Ps 51,1
C.H.Spurgeon
,,Gott sei mir gnädig."
Ps. 51, 1.
Als ein teurer Gottesmann, ein Licht der Gemeinde auf Erden, von
einer gefährlichen Krankheit befallen wurde, fragte man ihn:
,,Wenn diese Krankheit sollte zum Tode sein, welche
Schriftstelle soll zum Text der Leichenrede gewählt werden?" Er
antwortete: ,,Ach, ich fühle, daß ich ein armes, sündhaftes
Geschöpf bin, das nicht wert ist, daß man irgend etwas von ihm
sage; wenn aber eine Leichenrede notwendig ist, so sei es über
die Worte: Gott, sei mir gnädig nach Deiner Güte, und tilge
meine Sünden nach Deiner großen Barmherzigkeit." Derselbe Geist
der Demut leitete ihn bei der Anordnung der Inschrift, die auf
seinen Grabstein sollte gesetzt werden. Dieselbe sollte weiter
nichts enthalten als seinen Namen, seinen Geburts- und seinen
Sterbetag, und die Worte: ,,Hier ruht ein armer, elender,
hilfloser Erdenwurm, der sich den Liebesarmen der göttlichen
Barmherzigkeit anvertraut."
Der erfahrenste und geliebteste Heilige kann seinem Gott nicht
anders begegnen, als wenn er sich auf die freie Gnade stützt.
Die Edelsten des menschlichen Geschlechts sind sich vor andern
bewußt, daß sie im besten Falle Menschen sind. Leere Boote ragen
weit über die Oberfläche des Wassers empor; aber Schiffe, die
mit himmlischen Gütern beladen sind, gehen tief im Wasser: bloße
Wortchristen machen viel Rühmens, aber wahrhafte Kinder Gottes
schreien um Gnade über ihre Unwürdigkeit. Wir haben's nötig, daß
der Herr uns gnädig sei, gnädig sei unsern Werken, unsern
Gebeten, unsern Zeugnissen, unsern Almosen und aller unsrer
Heiligkeit. Das Blut ward nicht nur auf die Pfosten und
Schwellen der Wohnungen Israels gesprengt, sondern auch aufs
Heiligtum, auf den Gnadenstuhl und auf den Altar; weil sich die
Sünde auch in unsre heiligsten Angelegenheiten eindrängt, ist
das Blut Jesu unentbehrlich, um sie von aller Befleckung zu
reinigen. Wenn die Gnade schon unsre Gottesdienste versöhnen
muß, wie muß es erst um unsre Sünden stehen? Wie lieblich ist
doch der Gedanke, daß die ewige Barmherzigkeit uns will Gnade
erweisen, unsre Verirrungen heilen, und unsre zerschlagenen
Gebeine erquicken!
,,Kommt, ihr armen, blöden Sünder, Die ihr matt und müde seid,
Kommt zum großen Überwinder! Da ist Heil und Ruh' bereit!"