Ps 32,5
C.H.Spurgeon
,,Darum bekenne ich Dir meine Sünden, und verhehle meine
Missetat nicht. Ich sprach: Ich will dem Herrn meine
Übertretungen bekennen; da vergabst Du mir die Missetat
meiner Sünden."
Ps. 32, 5.
Davids Sünden verursachten ihm tiefen Kummer. Die Wirkung
desselben prägte sich in seinem äußern Anblick aus: ,,Seine
Gebeine verschmachteten," ,,sein Saft vertrocknete, wie es im
Sommer dürre wird." Er konnte keine Hilfe finden, bis daß er vor
dem himmlischen Gnadenthron ein unumwundenes Bekenntnis ablegte.
Er sagt uns, daß er es eine Zeitlang verschweigen wollte, und
sein Herz ward immermehr vom Kummer daniedergebeugt. Gleich
einem Alpensee, dessen Abfluß von Felsen versperrt ist, schwoll
seine Seele an von den Strömen der Sorge. Er suchte nach
Entschuldigungen; er strebte, seinen Gedanken eine andre
Richtung zu geben durch Zerstreuungen: alles umsonst; seine
Angst wuchs wie eine Eiterbeule, und weil er den scharfen
Schnitt des Bekenntnisses nicht wagen wollte, litt sein Geist
furchtbar von brennenden Schmerzen und fand keine Ruhe Tag und
Nacht. Endlich sah er ein, daß er in reuiger Demut zu seinem
Gott umkehren, oder jämmerlich umkommen müsse; und so eilte er
zum Gnadenthron und schlug das Buch seiner Missetaten vor dem
Allwissenden auf und bekannte die Bosheit seiner Wege in den
ergreifenden Worten, wie sie uns in den sieben Bußpsalmen
aufgezeichnet sind. Als er dies einfache und doch für den Stolz
so schwere Werk vollbracht hatte, empfing er auf einmal das
Siegel der göttlichen Vergebung; die verschmachteten Gebeine
wurden fröhlich, und er ging aus seiner Kammer und pries die
Seligkeit des Menschen, dem die Übertretungen vergeben sind.
Siehe, das ist der Wert eines von der Gnade gewirkten
Sündenbekenntnisses! Es ist köstlicher denn alle Reichtümer;
denn überall, wo ein echtes, aufrichtiges Bekenntnis ist, wird
die Gnade gern gewährt, nicht weil etwa Reue und Bekenntnis sich
die Gnade verdienen, sondern um Christi willen. Gelobt sei Gott,
daß für jedes gebrochene Herz eine Heilung möglich ist! Der
Born, der uns reinigt von aller unsrer Sünde, fließt
ununterbrochen in alle Ewigkeit. Wahrlich, o Herr, Du bist ein
Gott, der gern vergibt, ,,barmherzig und gnädig, geduldig und
von großer Güte und Treue."
C.O.Rosenius
Ich sprach: Ich will dem Herrn meine Übertretungen bekennen.
Da vergabst Du mir die Missetat meiner Sünde. Psalm 32, 5.
Ist das nicht eine kurze Zusammenfassung der ganzen Lehre der
Heiligen Schrift von der Begnadigung eines armen Sünders?
Sowohl mit ausdrücklichen Worten als auch mit unzähligen
Beispielen hat Gott von Anfang der Welt an erklärt, daß Adams
Kinder auf diesem Wege zu Seiner Gnade kommen sollen und
kommen können. Laßt uns darum die Worte recht beachten!
David sagt: ,,Ich will dem Herrn meine Übertretung bekennen,
da vergabst Du mir die Missetat meiner Sünde." Daß hier
nicht von einem nur äußerlichen oder zufällig vorgelesenen
Sündenbekenntnis die Rede ist, sondern daß es sich hier um
einen armen, bekümmerten Sünder handelt, ist leicht zu
verstehen. Und doch muß man zwischen Bekümmernis und
Bekümmernis unterscheiden. Es gibt manchen, der mit einer
gewissen Bekümmernis, einer gewissen Reue die Sünde bekennt
und dabei doch im Finstern wandelt, wie wir am König Saul
sehen. Er bekannte: ,,Ich habe gesündigt, daß ich des Herrn
Befehl und deine Worte übertreten habe"; aber er suchte nie
eine ganze Aussöhnung und Vereinigung mit Gott. Und wie ging
es Pharao? Er sprach: ,,Ich habe mich versündigt an dem
Herrn, eurem Gott, und an euch", aber seine ganze Erkenntnis
kam nur daher, daß schon die achte Plage ihn quälte und
erschreckte, und nicht etwa von einer Neigung, in eine ganze
Versöhnung mit dem Gott Israels zu kommen. Kam bekannte
auch: ,,Meine Sünde ist größer, als daß sie vergeben werden
möge"; zu gleicher Zeit aber ging er weg von dem Angesicht
des Herrn und suchte nicht Seine Gnade. Ebenso Judas, als
er im bitteren Schmerz ausrief:
,,Ich habe übel getan, daß ich unschuldig Blut verraten
habe." - Aus all diesen Beispielen erkennen wir, daß zu einem
rechten Bekennen der Sünde eine ganze Bekehrung oder ein
Trachten nach der Bekehrung, ein Werk also des Geistes an uns
erforderlich ist, durch das wir die Sünden als ein Verbrechen
gegen Gott erkennen und sie deshalb vor dem Herrn bekennen
und um Vergebung bitten müssen.
Mancher unbußfertige Sklave des Lasters kann also, wie wir
jetzt gesehen haben, zu gewissen Zeiten seine Sünden nur
wegen ihrer traurigen Folgen mit bitterem Schmerz bekennen.
Nicht die Sünde selbst - als Missetat gegen Gott - betrübt
ihn. Es ist ihm auch nicht darum zu tun, in eine ganze
Vereinigung mit Gott zu kommen, es ist lediglich ein
zufälliger Schmerz über die Folgen der Sünde. Darum bleibt
er auch immerfort ein Sklave der Sünde. Denn das rechte
Sündenbekenntnis fordert, daß die Stimme Gottes das Gewissen
getroffen und erweckt und die Seele unter Sein gerechtes
Urteil geworfen hat; es fordert aber auch, daß sie infolge
des gnadenvollen Rufes Gottes zur Versöhnung, infolge der
Gnadenverheißungen des Evangeliums auf Erbarmung hofft und
deshalb zum Gnadenthron hineilt und Barmherzigkeit sucht.
Wer nichts von der Gnade, sondern nur von der Sünde und ihrem
Urteil weiß, der geht nicht zu Gott. Zum Bekennen der Sünde
ist also ein Funke Glaube erforderlich. Solange Adam und Eva
nur die Sünde und das Urteil kannten, flohen sie vor dem
Angesicht Gottes. So erging es eine Zeitlang auch dem David,
als er sich fern von Gott hielt und die Sünde nicht bekennen
wollte, sondern ,,verschmachtete" und ,,vertrocknete durch
sein täglich Heulen". Dann aber sagte er: ,,Ich will dem
Herrn meine Übertretungen bekennen. Da vergabst Du mir die
Missetat meiner Sünde."
Wer sehen will, wie eine rechte Sündenerkenntnis und ein
rechtes Sündenbekenntnis beschaffen sind, der betrachte
David im 51. Psalm. Wir wollen nur zwei Punkte bedenken.
Ungeachtet dessen, daß er durch die dort erwähnte
offenkundige Sünde ein großes Ärgernis vor den Menschen
war und vor allem gegen Uria eine gräßliche Missetat verübt
hatte, stand Gott und das Sündigen gegen Ihn doch so zart vor
seinem Herzen, daß er gleichsam alle seine Verbrechen gegen
die Menschen vergißt und zu dem Herrn sagt: ,,An Dir allein
habe ich gesündigt und übel vor Dir getan."
Zum anderen betrübt ihn nicht nur der große Sündenausbruch,
sondern er sieht mit Schmerzen auf die Bosheit der Natur,
geht an die Quelle selbst und sagt: ,,Siehe, ich bin aus
sündlichem Samen gezeugt, und meine Mutter hat mich in
Sünden empfangen." Das Verderben seines ganzen Wesens zu
erkennen, ist das Wichtigste. Solange man nur auf einige
Sündenausbrüche blickt, die Sündhaftigkeit des Herzens und
seines Wesens aber nicht erkennt, kann man sich immer noch
mit dem falschen Trost zufriedengeben und wird darum auch
nicht ganz freigemacht und selig in Christus. Darum ist es
das Wichtigste einer wahren Sündenerkenntnis, daß man das
Verderben des Herzens erkennt, nämlich die gräßliche
Verachtung gegen Gott, die Sicherheit, Härte, Heuchelei und
alle Hinterlist, so daß unsere Erkenntnis der göttlichen
Beschreibung des Herzens als eines ,,trotzigen und verzagten"
Dinges entspricht.
Sieh, Jesus ist ein fester Trutz,
In aller Not ein sich'rer Schutz.
Wir haben durch Ihn Gnad' allzeit
In aller Sünd' und allem Streit.
Und ist die Sünd' auch noch so groß,
Fliehst du nur hin in Jesus Schoß,
Kann sie dir schaden nimmermehr;
Drum sei dem Herrn Lob, Preis und Ehr!