Ps 66,16
S.Keller
Psalm 66, 16: «Ich will erzählen, was er an meiner Seele getan
hat.»
Gewiß, das ist naturgemäß; das tut wohl; das ist eine
Dankespflicht; das ist ein neuer Lebenssame auf die Herzen,
die das hören. Und es ist doch ein Aber dabei. Es kommt
noch darauf an, wann, wo und wie das geschieht. Paßt Ort
und Gelegenheit nicht dazu, dann kann solches Offenbaren des
schönsten Erlebnisses taktlos, roh, unkeusch sein, und man
hat Weizen auf Eis gesät. Oder geschieht es mit einer Art
Prahlerei, dann wird die heimliche Strafe des Herrn am
Gewissen nicht ausbleiben. Sollte man darüber nicht zuerst
beten und noch einmal beten, bis einem die Vollmacht gegeben
wird zum Erzählen, was Jesus an unserer Seele getan hat?
Dann kann unter Umständen solche schlichte, wahre Darstellung
an einer empfänglichen, suchenden Seele gewaltig einschlagen,
wie ein Blitz vom Himmel. Aber von Feuer erzählen, während
man lau ist oder untreu oder unsicher, das macht einen
kläglichen Eindruck. Man sieht dem Verarmten, der von seinen
früheren Schätzen und großen vornehmen Beziehungen mit etwas
Prahlerei berichtet, unwillkürlich auf die Kleider und auf
die Finger: wo ist das Feierkleid geblieben und der goldne
Fingerreif, die du vom Vater bei der Heimkehr erhalten hast?
Lieber Vater im Himmel, vergib uns beides, das Zuviel und das
Zuwenig, dessen wir uns schuldig machten im Reden über dich.
Mach uns zu klaren, hellen Posaunen, wo du uns brauchst, und
lehre uns schweigen, wo du es willst. Amen.