Ps 34,1
C.O.Rosenius
Ich will den Herrn loben allezeit; Sein Lob soll immerdar in
meinem Mund sein. Ps. 34, 1.
So redet der geprüfte David. Und so müßte gewiß auch einem
Christen zumute sein, der in den ganzen Reichtum Christi
versetzt ist, daß er in einem solchen Glück immer froh und
dankbar ist. Der Apostel sagt: ,,Seid allezeit fröhlich und
seid dankbar in allen Dingen; denn das ist der Wille Gottes
in Christus Jesus an euch." Es ist gewiß die seligste
Pflicht, daß Gottes Kinder schon hier in der Prüfungszeit das
himmlische Leben beginnen, nämlich unseren Gott zu preisen
und zu loben, sich zu freuen und den himmlischen Vater für
alles, was Er in sich selbst ist und was Er für sie getan
hat, tut und noch tun wird, zu lieben und zu preisen. Wer
aber vermag alle hiermit angedeuteten Gegenstände des Lobes
Gottes auch nur auszusprechen? Nicht weniger wichtig ist es,
beizeiten zu bedenken, daß die Undankbarkeit eine Sünde ist,
die eine ganze Menge unglücklicher Folgen mit sich bringt.
,,Die Undankbarkeit ist der austrocknende Wind, vor dem
Gottes Gnadenquellen versiegen."
Die Undankbarkeit ist eine Art Bezauberung des menschlichen
Sinnes. Wenn er auch der glücklichste auf Erden ist, wird er
doch wie ein unglückliches Wesen durch das Leben gehen und -
ein Märtyrer fortwährender Unzufriedenheit - sich selbst eine
Last und ein Leugner der Ehre Gottes sein. Wer auf dieser
Erde möglicherweise auch am wenigsten erhalten hat, hat doch
viele Gründe, unausgesetzt unseren Gott zu preisen, zu loben
und zu danken. Denn nur etwas von den herrlichen Werken und
dem Wesen Gottes zu sehen und zu wissen, müßte uns schon mit
Seinem Preis erfüllen, ,,Die Erde ist voll der Güte des
Herrn. Himmel und Erde sind Seiner Ehre voll." Und selbst
der am wenigsten Glückliche hat tiefe Gründe, Gott zu preisen
und zu loben nur für das, was Er in sich selbst ist. - Dies
um so mehr, wenn du Seine große Gnade und Barmherzigkeit
an deinem eigenen Herzen erfahren hast, wenn du begnadigt
wurdest mit der seligen Berufung zum Reiche Christi,
begnadigt mit der Erleuchtung des Heiligen Geistes, so daß
du dich selbst und deinen Heiland kennenlernen und ein Kind
Gottes werden durftest und bei alledem vielleicht auch eine
ganze Menge sichtbarer Wohltaten Gottes - geistliche wie
leibliche - genießt, Gottes Wort und dein tägliches Brot,
ja, alles für die Reise durch das Leben Notwendige hast. Wie
müßtest du dann doch unserem Gott danken und Ihn loben! Wenn
du dagegen alles das vergißt, unzufrieden und ungeduldig
einhergehst und nur auf einige kleine Unannehmlichkeiten
blickst, so ist das eine Undankbarkeit, die kaum ungestraft
bleiben kann. Ein Christ muß ein fröhlicher, dankbarer
Mensch sein.
Wenn wir nun verstanden haben, daß die Undankbarkeit eine
gefährliche und verderbliche Sünde ist, so ist noch die
doch für einen Christen, nur Versuchungen zu allem Bösen zu
fühlen, - bald diese finsteren und lästerlichen Gedanken von
Gott, von Christus, von gewissen heiligen Wahrheiten, bald
wiederum Versuchungen dazu, sich zu den gegenwärtigen Dingen
zu wenden, mit der Lockspeise der Sünde zu spielen, Freuden
in den Lüsten des Fleisches zu suchen, das bereit ist, wie
Pulver Feuer zu fangen, sobald ein Funke hineinfällt. Wir
schweben hier in beständiger Gefahr. Jeder unserer Sinne,
jedes unserer Glieder, jedes erschaffene Wesen kann uns zur
Versuchung werden. Wir können kaum die Augen öffnen, ohne
diejenigen zu beneiden, die über uns stehen, oder die
Geringen zu verachten. Wie bald versündigen wir uns mit
der Zunge, vor allem auch mit dem Herzen! Haben wir einen
scharfen Verstand, wie bald werden wir aufgeblasen! Sind wir
Befehlende, wie bald mißbrauchen wir unsere Macht! Sind wir
Untergebene, wie bald murren wir über den Vorzug anderer
und tadeln sie! Mit solchen Herzen schleppen wir uns herum.
Bedenke, wie es sein wird, wenn wir vollkommen frei von all
diesem Bösen sein werden! Und dies alles auf ewig, auf ewig,
denn ,,das Erste ist vergangen.
Alles dieses ist aber nur geredet ,,wie ein Kind", und
nur von dem Bösen, wovon wir frei werden. Wer aber kann
würdig von dem Guten reden, das wir empfangen werden? Davon
nämlich, ,,was kein Auge gesehen hat und kein Ohr gehört hat
und in keines Menschen Herz gekommen ist?" Bedenke nur, was
der allmächtige Gott tun kann, wenn Er sich vornimmt, Seine
heimkommenden Kinder recht zu erfreuen! Er kann unendliche
Seligkeit schaffen. Er kann, wenn es erforderlich ist,
sogar solche Herzen in uns schaffen, die von selbst eine
unaussprechliche Freude fühlen. Wir erfahren ja oft, wie
Sorge und Freude nur von der Stimmung des Herzens abhängen,
so daß ein fröhliches Herz sich ohne besonderen Anlaß freut.
Bedenke, wenn alle Umstände die seligsten sind und das Herz
außerdem frisch und froh, ja, so freudetrunken ist, wie der
allmächtige Schöpfer es machen kann. Wir lernen verstehen:
Wenn die Zeit kommt, zu der Gott Seligkeit bereiten will,
dann kann Er auch unaussprechliche Dinge schaffen. Er, der
selbst die Liebe ist, muß dies jetzt auch wollen, da wir, die
wir arg sind, Himmel schaffen möchten. - Herr, vertreibe
darum die tiefe Finsternis aus uns! Wir haben ja
unaussprechliche Dinge zu erwarten, so wahr Du selbst es
gesagt hast.
Kein Ohr hat je gehöret,
Kein menschlich Aug' gesehn,
Die Freud', so den'n bescheret,
Die Gott ihm ausersehn;
Sie werden Gott anschauen
Und seh'n von Angesicht
Mit ihres Leibes Augen
Das ew'ge, wahre Licht.