Ps 25,9
D.Rappard
Er leitet die Elenden recht.
Ps. 25,9.
Das sind ja ganz bevorzugte Leute, die da und dort, vornehmlich
in den Psalmen, als ,,d i e E l e n d e n" bezeichnet sind. Der
Herr leitet die E l e n d e n recht; er lehrt die E l e n d e n
seine Wege (Ps. 25, 9). Er labet die E l e n d e n mit Gütern
(Ps. 68, 11). Er hilft den E l e n d e n herrlich (Ps. 149, 4).
- Das deutsche Wort Elend heißt im Alt-Gothischen: ,,ein anderes
Land", das Ausland. Die Elenden wären somit Ausländer,
Fremdlinge, Einsame.
Nun muß gesagt werden, daß das Wort, das in den genannten
Stellen mit ,,die Elenden" übersetzt ist, wohl genauer heißt:
,,die Sanft- oder Demütigen". Doch mit dem feinen Sprachgefühl,
das ihm eignete, hat Luther erkannt, daß die Gesinnung, von der
jene Stellen handeln, nicht eine Charakteranlage, sondern eine
Frucht vorhergegangener, wohl schmerzlicher Erziehung sei.
Sanftmütig G e w o r d e n e, G e d e m ü t i g t e,
G e b e u g t e, - das sind die E l e n d e n, denen die oben
angeführten köstlichen Verheißungen gelten.
So verstehen wir auch, warum gerade dieser Ausdruck
vielen auserwählten Seelen so köstlich ist. ,,W i r s e l i g e n
E l e n d e n, d e n e n d e r H e r r s o h e r r l i c h
h i l f t!" schrieb einmal eine begnadigte Magd des Herrn.
,,Weil ich so elend bin, willst du mein Alles sein," singt ein
Dichter. Und unvergleichlich schön hat einer gesagt: ,,Gebrochen
w e r d e n, tut weh, aber gebrochen s e i n, ist selig."
Herr, wenn ich nur Dich habe, bin ich in meiner
Armut reich und in meinem Elend glückselig.