Ps 39,9
S.Keller
Psalm 39, 9: «Ich will schweigen und meinen Mund nicht
auftun; du wirst's wohlmachen.»
Nach unserer ganzen Art heißt es anders: ,,Ich will reden!
Mein Mund soll mir Recht schaffen, und ich werde mich schon
herausreden." Wir machen wirklich oft genug so, als glaubten
wir gar nicht an die Absicht und die Macht des Herrn, unsere
Sache zu führen, sondern als hinge alles von unseren Reden
ab. In dem Eifer, uns selbst ins Licht zu stellen, redeten
wir voreilig und unbedacht. - Da ist es schon eine große
Gnade, wenn wir das rechte Schweigen lernen, jenes gläubige
Schweigen, das Gott zutraut, daß er auf dem Plan ist und
nicht eher das Wort für uns ergreift, als bis wir aufs Wort
verzichtet haben. Machen wir uns doch klar, was auf dem
Spiel steht: Entweder unsere Worte, dafür aber kein Tun des
Herrn, oder sein Tun und unser Schweigen. Sollten wir da
nicht endlich weise genug geworden sein, uns zu bescheiden
und stille zu schweigen! Mit der Zeit führt der Herr die
Menschen und Verhältnisse doch so, daß wir ohne unsere
Verteidigung allein durch seine Schiebung der Umstände
als die Gerechtfertigten dastehen. Wie oft habe ich das
erfahren, daß seine Hand eingriff, sobald mein Mund stille
ward. Seine Hand oder mein Mund. Wer kann da noch eine
Minute im unklaren sein, was er wählen und vorziehen soll!
Herr, ich habe gefehlt mit meinen Worten. Erbarme du dich
und mache es gut. Bringe in Ordnung, was ich verdarb und
heile du allen Schaden meines Mundes durch das starke
Eingreifen deiner Hand. Amen.