torheit schätzen, wo arme Sünder anfangen, zu Seinen Füßen zu weinen, wo verdammte Missetäter freudig wagen, Ihn als ihren Verteidiger gegen den Ankläger anzurufen, da sind Seine Werke. Und wo Seine Werke sind, da ist Seine Lust. So ist Seine Lust also bei den Menschenkindern, und zwar bei Seinen armen Sündern. An ihnen hat er Seine Freude, an ihnen Seiner Augen Lust.

Wie genießt ein Naturfreund doch eine schöne Gegend; und wer in einem Weinberg pflanzt, wie freut er sich, die Blüte und Fruchtbarkeit desselben zu sehen! So hat der Herr Seine Lust an dem Garten, den Er mit Seinem Versöhnungsblut und Seinem Geist auf Erden gepflanzt hat. Die neue Schöpfung in einem Sünder, - wie erfreut sie Sein Auge! Er kann sich nicht satt daran sehen; denn sie ist Sein Werk. Darum sagt Er auch zu Seiner Taube: ,,Zeige Mir deine Gestalt; denn deine Gestalt ist lieblich." (Hohelied 2,14)

,,Aber", sagst du nun, ,,hier redet Er zu den frommen, liebenswürdigen Menschen. An ihnen kann Er Seine Lust haben, aber nicht an mir oder solchen, wie ich es bin; denn ich bin ein schnöder Sünder!" Was hören wir? Soll Gott jetzt an deiner eigenen Frömmigkeit Wohlgefallen haben? Solltest du Gott jetzt um deinetwillen angenehm sein? Hast du die tröstliche Wahrheit verworfen, daß ,,der Herr nur Wohlgefallen an Seinen Werken hat", weil wir ,,angenehm gemacht sind in dem Geliebten" und nicht in uns? Auch wenn du sagst: ,,Ich finde lauter Sünde und Unreinheit bei mir; das ist doch nicht des Herrn Werk", lautet die Antwort: ,,Gerade das ist des Herrn Werk, daß du lauter Sünde und Unreinheit bei dir findest! Die Sünde ist nicht des Herrn Werk; daß du sie aber bei dir fühlst, das ist nicht das Werk der Natur und auch nicht das des Teufels. Die Einflüsterungen der Schlange: ,,Ihr werdet sein wie Gott" haben die ganze Menschennatur mit Selbstvergötterung erfüllt. Ein zerknirschter und betrübter Geist ist darum ein solches Werk des Herrn, daß Gott und Seine Engel sich darüber freuen. Es ist ein solches Werk des Herrn, das verlorene Söhne und Töchter in die Arme des Vaters führt, das Sünder zum Gnadenthron treibt, um sich in die Gerechtigkeit Christi, in ,,das beste Kleid" einhüllen zu lassen. Hierin besteht die größte Lust und Freude des Herzens Gottes. Denn wer in Christus gekleidet ist, der ist vor den Augen Gottes heilig und herrlich, wäre er auch der größte Sünder in sich selbst und in seinen eigenen Augen.

Ja, selig die Seel', die der Glaube verband Mit Jesu in wahrer Verein'gung, Die ew'ge Vergebung im Blute nur fand, Ja, tägliche, stündliche Rein'gung. Ob wirklich auch schuldig, unwürdig und schlecht, So richtet der Herr sie doch niemals nach Recht; Denn an ihrer Statt starb ja Christus.