Ps 84,6
C.H.Spurgeon
,,Die durch das Jammertal gehen, machen daselbst Brunnen. Und
die Lehrer werden mit viel Segen geschmückt."
Ps. 84, 6.
Hier wird uns gezeigt, daß der Trost, der dem einen zuteil
ward, sich auch gar oft einem andern wirksam erweist; gerade wie
Brunnen auch von den Reisenden benutzt werden, die hernach
vorüberziehen. Wir lesen etwa ein Buch, das uns reichen Trost
gewährt und dem Stabe Jonathans gleicht, der vom Honig troff.
Ach! da denken wir unser Bruder sei schon vor uns in derselben
Lage gewesen wie wir, und er habe diesen Brunnen ebensowohl für
uns gegraben, wie für sich selber. Manche herrliche
,,Abendklänge," ,,Reisepsalter," ,,Kreuz- und Trostlieder,"
,,Siech- und Siegesbette," ,,Trost im Leiden," sind solche
Brunnen gewesen, die irgend ein Pilger für sich selbst gegraben
hat, und die sich für andre als ebenso erquickend bewährt haben.
Das bemerken wir besonders in den Psalmen, wie z.B.: ,,Was
betrübst du dich, meine Seele, und bist so unruhig in mir?"
Reisende haben sich oft mit Entzücken gefreut über die Spuren
der Fußtritte eines Menschen auf einem öden Strande, und wir
sehen so gern die Pfadspuren der Pilger, wenn wir durch dies
Tränental wandern.
Die Pilger graben den Brunnen; aber sonderbar, er füllt sich von
oben, statt von unten. Wir brauchen die Mittel, aber der Segen
stammt von oben, und nicht von den Mitteln. Wir graben einen
Brunnen, aber der Himmel füllt ihn mit seinem Segen. Das Pferd
ist bereit auf den Kampftag, aber der Sieg kommt vom Herrn. Die
Mittel stehen im Zusammenhang mit dem Zweck, aber sie bringen
denselben nicht zur Vollendung. Siehe, so füllt der Regen die
Teiche, und die Brunnen erfüllen dadurch ihre Bestimmung, daß
sie Behältnisse für das Wasser sind; die Arbeit ist nicht
umsonst, aber sie macht die göttliche Hilfe nicht überflüssig.
,,Die Lehrer werden mit viel Segen geschmückt."
Die Gnade kann dem Regen verglichen werden um ihrer Reinheit, um
ihrer erfrischenden und belebenden Wirkung willen, weil sie von
oben stammt, und weil sie nach göttlichem Wohlgefallen geschenkt
oder entzogen wird. Regenströme mögen euch, liebe Seelen,
erquicken, und mögen eure Brunnen sich mit frischem Wasser
füllen! Ach, was sind doch Heilsmittel und Heilsvorschriften
ohne den Beifall des Himmels! sie sind Wolken ohne Regen und
Brunnen ohne Wasser. O, Du Gott der Liebe, öffne die Fenster des
Himmels und gieße über uns aus Deinen Segen!
J.Kroeker
Vom wahren Gottvertrauen.
"Heil den Menschen, die ihre Kraft in Dir finden, (wenn
sie) auf Wallfahrten in ihrem Herzen sinnen." Ps. 84,7.
Nach dem Zeugnis eines Aben Esras mussten die Wallfahrten
zu den drei großen Festen in Jerusalem von den Männern
und Festpilgern zu Fuß zurückgelegt werden. Man schloss
sich an andere Festpilger an, bildete mit ihnen zusammen
eine Karawane und zog so hinauf gen Jerusalem. Ob man nun
vom Westen oder Osten, vom Norden oder Süden her seine Reise
antrat, immer waren diese Pilgerreisen für den Einzelnen mit
einem starken Kraftaufwand und mit vielen Fährlichkeiten
verbunden. Sie mussten vor dem Beginn der Reise zuvor
innerlich im Glauben überwunden werden.
Nun aber, am Ziel der Sehnsucht, angesichts der Wohnungen des
Herrn, preist das Lied jene glücklich, die sich durch keine
Beschwerden und Nöte von der Wallfahrt zur heiligen Stätte
abhalten ließen, sondern in Gott ihre Stärke fanden und
solange in ihrem Herzen auf die Ausführung der Pilgerfahrten
sannen, bis diese ihre Erfüllung finden konnten. Wahrlich,
ein köstliches Zeugnis von der Kraft des Glaubens, wie sie im
Aufblick zum Herr im Innern eines frommen Festpilgers alle
Bedenken und Erwägungen überwand und ihn zu Entschlüssen und
Handlungen fähig machte, die seine Seele das finden ließen,
was ihr das Köstlichste und Heiligste auf Erden war!
Das war aber das Wesen des Glaubens zu allen Zeiten. Er
stellte sich auf den Boden der Kraft Gottes und überwand die
Welt. Und da die geistlichen Träger der Geschichte Israels
immer wieder Männer waren, die auf dem Boden des Glaubens
lebten, so ist Israels Geschichte zu allen Zeiten ein Zeugnis
von der Kraft des Glaubens gewesen. Auf derselben Linie
liegt aber auch das, was Paulus angesichts der ihn umgebenden
Nöte, Ängste, Drangsale und Kämpfe schreibt: Er hat mir
gesagt: "Es genügt dir meine Gnade, denn meine Kraft kommt
bei Schwachheit zur Vollendung. Sehr gern werde ich mich
vielmehr der Schwachheiten rühmen, auf dass die Kraft
Christi bei mir Wohnung mache. Darum bin ich zufrieden
mit Schwachheiten, mit Beschimpfungen, mit Nöten, mit
Verfolgungen, mit Bedrängnissen um Christi willen. Denn
wenn ich schwach bin, dann bin ich kraftvoll." Oder wenn
er im Philipperbrief sowohl von dem Überfluss-Haben als
Mangel-Leiden schreibt: Alles vermag ich in dem, der mich
stark macht.
Wahrlich, in so einem lebendigen Glauben liegt
weltüberwindende Kraft! Auch heute noch. Eine Seele, die
die Quelle ihrer Kraft in Gott gefunden hat, wird immer
wieder jene Welt überwinden, die sich auf ihrem Weg zu Gott
als ein Hindernis entgegenzustellen sucht. Zu allen Zeiten
wird sie rühmen: Heil den Menschen, die ihre Kraft in Dir
finden!