Ps 50,15
C.O.Rosenius
Rufe Mich an in der Not, so will Ich dich erretten, so sollst
du Mich preisen. Ps. 50, 15.
Haben wir Gründe oder Beweise für eine Gewißheit der
Gebetserhörung? Diese Frage ist keineswegs unwichtig. -
Ja, wir haben solche Gründe! Wenn unsere Augen nur geöffnet
würden, könnten wir vor lauter Freude darüber aufjauchzen.
Hier ist eigentlich nur erforderlich, daß Gott uns die Gnade
erweist, unsere Augen zu öffnen, gleichwie damals, als Elisas
Diener über die vielen Feinde, von welchen sie umringt waren,
erschreckt war und allem damit abgeholfen wurde, daß Elisa
betete: ,,Herr, öffne ihm die Augen, daß er sehe!" Sogleich
sah er den Berg voll feuriger Rosse und Wagen um Elisa her.
Ebenso würden auch wir voll Trostes in unserem Gebet sein,
wenn wir nur geöffnete Augen hätten, zu sehen, welche Gründe
wir für die Gebetserhörung haben. Wir wollen nur drei der
wichtigsten hervorheben.
Der erste und wichtigste Grund ist dieser, daß der Herr es
selbst ist, der uns befohlen hat, Ihn in der Not anzurufen,
und der versichert hat: ,,Ich will dich erretten, so sollst
du Mich preisen." Hätte Gott nie etwas vom Gebet gesagt, so
hätten wir nie wissen können, ob Er uns wirklich erhören
wolle oder nicht, sondern wir wären in einer beständigen
Ungewißheit verblieben. Es ist Sein Befehl, daß wir zu Ihm
hinfliehen sollen, und Seine eigene Versicherung, daß Er uns
erhören will. Halte darum still und bedenke das! Kann etwas
von dem ungewiß sein, was Gott gesagt hat? Kann man auf
Ihn bauen? Wer ist Gott? Glaubst du an Ihn? Kann Er ein
einziges Seiner Worte brechen? Ist nicht ein Wort aus Seinem
Mund gewisser als alles, was du vor Augen siehst? Bitte
Gott um geöffnete Augen, damit du zu sehen bekommst, was
darin liegt, daß Er selbst uns zu beten befohlen hat. Dann
wirst du erkennen, daß nichts in deinem Gebet ist, was den
großen Gott veranlaßt, dir etwas zu geben, als nur Sein
eigenes Wort und Seine Verheißung. Er macht alles um Seiner
selbst willen. Luther sagt vortrefflich: ,,So Gott nicht
hätte heißen beten und Erhörung versprochen, vermöchten alle
Kreaturen nicht ein Körnlein erbitten mit all ihrem Gebet.
Darum schaue darauf: Nicht das Gebet ist gut und recht, das
viel ist, andächtig, süß, lang, um zeitlich oder ewig Gut,
sondern das fest baut und traut (auf Gottes Verheißungen).
Es wird erhört (wie geringe und unwürdig es sei in sich
selbst) um der wahrhaftigen Gelübde und Versprechungen Gottes
willen. Gottes Wort und Verheißungen machen dein Gebet gut,
nicht deine Andacht. Denn derselbe Glaube, auf Sein Wort
gegründet, ist auch die rechte Andacht, ohne welche alle
andere Andacht lauter Trügerei ist." Sieh, welch ein fester
Grund unseres Trostes im Gebet, wenn wir, statt ,,nach
eigenen Gefühlen zu tappen", unser Auge auf die Verheißung
Gottes richten.
Der zweite Grund der Gewißheit unserer Gebetserhörung
sagt uns, daß Er alles tun kann. Er ist in den kräftigen
Schlußworten des Vaterunsers ausgedrückt: ,,Denn Dein ist das
Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit." Diese
Worte sollen nicht nur eine Lobpreisung Gottes, sondern auch
ein großer Trost für uns sein, daß nämlich unser Vater ein
allmächtiger Herr und König ist, der leicht alles tun kann,
was wir bitten, wenn es uns auch unmöglich scheinen sollte.
Auch diesen Trost brauchen wir; denn es ist eins der
mächtigsten Hindernisse unseres Glaubens beim Gebet, daß wir
dies oder das für unmöglich halten. Der Heide in unserem
Herzen will nicht glauben, daß Gott mehr tun kann als wir.
Wenn wir nun in eigenen Kräften oder den Kräften anderer
vergebens Hilfe gesucht haben, dann meinen wir, daß unserer
Sache gar nicht mehr zu helfen sei. Dann wäre ein Gott
erforderlich, der etwas mehr tun kann als wir und andere
Menschen. Aber haben wir einen solchen Helfer? Der Herr
Christus lehrt uns im Vaterunser bekennen, daß unser
himmlischer Vater ein solcher ist. ,,Denn Dein ist
das Reich", d. h., Du bist ein allmächtiger und
alleinherrschender König über alle Deine erschaffenen Werke.
Du kannst allen Kräften befehlen, sowohl im Reich der Natur
als auch im Reich der Geister; darum kannst Du alles heilen
und alles geben, was zu unserer Seligkeit notwendig ist.
Der dritte Grund der Gewißheit unserer Gebetserhörung liegt
endlich in unserem Heiland, in Seiner Dahingabe, Seinem
Verdienste, Seiner Fürbitte, Seiner Treue, Seiner ganzen
Person. - Seht hier das, was uns vor allem anderen dessen
gewiß machen sollte, daß alles, was wir in Seinem Namen
bitten, uns auch wirklich gegeben wird. Hier wird das
mächtige Glaubenshindernis unserer Unwürdigkeit mit einemmal
zunichte gemacht. Hört! An Christus allein hat Gott ein
Wohlgefallen. Christus sagte: ,,Alles, was ihr den Vater
bitten werdet in Meinem Namen, das wird Er euch geben." Und
was das heißt, in Jesu Namen zu beten, das wissen wir,
nämlich alles auf Jesu Rechnung, auf Jesu Verdienst, auf den
unendlichen Wert Seines Tuns und Leidens für uns zu begehren,
indem wir zum Vater sagen: ,,Blick nicht auf uns, den Sohn
schau an; bei uns ist nur Gebrechlichkeit, in Ihm all unsre
Würdigkeit." Und Gott hat ein für allemal erklärt, daß Er
nicht uns, die Sünder, ansehen will, sondern nur Seinen Sohn.
Wenn wir an Ihn glauben, dann will Er weder mit uns ins
Gericht gehen, noch nach unseren Sünden fragen, sondern uns
alles nach dem Verdienste Seines Sohnes geben. ,,In Ihm sind
alle Gottesverheißungen Ja und Amen." Betest du in Jesu
Namen, dann kann auch der geringste Seufzer nicht vergebens
sein, dann kann auch deine größte Unwürdigkeit die
Gebetserhörung nicht hindern. Alles ist Ja und Amen in Ihm.
Der es im Ernst befohlen,
Die Gaben abzuholen,
Der kann uns nichts versagen,
Wenn wir's im Glauben wagen.